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Globale Mindeststeuer

Was ist die globale Mindeststeuer?

Ziel der globalen Mindeststeuer ist es, multinational agierende Unternehmen weltweit einheitlich zu besteuern und damit das wachsende Problem der Steuervermeidung zu bekämpfen. Um zu verhindern, dass Konzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer überführen und sich somit ihrer Verantwortung bei der Finanzierung des Gemeinwohls entziehen, haben sich die Finanzminister_innen der G20-Staaten im Juli 2021 auf einen weltweit einheitlichen Steuersatz von 15 Prozent für große Unternehmen geeinigt (1). Zu diesen zählen Konzerne mit einem konsolidierten Konzernumsatz ab 750 Millionen Euro.

 

Unter Führung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurde bereits seit 2013 (2) an einer Reformation des Steuersystems gearbeitet. 2021 haben sich 137 von 141 Staaten (3) des Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) auf die einheitliche Mindestbesteuerung verständigt, die ab 2024 in Kraft treten soll.

 

Globalisierung und Digitalisierung verlangen neue Regeln

Eine Überarbeitung der Besteuerungsrechte ist dringend notwendig, denn die Regeln der internationalen Unternehmensbesteuerung sind mittlerweile über 100 Jahre alt (4) und spiegeln unsere globalisierte und digitalisierte Wirtschaftswelt längst nicht mehr wider. In Zeiten immaterieller Werte und grenzüberschreitender Dienstleistungen, ist Steuervermeidung für viele Staaten zu einem wachsenden Problem geworden.

 

Indem Konzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern, zahlen sie in den Ländern, in denen die Gewinne ursprünglich erwirtschaftet wurden, sehr viel weniger oder sogar gar keine Unternehmensteuer. Insbesondere Digitalkonzerne, die teilweise nicht einmal physische Standorte benötigen, vermeiden auf diese Weise enorme Steuersummen.

 

Das ist insofern problematisch und ungerecht, als dass trotz hoher Gewinne, die beispielsweise durch die Nutzer_innendaten deutscher Staatsbürger_innen und Unternehmen erwirtschaftet werden, nur verhältnismäßig wenige Steuern an den Staat zurückfließen. In den sogenannten Marktstaaten fehlen in der Konsequenz die Steuereinnahmen für Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zahlen hingegen regelmäßig Unternehmensteuer und stützen damit die Infrastruktur und den Wohlstand. Das nutzt wiederum den Großkonzernen, welche die Kaufkraft der Marktstaaten suchen – selbst, wenn sie Steuerzahlung aktiv vermeiden und kaum zu dieser beitragen.

 

Niedrigsteuerwettbewerb

In der Konkurrenz um die Ansiedlung von (ausländischen) Investitionen werden Steuern so zu einem Standortfaktor. Ohne einen Mindeststeuersatz besteht die Gefahr, dass Staaten sich in der Unternehmensbesteuerung gegenseitig unterbieten, um für Investoren attraktiv zu sein – diese Dynamik wird auch „race to the bottom“ genannt. Dani Rodrik von der Harvard University spricht hierzu von den Regeln der Hyperglobalisierung (5).

 

Unternehmen verschieben Gewinne in Steueroasen

Zu den gängigen Steuervermeidungsstrategien gehören vor allem neue Geschäftsmodelle, die sich den vorgeblichen Handel mit geistigem Eigentum zunutze machen. Das funktioniert beispielsweise, indem zwei Unternehmen des gleichen Mutterkonzerns untereinander „handeln“:

 

  • Unternehmen A erzielt hohe Gewinne in einem Land mit hohen Steuersätzen.
  • Unternehmen B sitzt in einer Steueroase und „vertreibt“ Lizenzen.
  • Unternehmen A kauft nun bei Unternehmen B Lizenzen, um beispielsweise einen Markennamen zu verwenden.
  • Unternehmen A setzt diese Zahlungen als Betriebsausgaben von der Steuer ab und erscheint im Hochsteuerland unprofitabel.
  • Die Gewinne werden nun von Unternehmen B sehr günstig in der Steueroase versteuert.
  • Die Gewinne wurden also lediglich „intern“ verlagert und verbleiben beim Mutterkonzern.

 

Auf diese Weise führen multinationale Konzerne jährlich Milliarden an den Staatskassen der Länder vorbei. Zukünftig sollen derlei Steuertricks jedoch nicht mehr möglich sein, da Zahlungen an Gesellschaften in Niedrigsteuerländern nicht länger vollständig als Betriebsausgaben abgesetzt werden dürfen.

