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Wir erleben gegenwärtig eine grundlegende Debatte um die Legitimität und Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien. Die berechtigte Empörung über Machtmissbrauch, Reformträgheit oder unzureichende Kontrolle sollte jedoch nicht zu dem Kurzschluss verleiten, dass dieser Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft im digitalen Zeitalter verzichtbar sei.
Bild: Bundestagswahl 1965, Wahlnacht im Fernsehen. von J. H. Darchinger / FES
Es waren sehr handfeste, gut begründete Überlegungen, die nach 1945 den Weg für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland bereiteten. Die Machtkonzentration im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und in der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft war ein wesentlicher Faktor der verheerenden nationalsozialistischen Medienbeherrschung ab 1933. Den westlichen Alliierten war deshalb klar, dass ein zentralisierter staatlicher Rundfunk keine Grundlage für eine demokratische Erneuerung der deutschen Gesellschaft bieten würde. Weder der Staat noch einzelne Parteien sollten die Programmgestaltung bestimmen können. Gleichzeitig konnte ein ausschließlich privatwirtschaftlich organisierter Rundfunk keine Alternative darstellen. Wenn Gewinnerwartungen und Kapitalinteressen über die Programmgestaltung entschieden, würden sachliche Information, Bildungsangebote und Ausgewogenheit auf der Strecke bleiben.
Also entschied man sich für ein Modell regionaler öffentlich-rechtlicher Anstalten. Der Nordwestdeutsche Rundfunk, bereits 1945 von der britischen Militärregierung ins Leben gerufen, orientierte sich am Vorbild der British Broadcasting Corporation (BBC). Anders als Großbritannien prägte in der Bundesrepublik jedoch die föderale Struktur des Landes die Rundfunkentwicklung. Die Gesetzgebung in Medienfragen lag folglich bei den Ländern, die somit gezwungen waren einheitliche Regelungen zu finden, während die regionalen Sendeanstalten sowohl in ihrer Struktur, als auch bei der Zusammenstellung des Programms auch regionale und lokale Besonderheiten berücksichtigen konnten. Die jeweiligen Rundfunkräte, besetzt aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, sollten Kontrolle und Unabhängigkeit gewährleisten und unterschiedliche Bedürfnisse artikulieren.
Konflikt um das „Deutschland-Fernsehen“
Rundfunk, das bedeutete zunächst ja vor allem: Radio bzw. Hörfunk. Ab 1954 sendete zwar die wenige Jahre zuvor gegründete „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD) ein gemeinsames Fernsehprogramm, es dauerte jedoch ein weiteres Jahrzehnt, bis entsprechende Empfangsgeräte flächendeckend in den Privathaushalten zu finden waren. Eine erste große Kontroverse um die gesellschaftliche Stellung des Rundfunks gab es um 1960, als Bundeskanzler Konrad Adenauer darauf drängte, ein neues staatlich kontrolliertes „Deutschland-Fernsehen“ zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht verhinderte dieses Ansinnen jedoch in einem wegweisenden Urteil im Februar 1961 und damit einen Versuch, parteipolitische Interessen und den direkten Einfluss der Bundesregierung im Rundfunk durchzusetzen. Das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), das stattdessen 1963 auf Sendung ging, war dagegen ebenfalls eine Sendeanstalt der Länder. Hinzu kamen nun auch nach und nach die dritten Regionalprogramme als eigenständige Fernsehkanäle der nun insgesamt neun öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die weiterhin eine Vielzahl von Radiosendern betrieben, finanziert aus einheitlichen Gebühren der Bürgerinnen und Bürger.
Durch die Genehmigung erster privater Fernsehsender in den 1980er-Jahren wurde die Medienlandschaft grundlegend revolutioniert. Dank Kabelnetz und Satellitenübertragung wuchs die Anzahl der Sender, der „Duale Rundfunk“ brachte aber auch eine ganz neue Dynamik mit sich, an die sich die öffentlich-rechtlichen Sender gewöhnen mussten. Werbefinanzierte Sender wie RTL und Sat1 entwickelten – vor allem – zahlreiche neue Unterhaltungsformate und erwarben internationale Serien- und Filmproduktionen, die insbesondere ein jüngeres Publikum adressierten. Aber auch speziellere Programme wie z.B. die Musiksender Viva und MTV oder reine Nachrichtenkanäle wie n-tv gingen nun auf Sendung.
In diese Jahre fiel auch das Ende der DDR und damit des DDR-Fernsehens. In den neuen ostdeutschen Bundesländern wurden mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (der ab 2003 gemeinsam dem vormaligen Sender Freies Berlin dann den Rundfunk Berlin-Brandenburg bildete) und dem Mitteldeutschen Rundfunk nun ebenfalls öffentlich-rechtliche Anstalten ins Leben gerufen. Auch hier standen die Akteure vor der schwierigen Herausforderung, die Nachwirkungen einer autoritären Gesellschaft zu überwinden und einen demokratischen Prozess zu befördern.
Mit der digitalen Kommunikationsrevolution, die durch die flächendeckende Verfügbarkeit des Internets und die Mobilfunknetze ermöglicht wurde, kamen für alle Medienschaffende in den 2000er-Jahren noch einmal ganz grundlegende Fragen auf. Die Datenverbindungen waren binnen weniger Jahre so schnell und stabil, dass auch die Übertragung audiovisueller Inhalte und bald auch das Streaming von Live-Sendungen und hochaufgelösten Filmen möglich wurden. Das lineare Rundfunkangebot sowohl öffentlich-rechtlicher als auch privater Natur war nun nicht mehr der favorisierte Weg, Informationen und Unterhaltung mit wenig Zeitverzug zu erhalten. Gleichzeitig ermöglichte die digitale Kommunikation über Soziale Medien nun interaktive Formate und unmittelbares Feedback. All dies hatte und hat fundamentale Auswirkungen auf die Art und Weise, wie öffentlich-rechtliche Medien sich heute präsentieren und organisieren müssen. Insbesondere der Ausbau der Mediatheken sowie die Fähigkeit, breite gesellschaftliche Kooperationen einzugehen und sich dem Dialog mit einem zunehmend differenzierten Publikum zu stellen, sind in der digitalen Transformation von entscheidender Bedeutung.
Aktuell steht ein Medienänderungsstaatsvertrag vor der Verabschiedung durch die Ministerpräsidenten und die Parlamente der Bundesländer. Er sieht weitreichende Reformen des Auftrags vor. Die Sender sollen mehr Autonomie bei der linearen Programmgestaltung erhalten und damit zugleich die Mediatheken und Themenportale stärken. Zugleich steht – auch angesichts der aktuellen Kontroverse – die große Frage im Raum, wie die Kontrollgremien, insbesondere die Rundfunkräte, fachlich gestärkt, unabhängiger von den Senderressourcen und gesellschaftlich vielfältiger besetzt werden können. Die öffentlich-rechtlichen Medien müssen hier Antworten geben, wenn sie ihre Rolle als demokratische Grundpfeiler auch im 21. Jahrhundert gegen die Konkurrenz von Google, Facebook, Netflix und BILD.tv behaupten wollen.
Philipp Kufferath
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