Das Verhältnis der Angehörigen der Gen Z (also Menschen unter 30) zur Erwerbsarbeit ist regelmäßig Gegenstand öffentlicher Debatten. Sie legten mehr Wert auf Flexibilität und schätzten Erwerbsarbeit insgesamt weniger. Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin, prüft dieses weit verbreitete Narrativ anhand des Datensatzes des FES-Projektes „Kartographie der Arbeiter:innenklasse“.
Ausgewählte Ergebnisse der Studie präsentieren wir auf dieser Seite, die gesamt Studie ist hier kostenfrei abrufbar.
Wie unterscheidet sich die materielle Lage der Generationen?
Welche Faktoren bestimmen, ob es Erwerbstätigen materiell besser oder schlechter geht? Das Regressionsmodell in der Abbildung liefert Antworten auf diese Frage. Was sehen wir? Tatsächlich sehen wir, dass generationale Effekte bestehen: Das gilt weniger für Menschen bis 50 Jahre, hier liegen alle Effekte nahe bei null (und zeigen damit an, dass es keine Unterschiede zwischen etwa den Generationen X und Y im Vergleich zur Referenzkategorie Gen Z gibt). Dagegen sehen wir für erwerbstätige Menschen ab 50 Jahre, dass es Unterschiede gibt: Ihnen geht es im Vergleich zur Gen Z besser. Der Effekt ist nicht sehr groß, aber er ist deutlich sichtbar.
Es zeigen sich auch über das Alter hinausgehende Effekte, die mitunter deutlich größer ausfallen als die generationalen Muster. Das gilt weniger für das Geschlecht – die Größenordnung des Unterschieds zwischen Männern und Frauen fällt ähnlich groß wie der Unterschied zwischen der Gen Z und der Generation ab 60 Jahren aus. Auch im Vergleich zu Menschen, die in Westdeutschland (oder Berlin) leben, berichten Menschen in Ostdeutschland von einer weniger komfortablen materiellen Situation; keine Effekte treten für die Ortsgröße auf – ob Menschen städtisch oder eher ländlich wohnen, spielt keine Rolle. Die stärksten Effekte treten für den Faktor formal hoher Bildung auf. Die Effektstärke für formal hohe Bildung liegt bei 0,36 – dies bei einer Skala der abhängigen Variable, die nur zwischen 0 und 1 liegt. Menschen mit formal hoher Bildung geht es im Vergleich zu Menschen mit formal niedriger Bildung um Längen besser.
Die Abbildung zeigt darüber hinaus in Rot dargestellte Effekte innerhalb der Gen Z. Hier geht es also um die Frage, wie unterschiedlich Personen, die alle zur Gen Z gehören, ihre materielle Situation bewerten. Wäre die Gen Z eine homogene Gruppe ohne jede Binnendifferenzierung, müssten alle roten Punkte sehr nahe bei der gestrichelten Nulllinie liegen. Auch würden Unterschiede zwischen roten und blauen Linien (mit geringeren roten Effektstärken) zeigen, dass die Unterschiede innerhalb der Gen Z kleiner sind als in der Bevölkerung insgesamt.
Das ist aber nicht der Fall – im Gegenteil: Das Muster innerhalb der Gen Z ist dem Muster, das für die Bevölkerung insgesamt resultiert, erstaunlich ähnlich. Die Ost-West- und Bildungseffekte sind praktisch identisch; der Effekt des Geschlechts fällt sogar etwas größer aus, ebenso der Effekt städtischer Herkunft. Insgesamt jedenfalls ist die Gen Z mindestens so heterogen wie die Gesellschaft insgesamt. Selbst Geschlechtsunterschiede, von denen man am ehesten hätte erwarten können, dass sie bei jüngeren Generationen mindestens geringer werden, erweisen sich als erstaunlich robust. Mit Blick auf die materielle Lage der Gen Z von einer uniformen Generation zu sprechen, der es insgesamt als Gruppe besser als anderen geht, wird ihr – und gerade den Menschen mit niedrigerer Bildung, aber auch Frauen aus der Generation – jedenfalls in keiner Weise gerecht.