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Abteilung
Archiv der sozialen Demokratie
Der Nachlass des Sozialdemokraten und Widerstandskämpfers Max Mayr lagert im Archiv der sozialen Demokratie. Wer Max Mayr war und was ihn und seine Partnerin Grete Eichenberg ausgemacht hat, das wollen wir an dieser Stelle mit Euch teilen.
“Aber dieses Wissen hat uns doch nicht davon abgehalten, Drohung und Gefahr auf uns zu nehmen und das zu tun, was wir als ehrliche, aufrechte Menschen und Sozialisten für notwendig erachtet haben.“ (aus: „Mayr ans Tor!“ Bericht Max Mayr über dessen Widerstand und Haftzeit von 1938 – 1945 im KZ Buchenwald)
Max Mayr wurde am 3. Januar 1896 in Kottern/Kempten im Allgäu als Sohn eines Webermeisters geboren. Die Familie zog nach Kassel, wo Max Mayr seine Schulzeit verbrachte und eine Lehre als Schlosser und Dreher absolvierte, bevor er 1916 als Soldat an die Westfront einberufen wurde.
Nach dem 1. Weltkrieg trat Mayr in die SPD und in den Metallarbeiterverband ein und besuchte verschiedene Kurse der Volkshochschule. Im Zuge dessen wurde er Mitglied im Internationalen Sozialistischen Jugendbund (IJB), später im Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK).
Anfang der dreißiger Jahre arbeitete Mayr in der Redaktion der vom ISK herausgegebenen Tageszeitung „Der Funke“. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde er im Widerstand aktiv, verteilte verbotene Druckschriften, reiste im April 1933 als Ortsgruppen-Vertreter zu einer illegalen Tagung in Berlin. Als seine Gruppe 1936 durch Spitzel der Gestapo aufflog, wurde Mayr in Untersuchungshaft genommen und zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Zunächst war er im Gefängnis Kassel-Wehlheiden interniert, ehe er Ende Juli 1938 ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurde.
Sein organisatorisches Talent hat ihm möglicherweise das Leben gerettet, denn durch eben dieses wurde er als Kommandiertenschreiber, auch als Verpflegungsschreiber, eingesetzt. Er überlebte die Jahre bis Kriegsende in Buchenwald und konnte als sogenannter „Funktionshäftling“ einigen seiner Mithäftlinge helfen.
Nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald blieb Max Mayr zunächst vor Ort, stellte Bescheinigungen aus und kümmerte sich um nicht transportfähige Häftlinge, dann kehrte er nach Kassel zurück.
Mayr wurde die Leitung des Dezernats für Wiedergutmachung im Kasseler Regierungspräsidium übertragen. Im Ehrenamt war er Stadtverordneter, beteiligte sich an der Gründung des Bundes ehemaliger politischer Gefangener (einem der Vorläufer der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) und der Wiedergründung der Philosophisch-politischen Akademie. Er war Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Rothenditmold, engagierte sich im Arbeitskreis ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS), in der Arbeiterwohlfahrt, der Beratungsstelle Kassel für bewusste Elternschaft e.V. sowie der Humanistischen Union. 1979 wurde Mayr für seine Verdienste die höchste Auszeichnung des Landes Hessen, die Wilhelm-Leuschner-Medaille, verliehen.
Besonders hervorzuheben sei an dieser Stelle die politische Bildungsarbeit, die Mayr in Form von Vorträgen geleistet hat. Als Zeitzeuge sprach er u. a. vor Jugendgruppen und in Schulen, forderte dazu auf, politisch wach und aktiv zu sein.
Im Jahr 1950 hatten er und seine Weggefährtin, die Fotografin Margarethe Eichenberg (geb. Jansen), geheiratet.
Eichenberg (geboren am 21.07.1893 in Lobberich) war ebenfalls Mitglied des ISK gewesen, eine Schülerin der Walkemühle, von der Lehre Leonard Nelsons inspiriert. Auf Grund ihrer Widerstandsarbeit gegen die Nationalsozialisten – Eichenberg führte eine vegetarische Gaststätte in Köln – war sie 1938 von der Gestapo verhaftet worden. Danach blieb sie zunächst unter der Aufsicht der Gestapo. Als 1943 die Gaststätte niederbrannte und alle Versuche scheiterten, eine neue zu pachten, kehrte Grete Eichenberg 1944 zurück nach Kassel.
Hier betätigte sie sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Stadtverordnete und war Vorsitzende des Kreisverbandes der Kasseler Arbeiterwohlfahrt.
Margarethe Eichenberg starb 1982. Drei Jahre nach ihr, am 14. September 1985, starb Max Mayr.
Die Unterlagen stammen aus der Zeit zwischen 1920 und 1980. In der Hauptsache sind dies Materialsammlungen zum Konzentrationslager Buchenwald und zahlreiche Manuskripte aus den 1960er und -70er Jahren, die Max Mayr für seine Vorträge verfasst hat. Besonders beeindruckend sind die vielen persönlichen Dokumente von Grete Eichenberg und Max Mayr, wie etwa das Notizbuch Mayrs „Taschenbuch des Kommandiertenschreibers Max Mayr“ mit Eintragungen aus dem Jahre 1944/45, ein Konvolut von Briefen Max Mayrs aus dessen Haftzeit zwischen 1936 bis 1945 sowie der Erlebnisbericht „Mayr ans Tor“.
Sarah Wefel
Weiterführende Quellen und Literatur:
Nachlass Max Mayr im Archiv der sozialen Demokratie (1/MMAC)
Nachlass Willi Eichler im Archiv der sozialen Demokratie (1/WEAA)
Nachlass Susanne Miller im Archiv der sozialen Demokratie (1/SMAB)
Nachlass Minna Specht im Archiv der sozialen Demokratie (1/MSAE)
Nachlass Leonard Nelson im Archiv der sozialen Demokratie (1/LNAA)
Internationaler Sozialistischer Jugendbund/Internationaler Sozialistischer Kampfbund im Archiv der sozialen Demokratie (4/IJB-ISK)
Der Funke liegt digitalisiert in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung vor: https://library.fes.de/opac/id/7746818
Nora Walter: Verantwortung und Bewährung: Max Mayr, Erich Lewinski, Nora Platiel: Gedenkmatinee in Kassel am 14. Januar 1996. Niestetal, 1996.
Wolfgang Röll: Sozialdemokraten im Konzentrationslager Buchenwald: 1937 - 1945; unter Einbeziehung biographischer Skizzen. Göttingen, 2000.
Jörg Kammler: Volksgemeinschaft und Volksfeinde : Kassel 1933 – 1945. Eine Dokumentation. Fuldabrück, 1984
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