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Die EU GEAS-Reform: Ein Schritt nach vorn oder weiter wie bisher?

Kann die Reform echte Solidarität schaffen, oder ist sie nur ein Flickenteppich aus politischen Kompromissen? Eine Studienreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Foundation for European Progressive Studies und des European Policy Centre (Englisch).

Der Neue Pakt zu Migration und Asyl der Europäischen Union wurde als umfassende Reform angekündigt, mit der die grundlegenden Probleme des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gelöst werden sollen. Doch auch wenn der Pakt ein ehrgeiziges Ziel verfolgt, so stellt sich doch die Frage, ob er auch die angekündigte Fairness und Solidarität liefern wird - oder ob er lediglich die gleichen unzulänglichen Ansätze unter einem neuen Deckmantel recycelt.

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Foundation for European Progressive Studies und das European Policy Centre die wichtigsten Aspekte des Neuen Pakts in unserer vierteiligen Studienreihe (Englisch) analysiert. Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:
 

Durchbruch oder nur politischer Kompromiss?


Das Herzstück des Neuen Pakts ist eine neu gestaltete Verordnung zur Asyl- und Migrationssteuerung (AMMR), die die ungleiche Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten ausgleichen soll. In der Vergangenheit hat das sogenannte Dublin-System die südlichen EU-Länder unverhältnismäßig stark unter Druck gesetzt, da sie als Ersteinreiseländer für den Asylprozess der eingereisten Schutzsuchenden zuständig waren. Der neue Pakt führt einen flexiblen "Solidaritätsmechanismus" ein, der alle Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, einen Beitrag zu leisten, entweder durch die Umsiedlung von Asylbewerbern, finanzielle Hilfen oder Sachleistungen. Auf dem Papier ist dies ein Durchbruch.

Dennoch behält das neue System die umstrittene Regel der Ersteinreise bei, die die Hauptverantwortung für schutzsuchende Menschen den Grenzstaaten auferlegt. Mit anderen Worten: Die grundsätzliche Schieflage bleibt bestehen - die Staaten an der EU-Grenze werden nach wie vor die meisten Asylbewerber aufnehmen und prüfen, während die anderen Mitgliedstaaten nur im Rahmen eines Patchwork-Systems Hilfe leisten. Dies ist nicht die kühne Neuausrichtung, auf die viele gehofft hatten, sondern eher ein politischer Kompromiss, der darauf abzielt, zögerlichere Mitgliedsstaaten zu beschwichtigen. Echte Solidarität, so scheint es, bleibt ein weit entfernter Traum.

The New European Solidarity Mechasnism: Towards a Fair Sharing of Responsibility Between Member States?

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Externalisierung: Eine riskante Strategie


Die externe Dimension des Pakts macht die Sache noch komplizierter. Sie fördert zwar die Zusammenarbeit mit Drittländern, um irreguläre Migration zu verhindern und die Rückkehr zu erleichtern, doch birgt diese Strategie erhebliche Risiken. Es besteht die reale Gefahr, dass die EU der Eindämmung irregulärer Migration den Vorrang vor dem Schutz für schutzbedürftige Menschen einräumt und ihre Verantwortung an Länder mit fragwürdiger Menschenrechtsbilanz auslagert.

Der Fokus auf die Externalisierung von Migrationssteuerung könnte sich negativ auswirken - sowohl zum Nachteil schutzbedürftiger Menschen als auch im Hinblick auf das Ziel der EU, ein widerstandsfähigeres und gerechteres Gemeinsames Europäisches Asylsystem zu schaffen. Dies könnte jedoch verhindert werden, wenn vor und während der Umsetzung der Reformen umfassende Begleitmaßnahmen ergriffen werden.

