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Wir stellen das Netzwerk "Chancen gemeinsam nutzen" vor, das sich um die Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt kümmert.
Wer Shazad Bashir hinter der Theke der Bäckerei Steineke sieht, erlebt einen fröhlichen aufgeschlossenen jungen Mann. Dabei hat er eine lange, gefährliche Reise hinter sich: Geboren wurde er in Mandiala, im Nordosten Pakistans in der Nähe der Stadt Lahore. Dort arbeitete er sechs Jahre lang als Verkäufer für Bekleidung.
Da er wie seine Familie christlichen Glaubens ist, hatte er es schwer in Pakistan. Nicht selten werden religiöse Minderheiten dort Ziel terroristischer Angriffe durch die Taliban. Die willkürliche Nutzung des Blasphemiegesetzes, das Prophetenlästerung oder Koran-Beschimpfung mit dem Tode bestraft, sorgt darüber hinaus für radikale Tendenzen in der Bevölkerung.
Shazad floh nach Deutschland – quer durch den Nahen Osten und Europa. Als er in Deutschland ankam, war er abgemagert, teilnahmslos und in sich gekehrt. Im Sommer 2016 kam er schließlich bei FORUM Berufsbildung an und stieg in einen Kurs für berufsbezogenen Deutschunterricht mit Fokus auf einen Job im Einzelhandel ein.
Danach ging es plötzlich steil bergauf: In Einzel- und Gruppencoachings schöpfte Shazad neue Kraft. Er fand sich schnell zurecht, lernte Deutsch und nahm schließlich an einem Praktikum teil, das ihm von FORUM Berufsbildung bei der Firma Steinecke vermittelt wurde.
In diesen vier Wochen schaffte er es, als Verkaufshilfe das gesamte Team für sich einzunehmen. Obwohl seine Deutschkenntnisse noch nicht so gut waren, überzeugte er aufgrund seiner schnellen Auffassungsgabe so sehr, dass er direkt im Anschluss in einen Vollzeitjob übernommen wurde.
Seit November 2015 schult und vermittelt FORUM Berufsbildung aktiv Geflüchtete für den deutschen Arbeitsmarkt. Die Firma Steinecke hat bereits drei Teilnehmer_innen von Integrationsmaßnahmen bei FORUM Berufsbildung übernommen. Auch Waldorf Astoria und Rossmann arbeiten seit einiger Zeit eng mit FORUM Berufsbildung zusammen.
Für eine bessere Zusammenarbeit wurde 2016 das Netzwerk "Chancen gemeinsam nutzen" gegründet, das sich aus Akteur_innen der Flüchtlingshilfe, Berliner und Brandenburger Unternehmen sowie Bildungsinstituten wie FORUM Berufsbildung zusammensetzt.
Hier werden Unternehmen bei der Anstellung von Menschen mit Fluchthintergrund fachlich beraten und Geflüchtete auf Jobs vorbereitet. FORUM Berufsbildung übernimmt darüber hinaus die Formalitäten, klärt Konfliktsituationen und bietet regelmäßig kostenlose Schulungen zur aktuellen Themen wie gesetzliche Regelungen auf dem Arbeitsmarkt, kulturelle Differenzen und Missverständnisse, notwendige Behördengänge und vieles mehr.
Judith Rannenberg, Referentin für Arbeitsmarktintegration bei FORUM Berufsbildung, betreut das Netzwerk "Chancen gemeinsam nutzen", vermittelt Geflüchtete in Jobs und konzipiert regelmäßig Workshops, um die Hemmschwellen und Berührungsängste auf beiden Seiten abzubauen.
Was brauchen Geflüchtete zuerst, wenn Sie in Deutschland ankommen? "Was wirklich wichtig ist, sind Ansprechpartner_innen, die wissen, welche Formalitäten erfüllt werden müssen und wo die entsprechenden Behörden sitzen. Deutschland ist sehr bürokratisch. Für Menschen, die noch nicht einmal eine westliche Sprache wie Englisch oder Französisch sprechen, ist eine schnelle Orientierung hier fast unmöglich."
Nun gab es ja eine große Bereitschaft unter den Deutschen, ehrenamtlich zu helfen. Woran hat es trotzdem gemangelt? "Geflüchtete, die in Deutschland ankommen, wollen so schnell wie möglich arbeiten. Sie wünschen sich ein normales Leben und müssen ihre Familie ernähren. Doch gerade beim Arbeits- und Sozialrecht sind die bürokratischen Hürden sehr hoch. Viele Ehrenamtliche kennen sich da überhaupt nicht aus. Hier braucht es kompetente Ansprechpartner, die genau wissen, wer mit welchem Aufenthaltsstatus eine Förderung, eine Arbeitsgenehmigung oder eine Ausbildung bekommt und welche Anträge hierfür zu stellen sind."
Gilt das auch für Personalabteilungen in Unternehmen?"Absolut! Es wurde ja im Laufe des letzten Jahres viel beim Asylrecht geändert: die Einteilung in sichere und unsichere Herkunftsländer, das verlängerte Aufenthaltsrecht bei Ausbildungen, Verpflichtung zum Integrationskurs. Wer sich nicht intensiv mit dieser Thematik auseinander setzt, verliert schnell den Überblick. Deshalb sind nicht nur die Geflüchteten dankbar, dass wir uns um die Vermittlung und die Formalitäten kümmern, auch die Unternehmen wissen das sehr zu schätzen."
Neben der sprachlichen Hürde: Woran hapert es bei der Einstellung von Geflüchteten? "Gerade bei der der beruflichen Qualifikation zeigen sich sehr große Differenzen. Viele kommen zu uns und sagen, sie haben im Heimatland zum Beispiel als Koch gearbeitet. Im Gespräch stellt sich aber heraus, dass sie nur ein ganz eingeschränktes Betätigungsfeld hatten, also keine vollwertige Qualifikation vorweisen können. Es muss ihnen behutsam vermittelt werden, dass sie mit ihrer Erfahrung nicht den gleichen Job in Deutschland ausüben können. Das ist hart, vor allem nach einer langen Flucht mit vielen Gefahren."
Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Netzwerk? "In Deutschland gibt es großen Personalbedarf in einigen Branchen. Auf der anderen Seite gibt es nach wie vor Vorbehalte gegen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, obwohl mittlerweile 6,5 Millionen Erwerbstätige aus anderen Ländern kommen. Es steckt ein großes Potential in der sogenannten Flüchtlingskrise – gerade für Deutschland."
Warum ist gerade Arbeit so wichtig für Geflüchtete? "Zu arbeiten bedeutet auch, ein Teil der Gesellschaft und angekommen zu sein. Natürlich steht der Gelderwerb für die Familie im Vordergrund, aber vor allem ist die Berufstätigkeit Teil eines selbstbestimmten Lebens. Auch Deutschland sollte ein großes Interesse an einer schnellen Integration in den Arbeitsmarkt haben. Berufstätige lernen die Sprache schneller, sind zufriedener, passen sich besser an. Arbeit ist einfach die beste Form der Integration."
Unternehmen, die gern Geflüchtete im Rahmen eines Praktikums oder eines Job anstellen möchten, sind herzlich eingeladen dem kostenlosen Netzwerk "Chancen gemeinsam nutzen" beizutreten.
Weitere Infos unter www.forum-berufsbildung.de/unternehmensangebote/netzwerk