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Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Wahlniederlagen sozialdemokratischer Parteien und dem Erstarken radikal rechter Parteien in Westeuropa?
Eine häufige Erklärung lautet, dass sozialdemokratische Parteien ihre Wählerschaft aus der Arbeiterklasse an rechtsextreme Parteien verloren habe. Grund dafür sei einerseits der sozialdemokratische Kurswechsel nach rechts in der wirtschaftspolitischen Dimension („Dritter Weg“) und andererseits der linkere Kurs in der kulturellen Dimension („Identitätspolitik“).
Die Autoren, Tarik Abou-Chadi, Reto Mitteregger und Cas Mudde haben für uns diese häufige Erklärung auf der Grundlage empirischer Daten untersucht und kommen zur Schlußfolgerung, dass sowohl die Grundannahmen dieses Narratives, als auch die darauf aufbauenden Aussagen nicht zutreffen. Die radikale Rechte ist nicht die neue Heimat ehemaliger sozialdemokratischer Wähler*innen. Der Verlust der (weißen) Arbeiterklasse ist nicht der auslösende Faktor für die Stimmenverluste sozialdemokratischer Parteien. Überproportional hoch sind die Stimmenverluste sozialdemokratischer Parteien vielmehr in der gebildeten Mittelschicht. Der Löwenanteil der Wähler*innen mit höheren Bildungsabschlüssen ist von sozialdemokratischen Parteien zu grünen und sozialliberalen Parteien abgewandert.
Experimentelle Daten und Befragungsdaten zeigen, dass potenzielle sozialdemokratische Wähler*innen alt-linken und neu-linken Programmen gegenüber Strategien der politischen Mitte und linksnationalistischen Strategien den Vorzug geben. Der vielversprechendste Weg in die Zukunft für sozialdemokratische Parteien ist nach Ansicht der Autoren auf Grundlage ihrer Analyse und mit Blick auf die Dilemmata, vor denen diese Parteien stehen, eine Kombination von Alt-Linken-Strategien und Neu-Linken-Strategien.
Ansprechpartner in der FES: Jan Niklas Engels
Tarik Abou-Chadi ist Assistenzprofessor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich und am Zentrum für Demokratie Aarau. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wahlen und der politische Wettbewerb in entwickelten Demokratien. Er hat zahlreiche Arbeiten zur Sozialdemokratie, zur radikalen Rechten und zu grünen Parteien veröffentlicht.
Reto Mitteregger hat seinen Bachelor- und Masterabschluss an der Universität Zürich erhalten und ist Doktorand und Assistent am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich. Er ist Mitarbeiter im Forschungsprojekt „European social democracy and the trade-offs of party competition in post-industrial societies“.
Cas Mudde ist Stanley Wade Shelton UGAF Professor in International Affairs und Distinguished University Professor an der University of Georgia (US) sowie Professor II am Center for Research on Extremism (C-REX) an der Universität Oslo (Norwegen). Zuletzt veröffentlichte er The Far Right Today (2019) und Populism: A Very Short Introduction (2017; gemeinsam mit Cristóbal Rovira Kaltwasser).
Abou-Chadi, Tarik; Mitteregger, Reto; Mudde, Cas
Die elektorale Krise der Sozialdemokratie und der Aufstieg der radikalen Rechten / Tarik Abou-Chadi, Reto Mitteregger, Cas Mudde. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung für Analyse, Planung und Beratung, 2021. - 34 Seiten = 1 MB, PDF-File. - (Empirische Sozialforschung)Einheitssacht.: Left behind by the working class? . - Electronic ed.: Berlin : FES, 2021ISBN 978-3-96250-939-2
Publikation herunterladen (1 MB, PDF-File)
Social democracy's electoral crisis and the rise of the radical right / Tarik Abou-Chadi, Reto Mitteregger, Cas Mudde. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Division for Analysis, Planning and Consulting, 2021. - 32 Seiten = 1 MB, PDF-File. - (Empirical social research)Electronic ed.: Berlin : FES, 2021ISBN 978-3-96250-933-0
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