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Frauen sind in den politischen Nachrichten zu wenig vertreten. Journalist*innen und Redaktionen in der Mongolei versuchen dem etwas entgegenzusetzen.
Die mangelnde Repräsentanz von Frauen in der politischen Berichterstattung ist ein globales Problem. Aber Journalist*innen und Nachrichtenredaktionen in der Mongolei haben begonnen, sich für eine Bekämpfung des Gender-Bias in den Medien einzusetzen.
Als die Vorsitzende des Mongolischen Frauenverbandes Oyungerel Batnasan über die Ergebnisse des Dritten Eurasischen Frauenforums im Oktober 2021 berichtete, wurde nichts von dem, was sie sagte, in den Medien wiedergegeben. Stattdessen konzentrierte sich die Berichterstattung auf ihre Kleidung und ihr Aussehen. Ohne auch nur ein Wort über den eigentlichen Inhalt ihres Vortrages zu erwähnen schrieb beispielsweise die bekannte Tageszeitung Unuudur:
„Die Frauen bemängelten ihr Outfit und die Fotos, die von ihr veröffentlicht wurden”.
„Politikerinnen und ihre politischen Ansichten sind für Journalist*innen in der Mongolei oft unsichtbar,“ erklärt die Parlamentsabgeordnete Munkhtsetseg Tserenjamts. „Wenn auf einer Veranstaltung Politikerinnen anwesend sind, wenden sich die Journalist*innen meist an die Männer. Oftmals enthält die Berichterstattung keinen einzigen Standpunkt einer Frau,“ sagt sie. „Die Männer dominieren die politischen Nachrichten,” so Munkhtsetseg.
„Es bricht mir das Herz, dass den Nachrichtenredaktionen jegliches Gespür für Geschlechtergerechtigkeit fehlt.“
Eine aktuelle Studie des Medienrates der Mongolei fand heraus: Nur eine von zehn genannten Quellen in den politischen Nachrichten in Zeitungen und auf Online-Nachrichtenseiten sind Frauen. Werden sie erwähnt, dominieren Sexismus und Stereotype. Es wird beispielsweise in Frage gestellt, ob sie als Politikerinnen überhaupt gute Ehefrauen und Mütter sein können oder es wird wie besessen ihr äußeres Erscheinungsbild analysiert.
Beispielsweise machte Anfang 2021 Jargalsaikhan Bazarsad, der Vorsitzende der Mongolischen Republikanischen Partei, sexistische Bemerkungen über die Parlamentsabgeordnete Anujin Purev-Ochir. Er warf ihr in einem Interview mit LiveTV.mn fälschlicherweise vor, vier Kinder mit vier unterschiedlichen Männern zu haben. Auch wenn der Sender den frauenfeindlichen Kommentar aus der finalen Version des Interviews herausschnitt, wurde er auf der Facebook-Seite von LiveTV.mn als Teil der Werbung für das Interview ausgestrahlt. Die Nachrichtenredaktion löschte diese Inhalte innerhalb einer Stunde von ihrer Seite, als sie bemerkte, dass dadurch der Ruf der Parlamentsabgeordneten geschädigt wurde. „Aber es war schon zu spät,” sagt Shuree Sukhbaatar, die Journalistin, die das Interview führte. „Es hat nichts genutzt, den Inhalt zu entfernen, denn er war bereits Hunderttausende Male geteilt und heruntergeladen worden. Anujin bekam die Konsequenzen zu spüren und stellte bei der Polizei Anzeige wegen Verleumdung. Obwohl die Aussage des Politikers falsch war, stellten die zahllosen Fragen laut Anujin besonders für ihre beiden jugendlichen Töchter eine große emotionale Belastung dar.
Die Nachrichtenredaktion war sich nicht bewusst, dass sie sexistische und beleidigende Kommentare über die Politikerin verbreitete, denn sie hatte keine Leitlinien oder Kenntnisse darüber, erklärt Shuree. Um den Gender-Bias in der politischen Berichterstattung zu beseitigen, unterstützt der Medienrat der Mongolei Journalist*innen und Nachrichtenredaktionen unter anderem mit Schulungen dabei, eine gendersensible Berichterstattung einzuführen. Begleitet wird dieser Prozess von der Koreanischen Agentur für Internationale Zusammenarbeit (KOICA) und vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) mit einem Projekt zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter bei der staatlichen Entscheidungsfindung. Shuree Sukhbaatar fand die Schulungen des Medienrates sehr hilfreich. Sie erkennt nun Dinge, die ihr zuvor nicht aufgefallen waren:
„Mir war nie bewusst, dass wir weniger Frauen zitierten. Das war für uns wie ein blinder Fleck.“, „Nun versuche ich, mehr Frauen zu interviewen.”
Obwohl viele Nachrichtenredaktionen und Journalist*innen diese Initiative unterstützen, ist es schwierig, in den politischen Nachrichten mehr Frauen zu zeigen, da Frauen in der Politik unterrepräsentiert sind. Munkhtsetseg ist eine von nur 13 weiblichen Parlamentsabgeordneten, die 17 Prozent der Parlamentssitze einnehmen. Diese Zahl liegt weit unter dem internationalen Durchschnitt von 25,5 Prozent und dem asiatischen Durchschnitt von 20 Prozent. Laut dem Monatlichen Ranking des Frauenanteils in nationalen Parlamenten liegt die Mongolei auf Platz 134 von 187 Ländern.
