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Die Folgen der Pandemie und Klimakrise sind global, langfristig und asymmetrisch. Wie sich beide Krisen lösen lassen, erklärt uns Thomas Hirsch.
Nach allem was wir heute wissen, ist der ursächliche Treiber beider Krisen die globale Zerstörung der Natur durch uns Menschen. Am 22. April, dem „Earth Day“, haben sich der Dalai Lama und 100 weitere Nobelpreisträger*innen in einem Brief an die Regierungschefs gewandt und gefordert, der Zerstörung endlich ein Ende zu setzen - beginnend mit einem Ausstieg aus den fossilen Energien zur Eindämmung der Klimakrise. Auch die Pandemie scheint ein Resultat der Naturzerstörung: Weil wildlebende Arten – in diesem Fall vermutlich Schuppentiere, die als Zwischenwirt bei der Übertragung von SARS-CoV2 von der Fledermaus auf den Menschen dienten – ihres Lebensraumes beraubt bzw. gejagt und gehandelt werden, konnte das Virus leichter überspringen.
Neben dieser gibt es viele weitere Gemeinsamkeiten: Die Folgen von Pandemie und Klimakrise sind global, langfristig, vielschichtig und asymmetrisch. Sie treffen die Verletzlichsten und Ärmsten besonders hart, verschärfen soziale Ungleichheit, wirtschaftliche Not und Verschuldung. Beide Krisen offenbaren, wie fragil die meisten Gesellschaften sind. Natürlich gibt es auch viele Unterschiede. So mag die weltweite Eindämmung der Pandemie zwei bis drei Jahre dauern, deren wirtschaftliche und soziale Folgen zu bewältigen drei bis zehn Jahre. Die Bewältigung der Klimakrise aber ist eine Jahrhundertaufgabe.
Blickt man auf Lösungen eint beide Krisen, dass sie sich letzten Endes nur durch multilateral Zusammenarbeit und Abstimmung bewältigen lassen. Zweitens sind Klimakrise und Pandemie Ausdruck eines globalen Marktversagens und führen zu einer Rückbesinnung auf die Bedeutung eines starken Staates, der unverzichtbar bleibt, um wesentliche Funktionen der Daseinsvorsorge – ob im Gesundheitswesen, bei der Bereitstellung kritischer Infrastruktur oder dem Schutz der Gemeingüter – zu garantieren. Drittens muss für die Überwindung beider Krisen in den nächsten fünf bis zehn Jahren sehr viel Geld investiert werden, dass man nur einmal ausgeben kann. Daraus folgt, dass die Krisenbewältigungsstrategien zeitgleich und verzahnt erfolgen müssen. Die ersten Auswertungen zeigen freilich, dass nur 18 Prozent der bis Ende 2020 für langfristige Wiederaufbauprogramme aufgewendeten Investitionen als „grün“ bewertet werden können. Das ist viel zu wenig. Vor allem gilt das für Asien, wo je nach Land bislang nur zwischen 5 und 12 Prozent in grüne Aufbauprogramme flossen, gegenüber 47 Prozent in Deutschland und 71 Prozent in Norwegen.
Wenn das größte Wiederaufbauprogramm der Menschheitsgeschichte mit einem weltweiten Volumen von bis zu 20 Billionen anläuft, hat das deutlich eingeschränkte Handlungsspielräume in den öffentlichen Haushalten der nächsten zehn zur Folge. Deshalb ist es eine Gerechtigkeitsfrage, dass diese Investitionen sich auch rechnen bei der Bekämpfung der Klimakrise. Die stellt für Millennials und nachfolgende Generationen nämlich ein sehr viel größeres Problem dar als Corona. Also ist es nur recht und billig, dass Recovery-Programme stringent auf Treibhausgasneutralität, Zukunftsinvestitionen, Beschäftigung und soziale Gerechtigkeit ausausgerichtet werden. Dann wird aus der finanziellen Last eine riesige Chance! Die Konjunkturprogramme der nächsten Jahre werden über den Verlauf der nächsten Jahrzehnte entscheiden und Pfadabhängigkeiten festlegen. Sind diese auf Nachhaltigkeit und das 1,5 Grad Ziel ausgerichtet, kann es gelingen, dieses Jahrzehnt zu einem entscheidenden Jahrzehnt der sozial-ökologischen Transformation zu machen. Ich sehe gute Chancen, dass das gelingt. Es liegt in der Natur von Krisen, dass wir eine höhere Bereitschaft zeigen, Dinge in Frage zu stellen und Veränderungsprozesse zu beschleunigen.
COP26 ist die wichtigste Klimakonferenz seit Paris vor sechs Jahren: Zum einen, weil die Frist abläuft und alle Staaten ihre Klimaziele bis 2025 vorlegen müssen. Da heißt es jetzt‚ Farbe zu bekennen. Das gilt vor allem für die größten Volkswirtschaften, die G20, die für rund 80 Prozent aller Emissionen verantwortlich sind. Mehr Ambition ist machbar, wenn Recovery-Programme konsequent auf das Erreichen der Pariser Klimaziele ausgerichtet werden. Zum anderen müssen in Glasgow nach sechs Jahren die Vertragsverhandlungen endlich zum Abschluss kommen. Die wichtigste der noch offenen Fragen betrifft die Regulierung der künftigen internationalen Kohlenstoffmärkte.
Darüber hinaus stehen in Glasgow weitere wichtige Themen auf der Tagesordnung: Die Industrieländer müssen das Erreichen des internationalen Klimafinanzierungsziels von 100 Milliarden US-Dollar für Entwicklungsländer nachweisen. Es muss Fortschritte bei der Vereinbarung eines Zielkorridors für den weiteren Aufwuchs der Klimafinanzierung bis 2025 geben. Der Globale Süden erwartet Fortschritte bei der finanziellen und technischen Unterstützung der Klimaanpassung sowie der Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste. Und es braucht mehr Dynamik bei Programmen, die den sozialverträglichen Übergang in eine treibhausneutrale Wirtschaftsweise unterstützen. Alle diese Maßnahmen tragen dazu bei, Gesellschaften resilienter zu machen. Insofern schützen sie ein Stück weit auch vor künftigen Pandemien.
Die Fragen stellte Manuela Mattheß - sie war bis Mai 2021 Referentin für internationale Klima- und Energiepolitik.
Thomas Hirsch ist Gründer von Climate & Development Advice, einem internationalen Beraternetzwerk, das auf Klimaschutz- und Entwicklungspolitik spezialisiert ist.
Hirsch, Thomas; Mattheß, Manuela
La lucha global contra la crisis climática en tiempos de pandemia / Thomas Hirsch, Manuela Mattheß. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Politica Europea y Global, Noviembre 2021. - 20 Seiten = 260 KB, PDF-File. - (Perspectiva). - (Cambio climático, energía y medio ambiente)Einheitssacht.: Build forward better! . - Electronic ed.: Berlin : FES, 2021ISBN 978-3-98628-029-1
Zum Download (PDF) (260 KB, PDF-File)
Die globale Bekämpfung der Klimakrise in Zeiten der Pandemie / Thomas Hirsch, Manuela Mattheß. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Globale und Europäische Politik, Mai 2021. - 20 Seiten = 260 KB, PDF-File. - (Perspektive). - (Klimawandel, Energie und Umwelt)Electronic ed.: Berlin : FES, 2021ISBN 978-3-96250-909-5
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