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Die Weimarer Republik im Einkaufszentrum

Wanderausstellung von Weimarer Republik e.V.

Bild: Wanderausstellung im Einkaufszentrum von Hamish John Appleby, Weimarer Republik e.V.

Eine Ausstellung über die Weimarer Republik inmitten eines Einkaufszentrums oder Großbahnhofs? Passt das? Darf man das? Politische Kulturgeschichte und Kommerz, die direkt aufeinander prallen? Gehört solch eine Ausstellung nicht viel besser ins Museum? Mit derlei Fragen wurde der Verein Weimarer Republik immer wieder  konfrontiert. Doch allen Zweifeln zum Trotz gab es gute Gründe, diesen ungewöhnlichen Weg zu gehen: Auch wenn Museen die großen Gewinner der Kulturszene sind – jeder dritte Deutsche bleibt ihnen konsequent fern. 

In Einkaufszentren und Bahnhöfe hingegen zieht es ein breiteres Publikum. Genau deshalb tourt die Wanderausstellung des Vereins seit 2015 durch Deutschland und betrachtet eben auch diese Orte als Räume der Wissenserfahrung. 40 Städte werden bis 2018 besucht und holen die Besucher mit ihrer vollgepackten Einkaufstüte genau dort ab. Um tatsächlich ein ›museumsfernes‹ Publikum zu erreichen, war die oberste Maxime, neugierig zu machen und fortlaufend Bezüge ins Hier und Jetzt zu schaffen. Vier knallbunte Ausstellungskuben locken mit provokanten Sprechblasen wie »Was bekommt man 1923 für 320 Milliarden Reichsmark?« oder »Kann man auch Sprengstoff statt Benzin tanken?«
Betritt der Besucher einen der vier Kuben, steht er inmitten eines kleines Kinosaals. Originales, zum ersten Mal in HD-Qualität veröffentlichtes Filmmaterial, unterstützt durch einen spannungsgeladenen Sound, lässt die atemberaubende Energie, mit der die Deutschen ins Zeitalter der Moderne springen, mit Gänsehaut-Potenzial nachempfinden. Gezeigt wird in den vier Kinowürfeln die Zeit des hoffnungsvollen Anfangs, die Goldenen Zwanziger, aber auch die Krisen, aus denen sich die Weimarer Republik immer wieder herausmanövriert sowie ihr desaströses Ende durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Dabei wird die Geschichte nicht nur von renommierten Politikwissenschaftlern oder Historikern wie Norbert Frei und Wolfram Pyta kommentiert. Genauso kommen Prominente zu Wort, die nicht mit  der Wissenschaft assoziiert werden. TV-Wissenschaftsmoderator Ranga Yogeshwar erklärt, dass es niemals zuvor einen vergleichbaren technischen Fortschritt in Deutschland gab, Bettina Schausten und Ulrich Wickert betonen, wie wichtig der Kompromiss in einer demokratischen Gesellschaft ist, Nikolaus Blome und Jakob  Augstein geben ein Special ihres TV-Formats Augstein  und Blome und streiten über das Für und Wider heutiger Political Correctness.
Hinzu kommen 16 unterschiedliche Touchtables, die Besucher, angestoßen durch die einführenden Hauptfilme, tiefer in einzelne Themenblöcke eintauchen lassen.  In intuitiv zu bedienender Kacheloptik und prägnanten Überschriften stehen eine Fülle von Themen rund um die Weimarer Republik zur Verfügung. Über drei Stunden Filmmaterial in kurzen Frage-Antwort-Clips und über 800 hochauflösende Bilder mit textlichen Erläuterungen  machen nachvollziehbar, in welcher Stimmung sich die Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg befanden, wie  unkontrollierbar die Dynamik einer Revolution sein kann und unter welchen Umständen die erste demokratische Verfassung Deutschlands verabschiedet wurde. Mit einer solchen multimedialen Inszenierung betritt nicht nur der Verein Weimarer Republik (und als Förderer das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz) Neuland, sondern wird auch grundsätzlich in der besonderen Ausstellungssituation von Einkaufszentren  etwas Neues gewagt. Die Abgeschlossenheit der Filmkuben erlaubt es, in einer ungewohnten Umgebung in  eine Parallelwelt einzutauchen. An über 15 Stationen im ersten Jahr konnten außerdem viele Schulklassen die Ausstellungen erleben, die zu Führungen mit anschließender Diskussion eingeladen wurden.

Noch bis 2018 wird die Wanderausstellung unterwegs sein, inzwischen unterstützt durch eine »kleine Schwester«. Die so genannte Kompaktvariante der Ausstellung bietet alle Inhalte der großen Ausstellung. Statt vier Cinema-Screens und 16 Medienstationen nun allerdings destilliert auf einen Touchtable und zugehörige Messewand mit einem Zeitstrahl über die Weimarer Republik, der Glanz und Tragik der Epoche in zahlreichen Bildern erzählt. Gezeigt wird diese Mini-Variante in Bürgerbüros, kleineren Museen, Stiftungen, Foyers von Sparkassen und anderen Institutionen, die vorher aus Platzgründen die Ausstellung nicht präsentieren konnten.

Kontakt: Stephan Zänker, Weimar

verein(at)weimarer-republik.net

www.weimarer-republik.net


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