Responsibility-Sharing or Shifting? Implications of the New Pact for Future EU Cooperation With Third Countries

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Ungewissheit in zukünftigen Krisen


Die neu verabschiedete Verordnung über Krisen und höhere Gewalt legt Verfahren fest, um zu bestimmen, wann ein Mitgliedstaat mit einer Krisensituation konfrontiert ist und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Sie verspricht zwar ein koordinierteres Vorgehen in künftigen Krisen, doch die genauen Modalitäten bleiben unklar. Die Flexibilität der Verordnung könnte zu einer uneinheitlichen Anwendung führen, und lässt somit rechtliche Freiräume bei der Interpretation, wann die Mitgliedstaaten bestimmte Gesetze temporär aussetzen können. Dies kann in Notfällen zu schnellen Lösungen führen, geht aber auf Kosten der Rechtssicherheit und möglicherweise der Menschenrechte. In Anbetracht dessen reichen die neu verabschiedeten Regeln nicht aus, um das Krisenmanagement der EU zukunftssicher zu machen.

Um möglichen Herausforderungen zu begegnen, müssen Ausstiegsstrategien von allen Ausnahmeregelungen von Anfang an Teil der Krisenreaktion sein. Alle möglichen Maßnahmen zur Krisenprävention und zum Krisenmanagement - nicht nur Ausnahmeregelungen - sollten in Betracht gezogen werden. Dies ist notwendig um eine wirksame Antwort auf Krisen zu finden und gleichzeitig das Risiko von Rechtsverletzungen und negativen Spillover-Effekten für die EU zu minimieren.

The Crisis and Force Majeure Regulation: Towards Future-Proof Crisis Management And Responses?

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Optimierung auf Kosten des Schutzes?


Eine weitere wichtige Reform im Rahmen des Neuen Pakts ist die Einführung neuer Prüf- und Grenzverfahren, die die Bearbeitung von Asylbewerbern an den Außengrenzen beschleunigen sollen. Effizienz ist im Zusammenhang mit heterogenen Migrationsbewegungen wichtig. Jedoch geben die verkürzten Fristen Anlass zur Sorge. Werden Asylbewerber bei diesen beschleunigten Verfahren eine faire Anhörung erhalten? Wird es angemessene Bedingungen und Schutzmaßnahmen für diejenigen geben, die diese Verfahren durchlaufen?

Auf der Suche nach einem „nahtlosen“ Migrationsprozess besteht die Gefahr, dass die EU der Schnelligkeit Vorrang vor der Qualität der Asylentscheidungen einräumt, was zu unrechtmäßigen Abschiebungen oder unzureichendem Schutz für diejenigen führen kann, die ihn am dringendsten benötigen. Die Herausforderung wird darin bestehen, ein Gleichgewicht zwischen Effizienz und der Einhaltung der internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsvorschriften zu gewährleisten. Durch klare Regeln in Bezug auf den Freiheitsentzug und den Schutz schutzbedürftiger Antragsteller sowie durch eine wirksame Überwachung im neuen System könnte dies gelingen.

The New Screening And Border Procedures: Towards a Seamless Migration Process?

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Fazit: Politischer Wille erforderlich


Der Neue Pakt zu Migration und Asyl wird sich grundlegend auf den Umgang der EU mit einem höchst kontroversen und komplexen Thema auswirken. Auch wenn er zu einer gewissen Verteilung der Verantwortung und einer besseren Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten führen kann, so bleibt er doch hinter den grundlegenden strukturellen und politischen Herausforderungen zurück, mit denen das Gemeinsame Asylsystem der EU konfrontiert ist. Echte Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ist nach wie vor schwer vorstellbar, die externe Dimension birgt erhebliche ethische Risiken, und die Krisenmanagementmechanismen könnten mehr Unsicherheit als Klarheit schaffen.

Letztendlich wird die Wirksamkeit des Neuen Pakts nicht von den Reformen selbst abhängen, sondern davon, wie engagiert die Mitgliedstaaten sind, sie umzusetzen - und wie sehr sie bereit sind, ihren Ermessensspielraum zu nutzen und ergänzende Maßnahmen in den Umsetzungsprozess einzubeziehen. Ohne politischen Willen und ein stärkeres Engagement für den Schutz der Menschenrechte könnte der Neue Pakt nur ein weiterer Streitpunkt in der Auseinandersetzung der EU über den Umgang mit Schutzsuchenden und Migrant:innen werden.


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