Aber die Situation war nicht immer so schlecht. 1924 wurde die Mongolische Volksrepublik das erste asiatische Land, das Männern und Frauen in seiner ersten Verfassung gleiche Rechte einräumte, einschließlich des Rechts zu wählen und gewählt zu werden. Dank des Quotensystems, das die Geschlechterkluft in der Politik schließen sollte, war etwa ein Viertel der Parlamentsabgeordneten Frauen. Nach der friedlichen demokratischen Revolution von 1990 schaffte es die Mongolei, eine moderne Demokratie mit einem Mehrparteiensystem aufzubauen. Obwohl der Demokratisierungsprozess und die Verfassung von 1992 bekräftigten, dass Bürgerinnen und Bürger die gleichen Rechte auf zivile und politische Aktivitäten hätten, fiel der Anteil der im Parlament vertretenen Frauen im Jahr 1992 auf 3 Prozent. Wenn der derzeitige Frauenanteil von 17 Prozent weiter steigen soll, muss noch viel getan werden, um die Herausforderungen für weibliche Kandidaten zu reduzieren.
Munkhtsetseg, die für die regierende Mongolische Volkspartei (MPP) im Parlament sitzt, ist mit der Überarbeitung des Gesetzes über politische Parteien befasst. Sie schlägt vor, die Quote für weibliche Kandidaten von derzeit 20 auf 40 Prozent anzuheben und finanzielle Anreize zur Förderung weiblicher Kandidaten ins Gesetz aufzunehmen. „Dieser Vorschlag ist im Entwurf für das neue Gesetz enthalten, um die Gleichstellung der Geschlechter zu sichern. Die Mongolische Volkspartei unterstützt ihn, und wir hoffen, dass andere Parteien nachziehen,” sagt Munkhtsetseg. Doch selbst wenn das gelingt, werden weibliche Kandidaten nicht genügend Stimmen erhalten, da die mongolischen Medien zu einseitig über männliche Politiker berichten. Gemäß dem Monitoring der Fernsehberichterstattung über die Parlamentswahlen von 2020 durch Globe International vergab der Mongolische Nationale Rundfunk 81 Prozent seiner Sendezeit an männliche Kandidaten und nur 19 Prozent an Frauen. Bei anderen, privaten Sendeanstalten war die Lage noch schlimmer. Beim Sender TV9 erhielten männliche Kandidaten 90 Prozent der Sendezeit, weibliche Kandidaten nur 10 Prozent.
Die mangelnde Repräsentanz von Frauen in der politischen Berichterstattung ist ein weltweites Problem. Laut einer Untersuchung des Global Media Monitoring Project aus dem Jahr 2020 sind nur 18 Prozent der in den Informationsmedien erscheinenden Regierungsmitglieder, Politiker, Minister und Sprecher Frauen. Andererseits lag der Frauenanteil bei den Personen, die sich in den Medienbeiträgen um Haushalt und Kinder kümmerten, bei 68 Prozent. Es gibt einen gewissen Trend zur Verbesserung, aber diese erfolgt nur langsam.
„Es wird mindestens 67 Jahre dauern, bis die durchschnittliche Ungleichstellung der Geschlechter in den traditionellen Nachrichtenmedien überwunden sein wird,“ betont der Bericht.
Journalist*innen und Nachrichtenredaktionen in der Mongolei haben begonnen, sich für eine Bekämpfung des Gender-Bias in den Medien einzusetzen. So wurde Mpress.mn zur ersten Nachrichtenseite, die durch ihre Richtlinien für die Nachrichtenredaktion in der Mongolei die Gleichstellung der Geschlechter in der politischen Berichterstattung fördert. „Unsere Nachrichtenredaktion wird weibliche Führungspersonen bis zu den Wahlen 2024 unterstützen,” sagt Ariunbileg Oyunbilegt, Gründerin und Redakteurin von mpress.mn. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass ihre Stimmen bei unseren Leserinnen und Lesern gehört werden und werden darüber informieren, wie mehr weibliche Volksvertreter sich positiv auf unsere Gesellschaft und unser Land auswirken werden”.
„Wir werden auch unsere alltäglichen Inhalte durch eine ‚Gender-Linse‘ betrachten.” (Ariunbileg Oyunbilegt)
Am Tag unseres Treffens verbrachte Shuree mehrere Stunden auf dem Sukhbaatar-Platz, um anlässlich des Tages des Soldaten die erste Generalin der Mongolei, G. Bolor, zu interviewen. „Das ist das erste Mal in der 101-jährigen Geschichte der mongolischen Streitkräfte, dass eine Frau den Rang einer Generalin erreicht. Nach 101 Jahren!“, sagt Shuree.
„Ich glaube, wir Frauen müssen uns alle gegenseitig unterstützen"
Munkhchimeg Davaasharav ist freiberufliche Journalistin und Medienberaterin und lebt in Ulaanbaatar, Mongolei. Derzeit arbeitet sie als unabhängige Beraterin beim Medienrat der Mongolei.
Dieser Artikel erschien in englischer Sprache im Original auf asia.fes.de
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