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#Angekommen | 6. und 7. März 2017 in der FES Berlin

Demokratische Antwort auf Terrorismus - ein Dilemma für die EU?

Um langfristig und nachhaltig gegen terroristische Anschläge in Europa vorzugehen, sind innovative Strategien gefragt. Dabei kann die EU von Anti-Terror-Maßnahmen ihrer Mitgliedstaaten lernen.

London, Brüssel, Paris, Nizza, Berlin, Barcelona…: die terroristischen Anschläge in Europas Metropolen verliefen nach ähnlichen Mustern. Ziel der Attentäter war es, durch möglichst unberechenbare Angriffe auf die Zivilbevölkerung medienwirksam das Sicherheitsgefühl von möglichst vielen Europäer_innen anzugreifen. Mit Erfolg! Gefühle der Betroffenheit, vor allem aber der Unsicherheit haben sich in Europa ausgebreitet. So gerieten nationale Regierungen unter Druck, schnell und öffentlichkeitswirksam zu reagieren. Zahlreiche Maßnahmen waren die Folge – von neuen Gesetzen zur digitalen Überwachung bis hin zum permanenten Ausnahmezustand, wie in Frankreich.

Die als Anti-Terror-Maßnahmen eingeführten Gesetze und ihre Folgen wurden europaweit kontrovers diskutiert. Im Zentrum der Debatte standen dabei die Fragen: Wie weit dürfen in demokratischen Gesellschaften die zivilen Rechte und Freiheiten im Namen der Terrorbekämpfung eingeschränkt werden? Welche Maßnahmen waren rückblickend unverhältnismäßig restriktiv, welche effektiv?

Von anderen Staaten lernen

In der Publikation „Democracy and Terrorism – Experiences in Coping with Terror Attacks“ wurden im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung vier Fallstudien erstellt. Unter der Leitung von Anna Maria Kellner analysieren die Autor_innen die Reaktionen und den Umgang mit Terroranschlägen von Gesellschaft und Regierung in Belgien, Frankreich, Norwegen und Israel. Obwohl alle Staaten individuelle Strategien verfolgten, zeichnet sich länderübergreifend ein Problem ab: unter dem Druck der Öffentlichkeit haben Regierungen Maßnahmen ergriffen, deren Folgen demokratische Grundprinzipien angreifen. Alle untersuchten Staaten setzten strategisch auf die Verschärfung von Gesetzen und die Machtausweitung der Exekutive. Dabei wurden zur Erweiterung der Kompetenzen von Sicherheitsbehörden vielfach die Freiheiten und zivilen Rechte der Bürger_innen eingeschränkt, was eine massive Kritik von zivilgesellschaftlichen Akteur_innen und NGOs zur Folge hatte. So verurteilte Amnesty International in einem Bericht unter anderem die Demonstrationsverbote in Frankreich während des Ausnahmezustandes als Einschränkung des Rechtes auf Versammlungsfreiheit.

Restriktionen reichen nicht

Dass die restriktiven Maßnahmen allein zu kurz greifen, zeigt sich am Beispiel Frankreichs. Drastisch erhöhte Militärausgaben, Aufstockungen von geheimdienstlichen Aktivitäten, härtere Strafen für Terrorist_innen und die 10.000 zusätzlichen Soldaten, die nach dem Angriff auf Charlie Hebdo im Land positioniert wurden, konnten die Bevölkerung nur bedingt vor weiteren Anschlägen schützen. Denn die meisten Anschläge werden von radikalisierten Kleingruppen, die sich in sozialen Medien organisieren und sozial isolierten Einzeltäter_innen durchgeführt, die asymmetrische Taktiken anwenden, indem sie unkonventionelle Wege und Waffen nutzen. Zwar haben alle untersuchten Länder spezifische Maßnahmen für solche Täter_innen in ihre Strategien miteinbezogen. Beispielsweise die israelische Regierung antwortete auf die Anschläge mit Gesetzen, die es erlauben von ihnen als gefährlich eingestufte Inhalte von Social-Media-Plattformen zu löschen. Trotzdem liegt der Fokus hier auf Kriminalisierung anstatt auf Deradikalisierung.

Mit Evaluation und Prävention antworten

Die Biographien und Radikalisierungsverläufe von Attentäter_innen sind komplex. Etwas haben sie jedoch gemeinsam: viele haben sich in ihren europäischen Heimatländern radikalisiert oder kehren verstärkt aus IS-Gebieten dorthin zurück. Nicht nur die Anschläge, sondern auch die Radikalisierungstendenzen sind also grenzüberschreitende Probleme der EU. Bereits 2005 hat die EU eine gemeinsame Strategie gegen Radikalisierung und Rekrutierung entworfen. Ein Pfeiler dieser Strategie basiert auf Prävention. Zwölf Jahre später kommen die hier vorgestellten Länder-Fallstudien zu dem Ergebnis, dass Präventionsmaßnahmen weiterhin eine eher sekundäre Rolle spielen. Erst durch eine kontinuierliche Analyse der bisherigen Anti-Terror-Strategien werden solche Defizite deutlich. Für ein demokratisches Antworten der EU auf terroristische Anschläge sind folglich Evaluation und Prävention hilfreich - das legen auch die Fallstudien im Detail nahe.

Ansprechpartnerin in der Stiftung:

Anna Maria Kellner

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