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Zweite Veranstaltung in der Reihe „Zukunft der Arbeit in NRW – mit Erfahrungsstärke den Wandel der Arbeitswelt gestalten“
Nachdem die Veranstaltungsreihe „Zukunft der Arbeit in NRW“ im Mai mit der Auftaktveranstaltung zur chemischen Industrie in Leverkusen eröffnet wurde, stand nun bei der zweiten Veranstaltung die Automobilindustrie im Fokus. Die Veranstaltung fand im Hotel Sportalm Gipfelglück in Lüdenscheid statt. Lüdenscheid sowie zahlreiche umliegende Gemeinden sind Standorte vieler Zulieferunternehmen in der Automobilbranche.
Folglich spürt man insbesondere in dieser Region den Wandel der Arbeitswelt in der Automobilindustrie, die mehr denn je als Symbol für gesellschaftliche Transformation steht. So führen Digitalisierung und Nachhaltigkeitsziele zu großen Veränderungen und Herausforderungen, insbesondere bei den Beschäftigten. Wie die aktuellen Transformationsprozesse nun gestaltet werden sollen, wurde intensiv mit Vertreter_innen aus Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften, Betriebsräten und Belegschaft diskutiert.
Im Zuge seiner Eröffnung betonte Damian Jordan, Referent im Landesbüro NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass der Wandel der Arbeitswelt Vorteile mit sich bringt, gleichzeitig aber auch zu Verunsicherung auf Seite der Arbeitnehmer_innen führen kann. Folglich sei es der Kern der Debatte, die Frage zu beantworten, wie Beschäftigte zu aktiven Gestalter_innen der Transformation werden können.
In der daran anschließenden Begrüßung durch Sebastian Wagemeyer, Bürgermeister von Lüdenscheid, hob dieser die enorme Relevanz des Themas der Veranstaltung für die Stadt und die Region hervor. Langfristiges Ziel müsse eine Entwicklung „von der Industrie im Grünen zur grünen Industrie“ sein. Einerseits unterstrich Wagemeyer daraufhin das große Potential, das in der Region stecke, um den erheblichen Strukturwandel zu meistern. „Wir werden Unterstützung benötigen“, konstatierte er jedoch andererseits und verwies in dem Zusammenhang auf die für Jahre gesperrte Rahmede-Talbrücke und die für Unternehmen derzeit problematische Gasversorgung, weshalb man auf Strukturfördermittel angewiesen sei.
Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW, ordnete daran anschließend den Wandel der Arbeitswelt in den größeren Kontext eines von ihr geforderten „Transformationsjahrzehnts“ ein und betonte zudem die massiven Herausforderungen durch eine Vielzahl externer Krisen, den Fachkräftemangel und das Umstellen auf neue Produkte, Dienstleistungen und Prozesse. Im Zentrum ihrer Keynote stand das von ihr skizzierte gleichschenklige Dreieck aus Demokratie, Ökologie und Sozialem, das für die Bewältigung der Transformation Orientierung bietet. Mit Blick auf den Aspekt der Demokratie hob sie hervor, dass der Wandel möglichst mit den in den Unternehmen bestehenden Belegschaften angegangen werden solle. „Durch Beteiligung Sicherheit im Wandel vermitteln“ sei dabei das anvisierte Ziel. Als Positivbeispiel hob sie das Projekt Arbeit 2020 in NRW hervor, bei dem es gelang, Unternehmen zu animieren, die Zukunft des Betriebs nicht expertokratisch, sondern auf Basis breiter Mitbestimmung zu planen. Sie schloss ihr Statement mit der Forderung ab, dass Transformation nicht nur auf Wachstum, sondern insbesondere auch auf soziale Aspekte ausgerichtet sein müsse und es daher unabdingbar sei, verschiedene Akteure an einen Tisch zu bringen, um „Transformations-Netzwerke“ zu bilden. Dieser Prozess werde in der Region Lüdenscheid bereits angestoßen.
