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Rund eineinhalb Jahre vor den nächsten Europawahlen zeichnet sich ab, dass sich der Rechtsruck in den Mitgliedstaaten auch auf europäischer Ebene widerspiegeln wird.
Bild: Abbildung: Vertrauen in Europapolitik von FES/ policy matters Bitte anklicken zum vergrößern.
Bild: Opening: new Europe of Nations and Freedom group declared formed von European Parliament lizenziert unter CC BY-NC-ND 2.0
In der Politikwissenschaft gelten Fragen der europäischen Integration seit dem Vertrag von Maastricht als zentrale Streitpunkte des Parteienwettbewerbs. Nach der These einer stetigen Politisierung Europas sind es vor allem Parteien, die diese vormals wenig beachteten Fragen auf die politische Agenda setzen und einer breiteren Öffentlichkeit sichtbar machen.
Im Parteienwettstreit zur deutschen Bundestagswahl 2017 und den anschließenden Sondierungsgesprächen zur letztlich gescheiterten Jamaika-Koalition spielte das Thema Europa derweil eine erstaunlich kleine Rolle. Während Emmanuel Macron in Frankreich bewies, dass sich mit Europa wieder Wahlen gewinnen lassen, haben sich die SPD und ihr Vorsitzender Martin Schulz erst nach dem historisch schlechten Bundestagswahlergebnis wieder ihrer Kernkompetenz Europa besonnen.
Nun aber scheint es, als würde die Debatte um Gegenwart und Zukunft der europäischen Integration auch unter den Parteien langsam wieder an Fahrt gewinnen. Noch zu selten vertreten sind dabei die europäischen Parteien, bzw. die Fraktionen im Europäischen Parlament. Das mag daran liegen, dass die Europawahlen als „Wahlen zweiter Ordnung“ auch in Deutschland noch immer von nationalen Perspektiven geprägt sind. Im Europa-Wahlkampf 2014 suggerierte die Kampagne der Union, Bundeskanzlerin Merkel stünde zur Wahl. Wenn es also nicht gerade um kontroverse Fragen, wie die Fraktionszugehörigkeit der europäischen AfD-Abgeordneten geht, leiden die europäischen Parteien unter einem Aufmerksamkeitsdefizit; folglich ist auch wenig über ihre Wahrnehmung in der Bevölkerung bekannt.
Kapitel 8 der Acht-Länder-Studie „Was hält Europa zusammen? Die EU nach dem Brexit“, die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung von policy matters durchgeführt wurde, widmet sich dem gesellschaftlichen Vertrauen in die im Europäischen Parlament vertretenen Parteien. Denn für Richard Hilmer, Geschäftsführer von policy matters und Autor der Studie, steht fest: „Das Vertrauen in die EU hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie gut oder schlecht man die Interessen des eigenen Landes in der Gemeinschaft vertreten sieht“. Für diese Interessenvermittlung auf europäischer Ebene spielen die Parteien und ihr Spitzenpersonal eine zentrale Rolle.
Unter repräsentativ ausgewählten Befragten in acht EU-Mitgliedsländern wurde gefragt, welche Partei aus ihrer Sicht die Interessen des eigenen Landes am besten vertritt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die frühere Dominanz der beiden großen Blöcke, der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) auf der einen Seite und der sozialdemokratischen Fraktion der Socialists & Democrats (S&D) auf der anderen Seite, einer breiten Streuung des Vertrauens gewichen ist. Länderübergreifend schenkt nur knapp ein Drittel der Befragten einer der beiden großen Fraktionen ihr Vertrauen (siehe Abbildung: S&D: 16 Prozent / EVP: 17 Prozent).
Auf die in den Fraktionen Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD) und Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) zusammengefassten (rechts-) populistischen Parteien entfallen zusammen 11 Prozent der Stimmen – ein Zuwachs von zwei Prozentpunkten gegenüber 2015 (siehe Abbildung).
Die Ergebnisse unterstreichen zwei miteinander verwobene Tendenzen der nationalen Parteiensysteme: Eine Auffächerung des politischen Spektrums und ein Ende der von Konservativen und Sozialdemokraten geprägten Bipolarität, sowie ein Erstarken der rechtspopulistischen und europaskeptischen Kräfte. Sollten sich diese Entwicklungen verfestigen, könnten die nächsten Wahlen zum europäischen Parlament zur Zerreißprobe für den europäischen Zusammenhalt werden. Es bleiben noch knapp eineinhalb Jahre, um die Trends umzukehren und progressive, pro-europäische Mehrheitsverhältnisse zu sichern.
Ansprechpartner in der Stiftung
Arne Schildberg
Weiterführende Links
Europa-Studie: Was hält Europa zusammen? Die EU nach dem Brexit.
Englische Version der Europa-Studie: What holds Europe togehter? The EU in the wake of Brexit.
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