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Bibliothekskatalog
Ende der achtziger Jahre übernahm die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung durch Vermittlung des Stiftungskollegen Klaus Reiff eine umfangreiche Sammlung von gedruckten "Untergrundmaterialien" der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność. Klaus Reiff war von 1980 bis 1983 als Botschaftsrat an der Deutschen Botschaft in Warschau tätig. In jener Zeit hatte er intensiven Kontakt zur Opposition in Polen unterhalten. Besonders eng war sein Verhältnis zur Gewerkschaft Solidarność. Sowohl in der Zeit ihrer legalen Tätigkeit als auch später während des Kriegsrechts im Untergrund sammelte Klaus Reiff alle erreichbaren Dokumente und brachte sie unter Ausnutzung seiner diplomatischen Immunität in die Bundesrepublik Deutschland. In regelmäßigen Abständen suchte er seine Kontaktpersonen bei der lokalen Warschauer Organisation, der Solidarność Mazowsze, bei der schlesischen Solidarność in Breslau und Kattowitz sowie bei der Danziger Zentrale der Gewerkschaft auf, um die von ihnen verbreiteten Dokumente in Empfang zu nehmen.
Dabei wurde von den polnischen Gewerkschaftern der ausdrückliche Wunsch geäußert, er möge diese Dokumente ins westliche Ausland bringen, damit sie dort über die Vorgänge im kommunistischen Polen unterrichten und der möglichen Vernichtung durch die Staatssicherheit entgehen sollten. Zu jener Zeit des Kriegsrechts war der Besitz von Dokumenten der Solidarność und anderer oppositioneller Gruppen strafbar. Klaus Reiff begann mit der Sammlung im Jahr 1981. Der größte Teil der Sammlung entstand indes nach Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981. Den überwiegenden Teil der Dokumente übergab Klaus Reiff nach seiner Rückkehr der Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Stiftungsmitarbeiter Klaus-Peter Schneider ergänzte später die Sammlung; seinen Kontakten verdanken wir in erster Linie Publikationen aus dem universitären Umfeld.
Die Solidarność-Sammlung war lange Jahre nur grob nach archivalischen Gesichtspunkten erschlossen. Aus arbeitsorganisatorischen Gründen konnte weder ein Findmittel erstellt werden noch eine wissenschaftlich-bibliothekarische Dokumentation erfolgen.
1999 stellte die Erich-Brost-Stiftung die nötigen Mittel für eine angemessene fachliche Erschließung der polnischen Gewerkschaftsmaterialien zur Verfügung. Damit wurde der Weg frei, einer "Muttersprachlerin" den Bestand anzuvertrauen, um ihn zu katalogisieren.
Die Erschließung der Bestände mündete in einem gedruckten Bestandsverzeichnis:
Bartel, IrmgardFreiheit und Nation : Gewerkschaft Solidarność und unabhängige polnische Presse 1980 - 1990 ; ein Bestandsverzeichnis der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung / bearb. mit Unterstützung der Erich-Brost-Stiftung von Irmgard Bartel. - Bonn, 1999. - 93 S. : Ill. - (Veröffentlichungen der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung ; 10) ISBN 3-86077-864-1 5Online-Version des Bestandsverzeichnisses
Die Bearbeiterin Irmgard Bartel strukturierte die 560 Titel der Dokumentation nach regionalen Aspekten. In einer Datenbankversion waren die Metadaten über ein Stichwort-, Körperschafts- und Titelverzeichnis recherchierbar. Diese (Allegro-)Datenbank ist nicht mehr zugänglich. Der Bestandsdaten sind jedoch im Katalog der FES-Bibliothek nachgewiesen und werden dort weiter gepflegt.
Solidarność-Materialien sind weltweit verstreut in verschiedenen Einrichtungen vorhanden. Eine große Sammlung entstand z.B. an der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.
Im Netzwerk der International Association of Labour History Institutions (IALHI) sind es zwei Einrichtungen, die über bedeutsame Sammlungen verfügen: das Schweizerische Sozialarchiv in Zürich und die Fondazione Giangiacomo Feltrinelli in Mailand.
Die moderne Kommunikationstechnologie macht eine Vernetzung der verstreuten Bestände möglich. Es bleibt zu hoffen, dass die nationalen und internationalen Bestände der freiheitlichen polnischen Gewerkschaftsbewegung unter dem Dach der Virtuellen Fachbibliothek Osteuropa (heute: osmikon - Das Forschungsportal zu Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa) geschlossen präsentiert werden.
Der Schöpfer der Sammlung, Klaus Reiff, steuerte 1999 für die gedruckte Version ein kleines Essay bei, das sein besonderes Verhältnis zur Solidarność beleuchtet. Sein Beitrag "Die polnische Gewerkschaft Solidarność und ihre Publikationstätigkeit 1980 - 1983" bietet einen "lebensnahen" Einstieg in die Materie und beleuchtet die ungeheuren Schwierigkeiten, mit denen die Sammler damals zu kämpfen hatten.
(Text von Dr. Rüdiger Zimmermann, damaliger Leiter der Bibliothek, November 2003; aktualisiert im Juli 2023)