Die darauffolgende Podiumsdiskussion eröffnete Moderatorin Yara Welpott mit der Frage danach, wie sogenannte Megatrends die im Zentrum der Debatte stehende Automobilindustrie verändern. „Es gibt keinen Automatismus“ entgegnete Prof. Hartmut Hirsch-Kreinsen, Research Fellow an der Sozialforschungsstelle der TU Dortmund, und unterstrich, dass technische Veränderungen keine eindeutigen Konsequenzen für die Arbeitswelt haben, zumal man zwischen großen und kleinen Unternehmen differenzieren müsse. Fabian Ferber von der IG Metall im Märkischen Kreis hob die Antriebsveränderung als zentralen Megatrend in der Autoindustrie hervor und betonte in dem Zusammenhang die Bedeutung des Erhalts von Arbeitsplätzen. Ein Worst-Case-Szenario für die Region, das ihm Sorgen bereite, sei eine Entwicklung wie im „Rustbelt“ der USA. Um diese Analogie zu verhindern, sei eine Orientierung an dem von Anja Weber illustrierten gleichschenkligen Dreieck essentiell. Dr. Johanna Renker kritisierte ergänzend, dass in der Praxis oft neue Technologien oder Arbeitsabläufe eingeführt werden, ohne gleichzeitig Schulungen durchzuführen. Für eine gelungene Transformation und den effektiven Umgang mit neuen Megatrends schlussfolgerte sie demnach: „Qualifizierung ist das Schlüsselelement.“
Auch Manuel Bunge, Betriebsrat bei Kostal in Lüdenscheid, ging auf das Thema Qualifizierung ein und erklärte, dass diese in der Kurzarbeitszeit im Zuge der Corona-Pandemie auf der Strecke blieb. Darüber hinaus kritisierte er generell, dass gering qualifizierte Beschäftigte zu wenig gefördert werden und dass dies „in keinem Verhältnis zu ohnehin Hochqualifizierten“ stehe.
Als Reaktion auf die Frage von Yara Welpott nach politischen Handlungsmöglichkeiten warb Gordan Dudas, Landtagsabgeordneter und Mitglied im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, für die Einführung von „Digitalisierungslotsen“, die Unternehmen auf dem Gebiet der Digitalisierung beraten. Des Weiteren setze er sich für die finanzielle Unterstützung von Unternehmen ein, beispielsweise in Form eines Fonds.
Mit Blick auf Best-Practice-Beispiele und positiv besetzte Narrative für das Gestalten der Transformation nannte Prof. Hartmut Hirsch-Kreinsen erneut das Projekt Arbeit 2020 in NRW als Vorbild. „Lasst uns von den Beschäftigten aus denken“, sei laut Dr. Johanna Renker zudem eine Strategie, die von Unternehmen noch stärker verfolgt werden müsse. Darüber hinaus motivierte sie die Beschäftigten, proaktiv Ideen zu entwickeln und auf den Arbeitgeber zuzugehen.
Im letzten Teil der Podiumsdiskussion thematisierten die Gesprächspartner_innen den von Hirsch-Kreinsen angesprochenen möglichen Prozess der Deglobalisierung, im Zuge derer Unternehmen zentrale Prozesse zurückholen und dadurch den eigenen Standort fördern können. Fabian Ferber veranschaulichte in dem Zusammenhang, dass sich die Zulieferbranche im Märkischen Kreis in einer „Sandwichposition“ befinde: Sowohl Stahlhersteller auf der einen als auch die Autoindustrie auf der anderen Seite üben Druck auf die Branche aus. Zusammen mit fragilen Lieferketten im Zuge des Ukraine-Kriegs führen diese Umstände zu der Tatsache, dass es sicherer sei, „hier vor Ort zu produzieren“. Auch Gordan Dudas kritisierte einen „Hunger nach Expansion“, der seiner Ansicht nach negative Konsequenzen für die soziale Ebene habe. Stattdessen hob er positiv hervor, dass Unternehmen die Möglichkeit hätten, vor Ort stabile Wertschöpfungsketten aufzubauen. Manuel Bunge gab daraufhin zu bedenken, dass bei vielen Firmen weiterhin die reine Kostensenkung im Vordergrund stehe und Nachhaltigkeit sowie das Funktionieren von Lieferketten untergeordnete Ziele seien. Gleichwohl forderte auch er im Sinne seiner Vorredner, dass sich soziale und nachhaltige Ziele in den Einkaufsstrategien der Unternehmen widerspiegeln müssen.
