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Erfahrungsberichte von Arbeitsmigrantinnen aus Senegal

Ein Interview mit Fambaye Ndoye über die Wege von Frauen und ihre Erfahrungen mit Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit



Das Buch von Ndoye stellt 11 Erfahrungsberichte vor, die Arbeitsmigrantinnen eine Stimme verleihen. Die Publikation beleuchtet die Wege dieser Frauen in Bezug auf ihre Migration und ihren beruflichen Weg und stellt die Gewalt und die Belästigung heraus, die Frauen im Allgemeinen und Migrantinnen im Besonderen über sich ergehen lassen. Wir sprachen mit Fambaye Ndoye, Beraterin für Arbeits- und Gesundheitsschutz und Koordinatorin von CARISM, der Task-Force und gewerkschaftsübergreifenden Aktion zu Migration. CARISM ist ein Basisprojekt, das aus einer innovativen Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaftsmitgliedern des RSMMS, eines gewerkschaftlichen Netzwerks für Migration im Mittelmeerraum und in Subsahara-Afrika, entstanden ist. 


FES: Was ist das Ziel dieser Publikation? 

Diese Publikation möchte Erfahrungsberichte von denjenigen vorstellen, deren bedrängte Lage breit diskutiert wird – die jedoch selten die Möglichkeit haben, in eigener Sache zu sprechen. Es ist unerlässlich, weibliche Arbeitskräfte, die nach und aus dem Senegal migrieren, im Auge zu behalten, ihnen zuzuhören, die zahlreichen Verletzungen ihrer Rechte zu erkennen und die Ressourcen und die wirksamsten individuellen und Gemeinschaftsstrategien, um gegen diese Verletzungen anzugehen, besser zu definieren. Wir würdigen diese Frauen, die bereit sind, ihr Alltagsleben und ihre intimen Geheimnisse mit uns zu teilen, auf die Gefahr hin, schmerzhafte Wunden aufzureißen. 

Warum war es so schwierig, diese Frauen zu erreichen? 

Zugang zu den Frauen war die erste Herausforderung. Die Frauen, mit denen wir sprachen, hielten sich in mehr als zehn verschiedenen Ländern auf. Wir haben auf verschiedene Weise mit ihnen Kontakt aufgenommen – über die Migrant_innen, die wir unterstützen, über die Familien der migrantischen Arbeitskräfte und über unsere Kontakte in Verbänden und Gewerkschaften. Schließlich konnten wir mehr als 30 Interviews führen, von denen etwa die Hälfte in dieser Publikation enthalten sind.  

Gefährdete und isolierte Frauen zu interviewen, ist nicht einfach und im Kontext von COVID-19-Lockdowns noch schwieriger als sonst. Manche Audioaufnahmen waren akustisch unverständlich, entweder weil die Interviewpartnerin nicht wollte, dass die Menschen in ihrer Umgebung oder ihr_e Arbeitgeber_in ihre Worte hörten, oder aufgrund mangelhafter Technik. Manche Migrant_innen scheuten sich, sich einer ihnen unbekannten Person zu öffnen, und manche beendeten das Gespräch, als Tabuthemen angesprochen wurden.  

Diese Frauen kamen alle aus unterschiedlichen Ländern mit jeweils unterschiedlichen Umständen. Hat Ihre Arbeit Ihnen ermöglicht, gemeinsame Herausforderungen zu erkennen?  

Ich kann nicht genug betonen, dass die Konzentration auf Hautfarbe und ungerechte Behandlung aus diesem Grund weiterhin aktuelle Themen sind. Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit durchziehen alle Erfahrungsberichte – aus allen Ländern. Zudem haben fast alle Interviewpartnerinnen Gewalt oder psychologische und emotionale Belästigung am Arbeitsplatz erfahren, und während dieser globalen Gesundheitskrise benötigen Arbeitsmigrantinnen noch mehr Schutz in Bezug auf ihre Arbeitsplätze. Diese Erfahrungsberichte spornten uns dazu an, eine Reihe spezifischer Empfehlungen zu formulieren, die im zweiten Teil der Publikation präsentiert werden.  

Welche Beobachtungen aus dieser Arbeit an der Basis sind aus Ihrer Sicht als Gewerkschafterin am wichtigsten für die Gewerkschaftsbewegung?  

Sollten Migrant_innen mit den Gewerkschaften Kontakt aufnehmen, oder sollten die Gewerkschaften auf die Migrant_innen zugehen? Das ist eine entscheidende Frage. 

Diese Migrant_innen gehören meist Verbänden an, die als gemeinschaftsbasierte Solidaritätsgruppen fungieren. Sie sind keine Gewerkschaftsmitglieder, erkennen aber den Wert solcher Organisationen an. Die Organisation von migrantischen Arbeitskräften, gleich welchen Status, ist eine Angelegenheit der Solidarität. Es geht darum, Teil des Kampfes der internationalen Gewerkschaftsbewegung zu sein. Die gewerkschaftliche Organisation migrantischer Arbeitskräfte ist die einzige Möglichkeit, wie Arbeitnehmer_innenorganisationen in Tarifverhandlungen ihre Probleme anpacken und ihre Forderungen formulieren können.  

Wie sieht die Zukunft aus? 

Solidarität und Widerstand sind immer noch entscheidend, um den staatlichen Sicherheitsansatz auszugleichen. Es ist viel Geld ausgegeben worden, aber mit wenig positiven Auswirkungen auf gegenwärtige und potenzielle Migrant_innen. Die Schlüsselfrage ist, wie man Strategien entwickeln kann, um irreguläre Migration zu bekämpfen, denn sie fördert Ausbeutung und Missbrauch und befeuert das Phänomen der modernen Sklaverei. Diese Strategien dürfen nicht auf Bewusstseinsbildung, Förderung einzelner Projekte und Blockieren von Grenzen beschränkt werden. Vielmehr müssen sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der die Beschäftigungs- und Sozialpolitiken der Herkunfts- und Zielländer integriert.

 

Über das Projekt 

Diese Publikation ist Teil des internationalen Projekts „Promoting Migration Governance“ PROMIG-FES der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tunesien. 

Ziel von PROMIG-FES ist, die Rolle der Sozialpartner, auch der Gewerkschaften, bei der koordinierten Governance von Migration und Mobilität auf Grundlage von Rechten und sozialem Dialog zu fördern. Seit vier Jahren unterstützt die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ein überregionales Netzwerk von Gewerkschaften im Mittelmeerraum und Subsahara-Afrika, das Réseau Syndical Migrations Méditerranéennes Subsahariennes (RSMMS). Das Projekt versucht, durch verschiedene Publikationen die Rolle von Gewerkschaften zu stärken und transnationale Kooperation als koordinierte Antwort auf Verletzungen von Menschenrechten und den Grundrechten von Migrant_innen unter internationalen Regeln zu etablieren. 

Englische Version

Französische Version

 


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