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Am 22. Mai 2024 fand in Berlin die Fachtagung „Beitrag der Schiene für eine zukunftsfähige Mobilität in Berlin-Brandenburg aus arbeits- und strukturpolitischer Perspektive“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von den Landesbüros Berlin und Brandenburg der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Bezirk Berlin-Brandenburg. Die Tagungsmoderation hatte Lisanne Pucher, Dialogwerke, übernommen.
In seiner Begrüßung hob Felix Eikenberg, Leiter des Landesbüros Berlin der FES, die enge Verbundenheit der Regionen Berlin und Brandenburg hervor und betonte die Rolle der Gewerkschaften bei der Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und von mehr Demokratie in der Wirtschaft. Er bedankte sich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und unterstrich die Bedeutung der Mobilitätswende, insbesondere da Berlin-Brandenburg zu den wichtigsten Mobilitätsstandorten Deutschlands gehört.
Für den DGB-Bezirk Berlin-Brandenburg übernahm Nele Techen, stellv. Bezirksvorsitzende, die Begrüßung. Sie betonte die Relevanz des Themas Mobilität für alle und sprach sich für eine gut getaktete, zugängliche und bezahlbare Mobilität aus. Sie wies auf den dringend notwendigen und bisher nicht ausreichenden Beitrag des Verkehrssektors zum Klimaschutz hin und formulierte eine sozial-ökologische Verkehrswende als Ziel des DGB Berlin-Brandenburg. Weiter hob sie die Bedeutung von Tarifbindung, ausreichender Tarifentwicklung und betrieblicher Mitbestimmung hervor, besonders angesichts der vielen Beschäftigten im Verkehrs- und Logistiksektor. Sie betonte die Standort- und Beschäftigungssicherung und forderte erheblich mehr finanzielle Mittel für die Verkehrswende, bspw. für den Ausbau des ÖPNV.
Nach einem kulturellen Warm-up durch die Poetry-Slam-Meisterin Berlin-Brandenburg Lisa Pauline Wagner folgte der Impulsvortrag von Dr. Ingo Kucz, Geschäftsführender Gesellschafter der White Octopus GmbH, zum Thema „Zwischen Megapotenzial und Innovationsstau – Hypothesen zu Beschäftigung in der Bahnindustrie und Erreichbarkeit in Berlin und Brandenburg“. Er beleuchtete die Entwicklung der Bahnindustrie seit der Bahnreform 1994 und sprach über die zunehmende Komplexität und die stark zunehmenden Schnittstellen im System. Er stellte die Frage, wie sich die Bahnindustrie weiterentwickeln könnte, und prognostizierte, dass Original Equipment Manufacturers (OEMs) vermehrt in die Rolle von Verkehrsdienstleistern schlüpfen könnten. Dies basiert auf der Hypothese, dass die Dispositions- und Planungsleistung auf dem Markt beschaffbar sind und Eisenbahnverkehrsunternehmen sich von Verkehrsdienstleistern zu Personaldienstleistern entwickeln. Er verwies weiter auf die fehlende verkehrspolitische Vision und die starke emotionale Aufladung der verkehrspolitischen Diskussionen und die damit einhergehende schleppende Entwicklung in diesem Bereich. Dr. Ingo Kucz schloss mit der Forderung nach Ausweitung der Planungskapazitäten sowie der Nutzung eines erweiterten Begriffs des ÖPNV mit Erreichbarkeit als zentralem Element.
Das anschließende erste Panel widmete sich dem Thema „Mobilitätswende auf die Schiene setzen – Gute Arbeit im SPNV/ÖPNV und der Bahnindustrie“. Die Diskussionsteilnehmer_innen Cansel Kiziltepe, Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin, Jeremy Arndt, Fachbereichsleiter Verkehr im ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg, Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin, und Jenny Zeller, Personalvorständin der BVG, diskutierten den Fachkräftebedarf im ÖPNV, die Bedeutung guter Arbeitsbedingungen und die notwendigen politischen Maßnahmen für eine erfolgreiche Mobilitätswende. Senatorin Kiziltepe betonte die Rolle der Politik beim Insourcing und der Stärkung der Tarifbindungen, sowie die Wichtigkeit einer entsprechenden öffentlichen Vergabepolitik. Jenny Zeller unterstrich die Bedeutung attraktiver Arbeitsbedingungen zur Personalbindung, bspw. auch im Hinblick auf Lebensphasen, während Jeremy Arndt auf die Belastung der Beschäftigten im Fahrdienst hinwies und Reformen forderte, insbesondere in Hinsicht auf den Abbau des Investitionsstaus. Jan Otto äußerte sich besorgt über die Zukunft der Bahnindustrie in der Region und die Notwendigkeit, die Wertschätzung für gute Arbeit neu zu verhandeln und stellte klar, echte Wirtschaftsförderung ist nur durch Mobilitätsförderung zu erreichen.
Im Anschluss präsentierten Betriebs- und Personalrät_innen ihre Ansichten zur Mobilitätswende durch gute Arbeit. Katrin Hammerstädt von Alstom Hennigsdorf berichtete von den Herausforderungen und Kämpfen um den Erhalt des Standorts und der dortigen Arbeitsplätze. Florian Fröhlich von der EVG-Jugend (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) setzte sich für bessere Ausbildungsmethoden und Arbeitsbedingungen, bspw. An Lebensphasen angepasste Arbeitszeitmodelle ein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
In dem sich anschließenden zweiten Panel der Fachtagung diskutierten Katrin Müller-Wartig vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, Burkhard Rhein, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Sebastian Rüter, Vorsitzender der EVG Brandenburg, und Fritz Viertel, Vorsitzender des Landesverbandes Brandenburg im Verkehrsclub Deutschland, über die Erreichbarkeit als Ausbildungs- und Beschäftigungsbremse in der Hauptstadtregion. Der Fokus lag dabei auf Brandenburg. Katrin Müller-Wartig betonte die Notwendigkeit einer vermehrten Nutzung von staatlichen Unterstützungsangeboten, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Burkhard Rhein stellte die notwendige Straffung von Planungsverfahren und einer schnelleren Umsetzung dieser, sowie die Problematik der „letzten Meile“ zum Arbeitsplatz nach vorne. Sebastian Rüter verwies ebenfalls auf die erforderliche Beschleunigung von Planungsverfahren und die dringende Notwendigkeit nach mehr Sicherheit für die Beschäftigten und einer ausreichenden Willkommenskultur seitens der Arbeitgeber, um Fachkräfte gerade auch an kleineren Orten auch zu halten. Fritz Viertel stellte insbesondere die vereinfachte Reaktivierung von Bahnstrecken und die Schienenanbindung als bedeutenden Standortfaktor heraus. Die Schiene wurde grundsätzlich als Rückgrat der Mobilitätswende verstanden.
Die Konferenz endete mit den Schlussworten von Nele Techen und Urban Überschär, Leiter des Landesbüro Brandenburg der FES. Nele Techen betonte erneut die Notwendigkeit einer sozial-ökologische Verkehrswende, der Nachwuchsförderung und von mehr Tarifbindung in der Mobilitätsbranche. Urban Überschär dankte wie seine Vorrednerin allen Teilnehmenden und Mitwirkenden und hob schließlich noch hervor, wie wichtig es ist, die Emotionalität in den Mobilitätsdebatten zu reduzieren, sich auf das Thema Erreichbarkeit als zentrales Element zu fokussieren und wie entscheidend die Bereitstellung der Finanzierung für die Verkehrswende ist.
Das Programm zur Veranstaltung finden Sie hier.
Bild: von FES/REDPEAR
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