 

Das Two-Pillar-Modell

Die globale Steuerreform der OECD- und der Inclusive Framework-Mitglieder fußt auf einem Two-Pillar- oder auch Zwei-Säulen-Modell. Es soll gewährleisten, dass Steuern gerechter verteilt werden und der bisherige Steuersenkungswettbewerb ausbleibt.

 

Säule 1: Neue Zuordnung internationaler Besteuerungsrechte

Die Besteuerungsrechte sollen zukünftig umverteilt werden. Insbesondere sollen Konzerne nicht länger allein in ihrem Ansässigkeitsstaat Unternehmenssteuern zahlen, sondern vor allem dort, wo sie Gewinne erwirtschaften – in den Marktstaaten.

 

Zudem zielt die Umverteilung der Besteuerungsrechte auch auf eine Stabilisierung der globalen Steuerrechtsordnung ab. Ein gemeinsames System schafft die Notwendigkeit nationaler Maßnahmen ab und etabliert auf globaler Ebene Rechtssicherheit für Unternehmen und Justiz.

 

Säule 2: Globale Mindestbesteuerung

Mit der Einigung auf eine globale Mindeststeuer soll es Ländern zukünftig möglich sein, Gewinne nachzuversteuern, wenn diese in ein Niedrigsteuerland überführt wurden. Zahlt ein Tochterunternehmen in einer Steueroase einen Steuersatz von weniger als 15 Prozent, kann das Heimatland fortan die Differenz zum neuen Mindeststeuersatz fordern. So führt der Ansatz zu einer größeren internationalen Steuergerechtigkeit.

 

Mit den beschlossenen Mindeststeuer-Regelungen tragen die OECD- und BEPS-Staaten insbesondere für die Problematik global agierender Digitalkonzerne Sorge. Die branchenspezifischen Vermeidungsmöglichkeiten der Digitalwirtschaft, beispielsweise auf eine physische Präsenz zu verzichten, sollen damit verhindert und eine gerechtere Besteuerung gewährleistet werden.

 

Fragen und Antworten zur globalen Mindeststeuer

Wen betrifft die globale Mindeststeuer?

Die Mindestbesteuerung betrifft lediglich global tätige Konzerne mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Sie müssen sämtliche Gewinne zukünftig weltweit mit 15 Prozent versteuern – und zwar unabhängig vom Standort des Unternehmens. Damit ist es nicht länger möglich, Steuern durch Verlagerungen auf Tochterunterhemen in Steueroasen zu umgehen.

 

Wann kommt die globale Mindeststeuer?

137 Staaten haben einem einheitlichen Mindeststeuersatz von 15 Prozent bereits zugestimmt. Im Oktober 2021 verständigten sich die G20-Staaten zudem auf einen Fahrplan zur Implementierung. Dieser sah eine Umsetzung beider Säulen – der Umverteilung der Steuerungsrechte und der globalen Mindeststeuer – bereits für 2023 vor. Aufgrund der Komplexität der dafür notwendigen Regeln ist die Implementierung auf 2024 verschoben worden. Für die Mindestbesteuerung hat die EU-Kommission bereits einen Richtlinienvorschlag erarbeitet. Das sogenannte „Multilaterale Instrument 2.0“ wird derzeit noch von der OECD ausgearbeitet (6).

 

Was bedeutet die neue Regelung für Deutschland?

Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) kann Deutschland mit Einführung der globalen Mindeststeuer mit zusätzlichen Einnahmen von bis zu 6,2 Milliarden Euro jährlich rechnen (7). Weltweit werden jährliche Mehreinnahmen von bis zu 150 Milliarden Dollar erwartet.(8)

 

Übrigens: Die Unternehmensbesteuerung in Deutschland lag 2018 bei 30 Prozent (9). Mit Umsetzung des neuen internationalen Mindeststeuersatzes von 15 Prozent könnte sich der Bund also zwar Steuern sichern, die ihm bei Fortführung der bisherigen Regelung entgangen wären, ein deutliches Gefälle im Vergleich zur Besteuerung ansässiger Firmen bleibt aber dennoch bestehen. Auch in vielen Entwicklungsländern liegen die Sätze deutlich höher. Die zivilgesellschaftliche Akteur_innen wie die Unabhängige Kommission für die Reform der Internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) treten deshalb für eine globale Mindeststeuer in der Höhe von 25% ein (10).

 



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