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PD Dr. Stefan Müller
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Stefan.Mueller(at)fes.de
Abteilung
Archiv der sozialen Demokratie
Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung steht mit ihren Schwerpunkten Sozialdemokratie, Sozialismus sowie internationale und nationale Gewerkschafts- und Arbeiter_innengeschichte in direkter Tradition der sogenannten Arbeiterbibliotheken des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Deren Zerschlagung ist Teil der Geschichte der Ausschaltung von Opposition und Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Das aktuelle Projekt zur Provenienzforschung in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung ermöglicht erstmals eine Rekonstruktion der alten Parteibibliothek vor 1933.
Bild: „Die Nothwendigkeit der Gründung einer allgemeinen Partei-Bibliothek“, Titelseite Vorwärts, 20.2.1878.
Seit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 nahmen die Angriffe der Nationalsozialist_innen gegen (politische) Gegner_innen stark zu. Sowohl die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) als auch gewerkschaftliche Vereine und Gruppierungen wurden heftig diffamiert und bekämpft. Innerhalb weniger Monate schafften die Nationalsozialist_innen die Parteiendemokratie ab, setzten Grundrechte aus und etablierten eine Diktatur. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD, wie zuvor schon die KPD, offiziell verboten. Die anderen Parteien des deutschen Reichstags lösten sich in den kommenden Wochen selbst auf.
Neben dieser Ausschaltung des Parteiensystems, markierte die gewaltsame Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 die Auswirkungen der nationalsozialistischen „Machtübernahme“ auch auf außerparlamentarische politische Organisationen. Im ganzen Land wurden Gewerkschaftshäuser systematisch besetzt, zerstört und Eigentum beschlagnahmt. Konten wurden gesperrt, Gewerkschafter verhaftet und gefoltert. So wurden auch die Bibliotheken und Archive der Arbeiter_innenvereine und Gewerkschaften stark in Mitleidenschaft gezogen: Zahlreiche Bestände dieser zur gewerkschaftlichen und wissenschaftlichen Nutzung eingerichteten Bibliotheken wurden verbrannt oder auf andere Weise zerstört. Vor allem Bände mit marxistischem und anderem politisch unerwünschtem Inhalt wurden aussortiert und vernichtet. Neben den Zerstörungsaktionen wurden große Mengen an Schriftgut beschlagnahmt und unter Kontrolle der NSDAP verwaltet.
Die von hetzerischer Propaganda flankierten Verbote gegen politische Organisationen unter dem NS-Regime waren nur der Anfang. Verfolgungen, Morde und Zerstörungen führten letztendlich zur Ausschaltung aller politischer Kräfte außerhalb des Nationalsozialismus. Mit der „Gleichschaltung“ des politischen Lebens fielen Besitz und Eigentum der Parteien und Vereine an die nationalsozialistische Regierung. Im Zuge der Beschlagnahmung von Immobilien, Finanzen und sonstigem Besitz der aufgelösten Organisationen oblag nun auch die Verwaltung der zum Teil sehr umfassenden Bibliotheken den Nationalsozialist_innen. In der Folge kam es zur Verteilung und zum Verkauf der Buchbestände aus politischen Einrichtungen an Universitäts- und Staatsbibliotheken.
So erging es auch der historischen SPD-Parteibibliothek, die sich heute in Teilen in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung wiederfindet.
In dem Artikel „Die Nothwendigkeit der Gründung einer allgemeinen Partei-Bibliothek“, welcher am 20. Februar 1878 auf der Titelseite des Vorwärts erschien, rief August Bebel erstmals zur Einrichtung einer Parteibibliothek auf. Ziel war es, die internationale und nationale sozialistische, ökonomische und sozialwissenschaftliche Literatur zu sammeln und der Parteiöffentlichkeit zugänglich zu machen.
