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Mehr Kooperation in der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit ist notwendig und sinnvoll, darf aber nicht zu einer Militarisierung der EU führen.
Bild: Landeszeughaus von Denis Mau lizenziert unter CC BY-NC 2.0
Die europäische Integration ist bis heute vor allem eines: Ein Friedensprojekt. Am Anfang des Einigungsprozesses standen die verstörenden Bilder der Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs. Nationalismus, Eroberungsstreben und Rassenwahn hatten den Kontinent, von dem aus um 1900 noch die ganze Welt beherrscht wurde, in Schutt und Asche gelegt. Nie wieder sollten sich die europäischen Völker und Staaten bekriegen, so das einhellige Credo.
Zwar ging man zunächst den Weg der wirtschaftlichen Integration, jedoch gab es bereits in den 1950er Jahren auch Verhandlungen über eine „Europäische Verteidigungsgemeinschaft“. Diese hatte die Integration auf Ebene der Verteidigung zum Ziel und sollte die rechtliche Grundlage für die Schaffung einer europäischen Armee bilden. Nicht zuletzt, weil sich das französische Parlament den Plänen widersetzte, folgten statt der Vergemeinschaftung der europäischen Verteidigungspolitik die Wiederbewaffnung und der NATO-Beitritt Westdeutschlands.
Heute, fast 70 Jahre und drei Generationen später, erhält die militärische Integration innerhalb der EU starken Auftrieb – und das vor dem Hintergrund der größten Krise der Union. Denn mit dem Brexit kehrt zum ersten Mal ein Land der europäischen Einigung den Rücken zu. Tatsächlich ist es nicht zuletzt der Austrittswunsch Großbritanniens, der hinter dem neuerlichen Impetus stärkerer Verteidigungskooperation der EU-Mitgliedsländer steht. Denn auf der Insel stand man Bestrebungen hin zu größerer militärischer Integration immer höchst skeptisch gegenüber. Einerseits stand diese dem Stolz der einstigen Weltmacht entgegen, andererseits sah man darin eine Konkurrenz zur NATO.
Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) hat mit der im Jahr 2016 verabschiedeten Globalen Strategie an Kontur gewonnen. Dazu kommt die sogenannte Permanent Structured Cooperation (PESCO) bzw. Ständig Strukturierte Zusammenarbeit (SSZ). Diese doch ziemlich ungelenken Wortkonstruktionen stehen für Bemühungen, die man durchaus als Schritt hin zu einer Europäischen Verteidigungsunion verstehen kann. Die 25 beteiligten Länder verpflichten sich zu einer vertieften und dauerhaften Zusammenarbeit.
Kooperation auf militärischem Gebiet ist sinnvoll und erforderlich. Denn mittelfristig muss sich Europa auf seine eigenen Kräfte besinnen und Verteidigung und friedenssichernde Maßnahmen auf dem Kontinent und im strategischen Umfeld zunehmend mit eigenen Ressourcen sicherstellen. Die Signale aus Washington hinsichtlich der NATO sind unklar, die Beziehungen mit Russland europaweit auf einem Tiefstand und mit den Kriegen in Ostukraine und Syrien gibt es zwei Brandherde in nächster Nähe. Zudem ist Sicherheit das Thema, bei dem sich auch die europäischen Bürger_innen mit großer Mehrheit für mehr Zusammenarbeit und eine stärkere Rolle der EU aussprechen.
Sicherheitspolitik und Verteidigung sind sensible Politikfelder. Es geht um Krieg und Frieden, um staatliche Souveränität und viel Geld in der Rüstung. Eng damit verbunden ist die notwenige Einhegung und demokratische Kontrolle, in Deutschland unter anderem abgesichert durch den Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
Debatten zur europäischen Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Viele Fragen sind zu klären, zum Beispiel das Verhältnis zur NATO, der Umfang der Verteidigungshaushalte, Ausgaben für gemeinsame Rüstungsprojekte, Kommandostrukturen, verfassungs- und auch friedenspolitische Fragen. Der Sammelband „Handlungsfähigkeit stärken – Stabilität schaffen Überlegungen zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion“ liefert mit Perspektiven aus Politik, Wissenschaft, Streitkräften, Industrie und der Zivilgesellschaft hier eine Orientierungshilfe.
Die Länder Europas sind heute so eng mit einander verbunden, wie wohl nie zuvor in der modernen Geschichte des Kontinents. Gleichzeitig herrscht eine Atmosphäre der Krise und Ungewissheit. Nicht ungewiss ist aber, dass Europa als Friedensordnung steht und fällt. Die GSVP leistet hierzu ihren Beitrag.
Ansprechpartner in der Stiftung
Ringo Wagner
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Ansprechpartnerinnen
Susan Javad
030 26935-8313Susan.Javad(at)fes.de
Vanicha Weirauch
030 26935-8333Vanicha.Weirauch(at)fes.de