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1. Mai: Alles anders, doch die Solidarität bleibt

Der FES-Vorsitzende Kurt Beck über Hamsterkäufe, Heldinnen und besinnliche Gedanken zum Maifeiertag.

Bild: Kurt Beck von FES / Reiner Zensen

In der Tat wird der 1. Mai 2020 uns allen auf dieser Welt in besonderer Erinnerung bleiben. Das Corona-Virus zwingt uns zu neuem Verhalten, bietet aber auch Gelegenheit zum Nachdenken und Vorausdenken.

Für mich selbst ist es seit 1967 der erste Tag der Arbeit ohne Mai-Kundgebung. 2019 noch habe ich als Festredner an vier Kundgebungen der Gewerkschaften und der SPD teilgenommen. Die Begegnung mit den Kolleginnen und Kollegen wird mir fehlen. Deshalb diese schriftlich fixierten Gedanken in einer Zeit, die dem Wort „Solidarität“ eine besondere, sehr persönliche Bedeutung abverlangt. Wie verhalten wir uns ganz privat, aber auch, was lernen wir aus der aktuellen Situation?

Besonders gefordert sind Werte wie Menschlichkeit und Respekt vor Gefährdeten, Betroffenen und Verstorbenen in unserer Gesellschaft und wo immer auf der Welt. Hilfsbereitschaft statt Hamsterkäufen, besondere Gesten statt Abschottung sind solche Zeichen im Alltag.

Es gilt aber auch, richtige Folgerungen zu ziehen. Das bedeutet zum Beispiel nicht nur aktuell Pflegekräfte, Verkäuferinnen oder Lkw-Fahrer zu Heldinnen und Helden zu erklären, sondern durch tarifvertragliche Regeln für eine bessere Bezahlung und für gute Arbeitsverhältnisse zu sorgen.

Die zweite Frage wird sein, wie die Kosten der Viruskrise in Gesellschaft und Volkswirtschaft getragen werden. Gelingt es, die großen und größten Einkommen und Vermögen in diese Aufgabe angemessen einzubeziehen oder werden es wieder – wie nach der Finanzkrise – die Durchschnittsverdiener sein, die die steuerlichen und sozialversicherungsbezogenenen Belastungen weitestgehend allein zu tragen haben.

Wichtig wird ferner sein, was uns unser Gemeinwesen wert ist. Gelingt eine Stärkung des Staates und der Kommunen mit ausreichenden Finanzmitteln, um unsere Bildungseinrichtungen, die Kindertagesstätten, die Kranken- und Pflegeeinrichtungen so auszustatten, wie es jetzt von allen Seiten gefordert wird und gleichzeitig die dort tätigen Menschen angemessen zu würdigen, zu bezahlen und ihre Leistung anzuerkennen.

Also uns allen einen guten besinnlichen 1. Mai 2020 im Sinne des diesjährigen Mottos des DGB: 
„Solidarisch ist man nicht alleine!“

 

Kurt Beck

Ministerpräsident a.D.

Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.

 

Kurt Beck, Ministerpräsident a.D., ist seit 2013 Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung. Von Mai 2006 bis September 2008 war er Vorsitzender der SPD und von Oktober 1994 bis Januar 2013 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.


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