Bismarcks Sozialistengesetze sorgten jedoch dafür, dass der Aufbau einer solchen Bibliothek in Deutschland zunächst nicht möglich war. In den 1880er-Jahren begannen Sozialdemokrat_innen im Schweizer Exil mit der Sammlung von Büchern und schriftlichen Dokumenten unterschiedlicher Formate, da zu der damaligen Zeit kaum zwischen Archiv und Bibliothek differenziert wurde. Durch zahlreiche Bücherspenden und Geschenke wuchs die Bibliothek rasch an. Neben Büchern gingen auch Broschüren, Zeitungen und andere Dokumente ein und fügten sich bald zu einer breit gefächerten sozialistischen Sammlung zusammen. Auch die Vorreiter des Sozialismus Friedrich Engels und Karl Marx hinterließen einen Großteil ihrer Schriften und Bücher der Parteibibliothek, die in den Jahrzehnten bis zur Machtergreifung der Nationalsozialist_innen beständig wuchs.
Schon vor Hitlers Machtanritt überlegte die SPD, wie die Sammlungen der Parteibibliothek vor Übergriffen der Nationalsozialist_innen geschützt werden könnten. Während die wertvollen Archivbestände zum Großteil ins Ausland gebracht werden konnten, war die Sicherung der Bücher schwieriger. Nicht alles konnte gerettet werden. Den Nachlass von Marx und Engels jedoch, die wahrscheinlich wertvollste und bedeutendste Sammlung des Parteiarchivs, brachten Parteimitglieder auf abenteuerlichen Wegen „in Rucksäcken und mit Faltbooten“ von Berlin nach Kopenhagen in die Obhut der dänischen Sozialdemokraten. Im Juni 1933 besetzten die Nationalsozialist_innen das Parteivorstandsgebäude und somit auch Archiv und Bibliothek der SPD. Sie lösten die Zentralbibliothek der Partei auf und verteilten die Sammlung an die Preußische Staatsbibliothek und das Preußische Geheime Staatsarchiv, wobei die Preußische Staatsbibliothek einen Großteil des Bestandes erhielt. Teile des Parteiarchivs wurden von der Exil-SPD aus Prag heraus im August 1935 nach Amsterdam an das Internationale Institut für Sozialgeschichte verkauft. Im Jahr 1944 wurden die Bestände allerdings, nach Okkupation der Niederlande, beschlagnahmt und nach Deutschland zurückgebracht.
Nach Kriegsende gründete der SPD-Vorstand ein neues Parteiarchiv, welches – wie bereits während und nach den bismarckschen Sozialistengesetzen – auf Geschenke und Bücherspenden angewiesen war. Innerhalb kürzester Zeit sammelten beispielsweise deutsche Emigrant_innen in den USA 1.000 Bände für den Neuaufbau des Archivs. Ende der 1960er-Jahre waren in der SPD-Parteibibliothek ca. 20.000 Bände enthalten. Mit Gründung der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung und des AdsD in Bonn entwickelte sich ein Verbundprojekt, welches sich die sozialdemokratische Wissensvermittlung, Sammlung und Bewahrung des gedruckten Gedächtnisses der deutschen Arbeiterbewegung zur Aufgabe machte. So übergab der Parteivorstand der SPD 1969 seine neuaufgebaute Bibliothek an die Friedrich-Ebert-Stiftung und legte damit den Grundstein zur heutigen Bibliothek im AdsD.
Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung ist heute eine öffentlich zugängliche Präsenzbibliothek mit historischen Beständen und aktueller Forschungsliteratur zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und benachbarten Fachgebieten. Die Nutzung ihrer Bestände ist kostenfrei im Lesesaal des Hauptgebäudes der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn möglich. Darüber hinaus ist die Bibliothek an die Fernleihe angebunden, was eine Ausleihe an Nutzer_innen deutscher und internationaler Bibliotheken möglich macht. Für die Benutzung der archivarischen Bestände des AdsD ist eine Kontaktaufnahme im Vorfeld eines Besuchs notwendig um die Voraussetzungen zur Einsicht in die gewünschten Bestände zu klären.
Der sogenannte Gründungsbestand im AdsD steht seit Juli 2020 im Mittelpunkt eines Forschungsprojektes im Bereich Provenienzforschung. Hierbei wird die Provenienz (Herkunft) der Bücher dokumentiert und NS-Raubgut identifiziert; parallel dazu findet eine virtuelle Rekonstruktion der historischen SPD-Bibliothek vor ihrer Zerschlagung durch das NS-Regime statt. Ausführliche Informationen zur Provenienzforschung in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung gibt es auf der Projektwebsite.
Hannah Schneider
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