Abschließend wurden Fragen und Anmerkungen aus dem Plenum aufgegriffen, im Zuge dessen unter anderem angesprochen wurde, dass sich aufgrund mangelnder sozialer Durchlässigkeit bestimmte Denkmuster verfestigen, die einem Wandel im Sinne des Zusammenspiels von Demokratie, Ökologie und Sozialem im Wege stehen. Gordan Dudas bekräftigte dieses Argument und forderte, dass nicht nur wirtschaftliche und technische Aspekte berücksichtigt werden dürfen. „Nicht wie ein Herr Musk, der das von oben herab macht“, sondern unter Beteiligung der Beschäftigten müssen laut ihm Transformationsprozesse gestaltet werden.
In drei separaten World-Cafés debattierten die Teilnehmenden anschließend in Kleingruppen intensiv über die Themen Digitalisierung im Arbeitsalltag, Formen der Mitbestimmung sowie politische Rahmenbedingungen. Zum einen kristallisierte sich die Forderung heraus, bei Qualifizierungsmaßnahmen alle Beteiligten – junge und alte Mitarbeiter_innen sowie Führungskräfte – mitzunehmen. Zum anderen wurde das Ziel der Wirtschaftsdemokratie formuliert und die großen Anforderungen an Betriebsräte hervorgehoben, die dafür wiederum mehr Freistellungen benötigen. Darüber hinaus wurde in Richtung der politischen Entscheidungsträger_innen unter anderem gefordert, dass Beschäftige am Gewinn der Unternehmen profitieren sowie dass regionalspezifische Fördermaßnahmen mit Blick auf den Wandel der Arbeit entwickelt werden sollen. Des Weiteren wurde die Idee entwickelt, Qualifizierungsmaßnahmen steuerlich zu fördern. Gordan Dudas versicherte abschließend, diese und andere Ideen und Anregungen in seine politische Arbeit einfließen zu lassen.
Veranstaltungsnummer: 259418 – als .ics herunterladen
Die Arbeitswelt in NRW ist im Wandel. Durch Digitalisierung verändern sich Geschäftsmodelle, Berufsbilder, Arbeitsplätze und die Arbeitsorganisation in vielen Branchen enorm. Diese Transformationsprozesse führen auf Beschäftigtenseite oft zu Verunsicherungen. In vielen Bereichen bestehen Befürchtungen der Substituierung von Arbeitsplätzen durch Künstliche Intelligenz. In der zweiten Veranstaltung unserer Reihe steht die Automobilindustrie im Mittelpunkt. Sie ist ein großer und wichtiger Wirtschaftszweig in NRW und steht mehr denn je als Symbol für einen gesellschaftlichen Wandel. Digitalisierung und Nachhaltigkeitsziele führen zu großen Veränderungen der Arbeitswelt der Beschäftigten. Wie diese Transformation gestaltet werden kann, soll mit Wissenschaftler_innen, Politiker_innen, Betriebsräten und vor allem den Arbeitnehmer_innen aus der von der Automobilindustrie geprägten Region diskutiert werden.
Dienstag, 21.06.2217:30-20:00 Uhr
Teilnahmepauschale keine
Lüdenscheid
Henrike Allendorf Henrike.Allendorf@fes.de
Kontaktanschrift
Friedrich-Ebert-StiftungLandesbüro NRWGodesberger Allee 14953175 BonnTel. 0228-883-7202, Fax 0228-883-9208
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