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Nach der US-Präsidentschaftswahl werden die Karten der globalen Sicherheitspolitik neu gemischt. Zeit für die EU, das eigene Verteidigungsbündnis ernst zu nehmen und nachhaltig aufzubauen.
Bild: Aufbruch von skeeze lizenziert unter CC0 1.0
Der Einzug Trumps ins Weiße Haus bedeutet eine grundlegende Infragestellung aller Annahmen, auf denen die internationale Sicherheitspolitik seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges beruhte. Die „Balance of Power“ zwischen den USA und Russland, deren Mächtegleichgewicht, bestimmte seit Beginn des Kalten Krieges die weltweite Sicherheitslage. Danach lief alles auf eine unipolare Welt mit den USA als größte Macht hinaus. Trumps Sieg könnte nun in einem wohlgesinnten Bündnis zwischen den USA und Putin münden. Das Fortbestehen der bisherigen US-Vorherrschaft in militärischen Dingen ist zumindest unwahrscheinlicher geworden.
Das hat für Europa, das sich bisher des amerikanischen Verteidigungsschirmes sicher wähnte, einschneidende Konsequenzen. Während seines Wahlkampfes hatte Trump mit einer genervten Haltung gegenüber westlichen Militärbündnissen gepunktet. Zur NATO beispielsweise äußerte er sich im Juli so: „Wir beschützen Länder von denen die Meisten in diesem Raum noch nie gehört haben und so kommt es dann zum dritten Weltkrieg… Es reicht“. Nach der Wahl befürchtet so mancher Beobachter, dass die USA sich aus militärischen Verteidigungsbündnissen zurückziehen werden, auch wenn der scheidende Präsident Barack Obama kürzlich das Gegenteil beteuerte.
Angesichts der veränderten Sicherheitslage drängte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf dem Gipfel der EU-Außen- und Verteidigungsminister Mitte November, die Initiative für eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Union stärker voranzutreiben. Dabei ist die Einrichtung der gemeinsam beschlossenen Institutionen für die GSVP, ursprünglich bereits 1992 aus der im Maastricht-Vertrag verankerten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hervorgegangen, längst abgeschlossen. Dass sie seit Beginn der 2000er Jahre dann aber doch wieder in den Hintergrund traten, hat eine ganze Reihe von Gründen – die aus deutscher und französischer Sicht sehr unterschiedlich bewertet werden können, wie die beiden 2016 vom FES-Büro Paris herausgegebenen Analysen von Jean-Pierre Maulny und Detlef Puhl zeigen.
So zeigte sich der stellvertretende Direktor des Institut de Relations internationales et stratéegiques, Jean-Pierre Maulny, in seiner Analyse vom März dieses Jahres zuversichtlich, dass der von ihm vorgeschlagene gemeinsame „Verteidigungsraum“ sich trotz der Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich realisieren ließe. Zwar sei zuerst eine „kopernikanische Wende“ in der sicherheitspolitischen Haltung beider Länder erforderlich: Während Frankreich aus seiner Sicht zu sehr in der Idee militärischer Konfliktlösungsmuster verhaftet ist, müsse Deutschland umgekehrt noch mehr verstehen lernen, dass Konfliktlösung nicht immer ohne den Einsatz militärischer Gewalt auskommen könne. Auf dieser Grundlage jedoch ließen sich seiner Meinung nach alle weiteren Differenzen überwinden, indem beide Seiten sich ganz pragmatisch auf das konkret Umsetzbare konzentrierten. Beispielhaft stellte Maulny einen Drei-Punkte-Plan zur Etablierung eines systematischen Dialogs sowie zur Vertiefung bestehender Kooperationsansätze, insbesondere im Rüstungsbereich, vor.
Demgegenüber zeigte sich Detlef Puhl, emeritierter Senior Adviser der Emerging Security Challenges Division der NATO, in seiner Analyse vom Oktober 2016 eher skeptisch. Aus seiner Sicht müssen zuerst die grundlegenden Fragen geklärt werden, bevor Frankreich und Deutschland auf sicherheits- und verteidigungspolitischer Ebene effektiv kooperieren könnten: Welche Ziele sollen durch wen verfolgt werden? Welche Mittel sollen wann angewandt werden?
Er bezweifelt, dass eine Politik der kleinen Schritte, wie von Maulny vorgeschlagen, erfolgreich sein kann, ohne dieses „große Bild zu malen“. Denn immer wieder würden sonst Kernbereiche nationaler Identität berührt und in Frage gestellt, ohne die entscheidenden Fragen wirklich klären zu können. Wie schwierig das ist, hätten die jüngsten Erfahrungen im Umgang mit den Krisen der Währungsunion einerseits und den europäischen Außengrenzen andererseits noch einmal sehr deutlich gezeigt: Die Übertragung von Verantwortung und Kompetenzen an eine supranationale Institution ist Puhls Überzeugung nach nur in einem legitimen konstitutionellen und rechtlichen Rahmen – sprich: im Rahmen einer politischen Union - effektiv umsetzbar.
Die derzeitigen globalen sicherheitspolitischen Umbrüche setzen Europa massiv unter Druck, diese Differenzen zu überwinden. Dies hätte schon viel früher geschehen können – nun muss es sein.
Ansprechpartnerin in der Stiftung:
Freya Grünhagen
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