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Warum Digitalisierung den Reformdruck erhöht, beleuchtet Sarah Ganter in ihrer Bestandsaufnahme für das FES-info Magazin.
Bild: Zeit für Steuern von Marco Verch lizenziert unter CC BY 2.0
Die Bestandsaufnahme erschien zu erst im fes-Info Magazin 02/2019.
Die öffentliche Empörung über die geringen Steuerzahlungen großer Techkonzerne wächst. Anfang des Jahres kam heraus, dass Google jährlich ganz legal zwischen 15 bis 20 Milliarden Euro über eine holländische Briefkastenfirma nach Bermuda verschiebt. Die Diskussion darüber, wie die Digitalwirtschaft sinnvoll besteuert werden kann, zeigt dabei einmal mehr, wie wenig das internationale Steuersystem den Anforderungen unserer Zeit gerecht wird.
Geschäftsmodelle, die auf dem Austausch immaterieller Güter wie Daten beruhen und Arbeitsbeziehungen dezentral über digitale Plattformen organisieren, machen es besonders einfach, den Unternehmenssitz da anzusiedeln, wo niedrige oder gar keine Steuern erhoben werden. Auch die Frage, wo Wertschöpfung überhaupt stattfindet, lässt sich in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft nur schwer beantworten. Neu sind diese Fragen aber nicht.
Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OEZE) versucht bereits seit 2015 Reformen einzuleiten, um Steuersümpfe trocken zu legen und Schlupflöcher zu schließen. Trotzdem gelingt es auch weniger digitalisierten multinationalen Unternehmen (MNU) nach wie vor, im großen Stile, Gewinne durch Verlagerung in Steueroasen dem Zugriff nationaler Steuerbehörden zu entziehen. Den Staaten entgehen dadurch jährlich Milliarden, die dringend für öffentliche Investitionen und die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele gebraucht werden. Das gegenwärtige System benachteiligt vor allem Entwicklungsländer. Die Unternehmenssteuern machen dort einen höheren Anteil am gesamten Steueraufkommen aus, weil die Einkommenssteuern deutlich niedriger liegen als im OECD-Durchschnitt. Statt einer Sonderlösung für die sogenannten GAFA (Google, Amazon, Facebook und Apple) werden deshalb Stimmen immer lauter, die ein grundsätzliches Umdenken fordern. Denn ob digital oder nicht, klar ist, dass MNU prinzipiell anders besteuert werden müssen.
Um die Diskussion über eine grundlegende Reform für ein gerechteres und inklusiveres internationales Steuersystem jenseits nationaler Eigeninteressen voranzutreiben, arbeitet die Friedrich-Ebert-Stiftung eng mit der Unabhängigen Kommission zur Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) zusammen. Aus Sicht der Kommission wurde bei den bisherigen Reformbemühungen versäumt, das eigentliche Kernproblem der Besteuerung von MNU anzugehen. Transnational agierende Konzerne werden steuerlich nicht als ein großes Unternehmen behandelt, sondern als viele verbundene Einzelunternehmen. Das ermöglicht ihnen einen einfachen Trick auszunutzen: Sie treiben Handel mit sich selbst, in dem sie Güter und Dienstleistungen im Produktionsprozess zwischen den Standorten verschieben. In der Preisgestaltung sind sie dabei weitgehend frei, denn es lässt sich kaum objektiv beziffern, wie hoch der Wert eines halbfertig gestellten T-Shirts ist. Die Unternehmen können so beeinflussen, wo Gewinne deklariert und Steuern bezahlt werden.
In einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft gilt das umso mehr. ICRICT tritt deshalb dafür ein, MNU mit einer Gesamtkonzernsteuer als Ganzes in den Blick zunehmen. Dabei würden die Steuereinnahmen nach Kriterien wie Umsatz, Beschäftigung, aber auch digitalen Nutzer_innen, zwischen den einzelnen Ländern aufgeteilt. Um dem internationalen Wettbewerb um Niedrigsteuern entgegen zu wirken, setzt ICRICT außerdem auf eine globale Mindeststeuer, wie sie von Deutschland und Frankreich vorgeschlagen wurde. Die sollte nach den Vorstellungen von ICRICT den effektiven Mindeststeuersatz zwischen 20 und 25 Prozent ansiedeln. Dann bliebe auch den großen Techkonzernen nichts anderes übrig, als ihren gerechten Anteil der Steuerverantwortung zu tragen.
Die Unabhängige Kommission zur Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) wurde 2014 von einer breiten zivilgesellschaftlichen Allianz ins Leben gerufen. Die Kommission setzt sich aus prominenten Ökonom_innen aus Nord und Süd zusammen. Neben dem Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, sind berühmte Wirtschaftswissenschaftler_innen wie Thomas Piketty aus Frankreich und Jayati Gosh aus Indien vertreten. Geleitet wird die Kommission vom früheren UN-Untergeneralsekretär José Antonio Ocampo. Die Friedrich-Ebert-Stiftung arbeitet seit den Anfängen eng mit ICRICT zusammen.Weitere Informationen über die Arbeit der Kommission unter: www.icrict.com
Die Unabhängige Kommission zur Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) wurde 2014 von einer breiten zivilgesellschaftlichen Allianz ins Leben gerufen. Die Kommission setzt sich aus prominenten Ökonom_innen aus Nord und Süd zusammen. Neben dem Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, sind berühmte Wirtschaftswissenschaftler_innen wie Thomas Piketty aus Frankreich und Jayati Gosh aus Indien vertreten. Geleitet wird die Kommission vom früheren UN-Untergeneralsekretär José Antonio Ocampo. Die Friedrich-Ebert-Stiftung arbeitet seit den Anfängen eng mit ICRICT zusammen.
Weitere Informationen über die Arbeit der Kommission unter: www.icrict.com
Die vollständige Ausgabe der FES-info 2/2019 zum "Jahr der Jubiläen" finden Sie unter www.fes.de/stiftung/ueber-die-fes/fes-info/
Weitere Informationen zur Arbeit der FES im Themenfeld Weltwirtschaft und Unternehmensverantwortung und zur Zusammenarbeit mit ICRICT finden Sie unter www.fes.de/themenportal-die-welt-gerecht-gestalten/weltwirtschaft-und-unternehmensverantwortung/
Die ICRICT-Kommission buchstabiert aus, worauf es bei der Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung ankommt.
Ein Green New Deal ist die Antwort auf den Einfluss der Reichen und globale Ungleichheit, so ICRICT-Kommissarin Jayati Ghosh im IPG-Journal.
Eine radikale Wende bei der Besteuerung transnationaler Konzerne stärkt den Staat und schwächt die Populisten, so Wayne Swan im IPG-Journal.
Eine ungerechte Verteilung der Steuerlast bedeutet auch weniger Geld für die Investition in die Gleichstellung der Geschlechter.
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