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Die Ungleichheit in Europa folgt vermeintlich einer dominanten Logik: Von West nach Ost beobachten wir ein enormes Wohlstandsgefälle, Länder wie Bulgarien und jene des Baltikums scheinen geradezu ‚abgehängt‘. Mit Blick auf den Faktor Bildung offenbart sich jedoch ein anderes Bild.
Bild: EUngleich_Bildungsunterschiede von FES
Bild: #92161 von luxuz::.
Ein hoher Bildungsgrad der landeseigenen Bevölkerung ist einer der Grundpfeiler für Wohlstand und Wachstum einer Nation – ganz zu schweigen von der Entwicklung der individuellen Persönlichkeit. Angesichts der enormen wirtschaftlichen Disparitäten ist es umso besorgniserregender, dass auch der Zugang zu Bildung innerhalb der Europäischen Union recht unterschiedlich verteilt ist. Das Bemerkenswerte dabei: Die Verteilung folgt nicht dem typischen Ost-West-Gefälle, das mit Blick auf das Einkommen und viele materielle Wohlstandsindikatoren zu beobachten ist.
Denn in puncto Bildung schneiden viele mittel- und osteuropäische Länder – vor allem die baltischen Länder, Polen, Tschechien und die Slowakei – sehr gut, ja sogar besser als viele deutlich reichere westeuropäische Länder wie z.B. Frankreich, die Beneluxländer oder Großbritannien ab. Ihre Bildungssysteme waren – wohl nicht zuletzt dank der entsprechenden Prioritätensetzung unter dem realen Sozialismus– schon Anfang des Jahrhunderts besser als der EU-Durchschnitt. Allerdings blieben ihre Fortschritte mit Blick auf den Gesamtbevölkerungsanteil derjenigen mit einem Abschluss im Sekundarbereich II aufgrund des hohen Ausgangsniveaus in den folgenden Jahren deswegen auch hinter den meisten anderen Ländern zurück. Während im EU-Durchschnitt die Bildungsbeteiligung seit 2002 um gut elf Prozentpunkte zunahm, lagen die Zuwächse in einigen mitteleuropäischen Ländern darunter.
Die Nachzügler in Europa sind dagegen die Länder der Südperipherie, darunter Portugal, Spanien, Italien und Griechenland. Zwar haben sie in den letzten 20 Jahren deutliche Fortschritte gemacht, aber auch 2018 liegt die Zahl derjenigen mit mindestens einem Abschluss im Sekundarbereich II unter dem EU-Durchschnitt. Womöglich liegt hier eine der Ursachen dafür, dass die betreffenden Länder so schwer aus der Krise kommen und ihre Wirtschaft relativ wenig innovativ ist. Grade die geringe Diversifizierung der Exporte stellt in dieser Hinsicht ja ein Hemmnis dar. Bauwirtschaft und Tourismus sind wichtige Sektoren der südeuropäischen Volkswirtschaften, in denen jedoch traditionell wenig hoch qualifizierte Arbeitskräfte gesucht und beschäftigt werden. Es besteht die Gefahr eines Teufelskreises aus Spezialisierung auf low-skill industries, die der Schaffung von Voraussetzungen für innovative Produktionen im Wege stehen. Ein echter Ansatzpunkt für die Troika und die EU-„Rettungsprogramme“, deren Strukturreformen nach der Krise sich jedoch lieber auf die Kürzung von Löhnen und Sozialleistungen konzentrierten.
Nur noch wenige Wochen bis zur Europawahl am 26. Mai, und die Union steckt tief in der Krise. 75 Prozent aller Deutschen stimmen laut einer FES Studie derweil der Aussage zu, die meisten Probleme der EU seien auf soziale und wirtschaftliche Unterschiede zwischen ihren Mitgliedsstaaten zurückzuführen. Doch wie gravierend ist die Ungleichheit zwischen Stockholm und Athen, zwischen Dublin und Bukarest wirklich? Eine Frage, der wir in den kommenden Wochen nachgehen wollen. Verfolgen Sie uns dabei auch auf Twitter und Facebook.
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