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Zerstörung des Lagers Moria: Warten auf Europa reicht nicht

Ein Interview mit Prof. Dr. Lars Castellucci Sprecher für Migration und Integration der SPD-Bundestagsfraktion Lage der Geflüchteten auf Lesbos.

Bild: Lars Castelucci von Thomas Köhler/Photothek

Prof. Dr. Lars Castellucci ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und Sprecher für Migration und Integration der SPD-Bundestagsfraktion. In einem am 10. September versandten Brief an Bundesinnenminister Seehofer fordert er akute Hilfe für Moria und langfristige Entlastung für Griechenland. Im Interview erläutert er notwendige Schritte.

Angesichts der katastrophalen Lage der Geflüchteten auf der griechischen Insel Lesbos nach der Zerstörung des Lagers Moria: Was kann und sollte die deutsche Seite jetzt unmittelbar tun ?

Die Menschen müssen möglichst schnell evakuiert werden. Bundesinnenminister Seehofer muss den Weg frei machen, dass aufnahmebereite Bundesländer und aufnahmebereite Städte und Gemeinden sofort helfen können. Bis dahin ist eine unmittelbare technische und humanitäre Hilfe wichtig, auch zur Versorgung der Coronafälle. Das THW ist kurzfristig in der Lage, ein funktionsfähiges Übergangslager zu errichten. Der UNHCR sollte schnell mit der Organisation des Zentrums betraut werden.

In der jetzigen Krise werden europäische Lösungen gefordert, aber eine gemeinsame EU-Initiative zur Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik kommt seit Jahren nicht voran. Welche politischen Initiativen erwarten sie von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, um zu gemeinsamen langfristig tragfähigen Lösungen zu kommen?

Wir brauchen eine europäische Lösung. Die akute humanitäre Notlage muss zum Anfang eines neuen gemeinsamen Europäischen Asylsystems werden. Die EU-Kommission muss endlich ihre Vorschläge präsentieren und diese fortgesetzte Schande an unseren Außengrenzen beenden. Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir bereits ein entsprechendes Konzept vorgelegt. Vom Bundesinnenminister, der eine europäische Lösung fordert, erwarte ich, dass er für eine europäische Lösung aktiv arbeitet, nicht nur auf eine europäische Lösung wartet.

Die Lage von Geflüchteten, die an den europäischen Außengrenzen gestrandet sind, ist prekär, nicht nur in Griechenland. Welche konkreten Maßnahmen sollte die EU-Kommission jetzt anschieben, um menschenwürdige Bedingungen für Asyl- und Schutzsuchende zu gewährleisten?

Die EU sollte, wie bereits im Frühjahr vorgeschlagen, auf den griechischen Inseln ein neues Ankunftszentrum unter europäischer Flagge zur Erprobung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems errichten. Dieses muss menschenwürdige Standards auf europäischem Boden sicherstellen, vergleichbar etwa dem Hamburger oder Heidelberger Ankunftszentrum mit Höchstbelegungszeiten und -plätzen, in dem Verfahren fair und schnell durchgeführt und von wo eine Weiterverteilung organisiert werden kann.

Die SPD-Fraktion hat heute einen Brief mit Forderungen an Innenminister Seehofer gesendet. Mehrere CDU-Abgeordnete haben ebenfalls einen Brief an den Minister formuliert. Worin unterscheiden sich die beiden Schreiben inhaltlich, Ihrer Ansicht nach?

Ich freue mich, dass es auch in der Union Unterstützung für unser Anliegen gibt. Auch viele unions-geführte Bundesländer haben ja jetzt Bereitschaft signalisiert, Geflüchtete aus Moria aufzunehmen. Es sind unterschiedliche Zahlen im Raum, dabei wäre am einfachsten, die Angebote aus Bundesländern und Städten und Gemeinden zusammenzuzählen. Je mehr Bereitschaft da ist, desto mehr können wir helfen.

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