Historische Forschungen zur sozialen Arbeit und zur Organisationsentwicklung der Wohlfahrtsverbände in Deutschland
8./9. Mai 2025 | Bonn
Eine Tagung in Kooperation mit dem Lehrstuhl für neuere und neueste Geschichte (Prof. Dr. Christine Krüger) der Universität Bonn und der Professur für Zeitgeschichte (Jun.-Prof. Dr. Nicole Kramer) der Universität zu Köln.
Die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (AWO, Caritas, Der Paritätische, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie und ZWST) haben im sozialen Gefüge der Bundesrepublik eine einzigartige Bedeutung. Mit gegenwärtig über zwei Millionen hauptamtlich Beschäftigten und noch einmal rund drei Millionen ehrenamtlich Tätigen in ihren Einrichtungen und Diensten sind sie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland unverzichtbar.
Gemessen an dieser exponierten Stellung, deren Grundlage das Subsidiaritätsprinzip des deutschen Sozialmodells ist, spielen sie in den zeitgeschichtlichen Forschungen jedoch häufig nur eine untergeordnete Rolle. Viele historische Studien zu den Wohlfahrtsverbänden entstanden im Auftrag oder Umfeld der Verbände selbst anhand von Jubiläen und dienen oft der Traditionsvergewisserung. Die gegenwartsorientierten Fachdiskurse der sozialen Arbeit fokussieren sich dagegen auf einzelne Felder wie Altenpflege, Kinderbetreuung oder Sozialberatung und werden entsprechend spezifisch rezipiert. Und obwohl zumindest ein Großteil der Verbände auf Bundesebene über umfangreiche Archive verfügt, stehen historisch Forschende vor größeren Herausforderungen, wenn sie quellengesättigt die Praxis der von regionalen Besonderheiten geprägten Sozialdienste, Einrichtungen und Gliederungen analysieren möchten.
Mit einem vergleichenden Blick auf übergeordnete Entwicklungen, Umbrüche, Wechselbeziehungen und Abgrenzungen zwischen den mehrheitlich weltanschaulich und politisch differenzierten Wohlfahrtsverbänden möchten wir die bisweilen verstreuten Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft im Rahmen einer Tagung zusammenbringen. Wir erhoffen uns durch die Präsentation ausgewählter aktueller Projekte ein produktives Gespräch über Forschungsperspektiven und Synergien. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wollen wir zudem auf die geschichtspolitischen Aktivitäten und die Archivpraxis der Verbände eingehen.
Bei Fragen zur barrierefreien Durchführung der Veranstaltung wenden Sie sich bitte vorab an public.history(at)fes.de oder .
Verantwortlich
Dr. Philipp Kufferath
Archiv der sozialen Demokratie
Friedrich-Ebert-Stiftung
Bei Rückfragen, auch zur Barrierefreiheit, wenden Sie sich bitte an Özlem Göksen
public.history(at)fes.de oder
Wir bitten um Ihre verbindliche Anmeldung, auch für Begleitpersonen.
Die Veranstaltung ist kostenfrei.
Veranstaltungsort
Friedrich-Ebert-Stiftung
Godesberger Allee 149
53175 Bonn
Elisabeth-Selbert-Saal
Programm
Donnerstag, 8. Mai 2025
Begrüßung und Einführung
Christine Krüger (Bonn)/Nicole Kramer (Köln)
Panel 1: Zwischen Demokratie und Diktatur
Selbstverpflichtung qua Tradition, Professionalisierung qua Notwendigkeit. Die Entwicklung organisierter jüdischer Wohlfahrtspflege vor und nach Gründung der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST)
Michelle Stoffel (Duisburg-Essen)
Zwischen Identität und Anpassung: Der Deutsche Caritasverband in den Jahren des Nationalsozialismus [digital]
Catherine Maurer (Strasbourg)
Demokratie als Auftrag? Das Selbstverständnis der Arbeiterwohlfahrt nach 1945
Paul Grimm (Köln)
Moderation: Christine Krüger (Bonn)
Panel 2: Körperpolitik und Umweltschutz
„Biologische Revolution“ und die Diakonie 1945 bis 1970
Uwe Kaminsky (Berlin)
Katholische Jugendverbände und die Umweltfrage in der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre
Maria Schubert (Bochum)
Moderation: Nicole Kramer (Köln)
Panel 3: Wohlfahrtsverbände und Migrant*innen
Wohlfahrtsverbände und Arbeitsmigration – Lückenbüßer, Paternalismus und/oder Advokatenrolle?
Wilfried Rudloff (Marburg)
Zwischen Heimen und städtischen communities. Die Caritas im Umgang mit migrierten Kindern und Jugendlichen (1950er bis 1980er Jahre)
Stephanie Zloch (Dresden)
Das Betreuungsregime der „Gastarbeit“ auf lokaler Ebene und seine Transformation am Beispiel Hamburgs
David Templin (Osnabrück)
Moderation: Anja Kruke (Bonn)
Podium: Das archivische Gedächtnis und die geschichtspolitischen Aktivitäten der Wohlfahrtsverbände in Deutschland
Petra Liebner, Oral History Zeitzeugenprojekt, Deutsches Rotes Kreuz
Michael Häusler, Archiv für Diakonie und Entwicklung, Berlin
Philipp Kufferath, Projekt 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt, Historische Kommission des AWO-Bundesverbands
N.N., Verbandsjubiläum, Paritätischer Wohlfahrtsverband (angefragt)
Freitag, 9. Mai 2025
Panel 4: Vulnerabilität und Fürsorge
Die Diakonie und das Kinderkurwesen
Helge Pösche (Berlin)
Labor der Inklusion? Die LWL-„Gehörlosenschule“ in Büren im Spannungsfeld von Trägerinteressen, Pädagogik und Betroffenen zwischen 1950 und 1990 [digital]
Jens Gründler (Münster)
Überfluss und Armenspeisung in der ehrenamtlichen Tafel-Ökonomie (1993–2015)
Franziska Rehlinghaus (Göttingen)
Moderation: Philipp Kufferath (Bonn)
Abschlussdiskussion: Forschungsperspektiven und Synergien
Wir machen Fotos und Filmaufnahmen auf dieser Veranstaltung. Die Aufnahmen verarbeiten wir für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., also beispielsweise auf den Webseiten, in Printmedien und in den sozialen Netzwerken der Stiftung gem. den datenschutzrechtlichen Bestimmungen (insbes. Art. 6 Abs.1 DS-GVO).