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Veranstaltung zum Internationalen Frauentag.
Bild: FES Internationaler Frauentag 2020
Bild: Danetzki; unsere Gäste
Bild: Danetzki; Poetry Slam: Sandra DaVina
Bild: Danetzki; Podium
Bild: Danetzki; OB-Kandidatin: Lissi von Bülow
Von der Hälfte der Macht weit entfernt…
Wer reagiert die Kommune? - Politische Machtverteilung in den Kommunen
„Die Hälfte des Himmels, die Hälfte der Erde, die Hälfte der Macht“ - mit diesen Worten eröffnete Jeanette Rußbült im Namen des NRW-Landesbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung den Abend. Nichts weniger als das, nämlich die Hälfte von allem, steht Frauen bekanntlich laut § 3 Abs. 2 GG des Grundgesetzes zu. Doch leider spiegelt sich die formaljuristische Gleichberechtigung der Geschlechter gesellschaftlich vielerorts nicht wieder. Die Besetzung politischer (Spitzen)Ämter innerhalb der nordrheinwestfälischen Kommunen bildet hierbei keine Ausnahme, ganz im Gegenteil, NRW schneidet sogar besonders schlecht ab. Diese Tatsache zum Anlass nehmend, wurde an diesem Abend Bilanz gezogen, es wurden konkrete Probleme identifiziert und über Lösungsideen diskutiert.
Eingeladen zur Diskussionsrunde waren Frau Dr. Elke Wiechmann, Professorin der Politikwissenschaft mit dem Forschungsschwerpunkt „Gender und Gleichstellung“ an der Fernuniversität in Hagen, und die Dezernentin für Jugend, Schule, Soziales und Weiterbildung in Bornheim, Lissi von Bülow, die zudem aktuell für das Amt der Oberbürgermeisterin in Bonn kandidiert.
Zudem war Sandra DaVina, Poetry Slamerin aus NRW, eingeladen, die mit einem sehr persönlichen und kurzweiligen Plädoyer für mehr Gleichberechtigung in das Thema einführte. Sie sprach über die Wut, die man an mancher Stelle empfindet. Und über die Klischees, denen man immer wieder als Frau ausgesetzt ist. „Und? Wie ist es als Frau auf der Bühne?“, es würde als exotisch, und scheinbar nichtnormal, beurteilt was sie mache. Es sei dringend nötig, so DaVina, dass Frauen in der Öffentlichkeit sichtbarer werden: „Ja, Gott sei Dank gibt es Pippi Langstrumpf und Hermine Granger, - aber das ist eben nicht genug!“.
Viel zu wenig vertreten sind Frauen nicht nur auf der Bühne, sondern auch in den nordrheinwestfälischen Kommunen. Die geschlechter-ungleiche politische Macht in NRW verdeutlichte Dr. Elke Wiechmann in ihrem Impulsvortrag. Aus den Zahlen, die sie präsentierte, ging hervor, dass der Anteil der Frauen im NRW-Landtag seit etwa 20 Jahren bei einem Wert von ca. 30 % stagniert. Mit dieser Zahl befindet sich NRW im Vergleich zu den anderen Bundesländern im unteren Drittel.
Eine der Ursachen dafür sei die große Anzahl der Direktmandate, die insbesondere von der CDU gewonnen werden, allerdings durch alle Parteien hinweg tendenziell eher männlich besetzt würden, so Wiechmann. Diese Präferenz hänge damit zusammen, dass die Ortsvereine, die über die Direktkandidaturen entscheiden, größtenteils „männlich, älter und von der Denkrichtung eher konservativer“ eingestellt seien. Hinzu käme, dass die Parteien auch keinerlei Bestrebungen zeigten, geschweige denn erkennbare Strategien besäßen, um (junge) Frauen zu rekrutieren.
Auf der Ebene des Oberbürgermeisteramts manifestiert sich die Ungleichheit noch drastischer: nur etwa 4% der Oberbürgermeisterämter sind in NRW weiblich besetzt. Diese 4%, so Wiechmann, würden im Grunde durch die eine Oberbürgermeisterin, nämlich Henriette Reker in Köln, gespeist. Der Anteil der Frauen bei den Bürgermeister_innen in NRW liegt bei ca. 8 Prozent.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde die Problemlage konkretisiert und gleichzeitig nach Antworten gesucht. Lissi von Bülow konnte bestätigen, dass die Strukturen innerhalb vieler Ortsvereine dringend reformbedürftig seien. Viele Ortsvereine funktionierten wie „kleine Königreiche“. Die internen Abläufe seien häufig ineffizient, die Umgangsweisen eingestaubt, weshalb es auch nachvollziehbar sei, dass viele junge und gut ausgebildete Frauen davor zurückschreckten sich für die Kommunalpolitik zu entscheiden: „Ich verstehe total, dass viele da einfach keine Lust drauf haben. Auch diese ganzen Machtspielchen, denen man ausgesetzt ist“, so Lissi von Bülow. Dr. Elke Wiechmann kritisierte zudem, dass der Umgang männlicher, politischer Amtsträger mit Frauen teilweise (auch heute noch!) unerträglich sei: „Sie glauben nicht, was manche Frauen sich da tagtäglich für sexistische Kommentare anhören müssen“.
Die gute Nachricht: an konkreten Ideen, wie die Situation verbessert werden könnte, fehlte es an diesem Abend nicht. Lissi von Bülow erläuterte, dass die frauenfeindlichen Strukturen innerhalb des politischen Betriebs, aufgebrochen werden müssten. Zum Beispiel durch eine Neuerung der Sitzungskultur: „ So wie das heute ist, wo die Sitzungen bis in die Nacht dauern, muss das nicht sein“. Und auch das Bürgermeisteramt sei nicht statisch, vielmehr sehe sie großes Potenzial, es von innen heraus zu erneuern. Dazu gehöre zum Beispiel, „vorzuleben, dass jeder Mensch auch Auszeiten braucht“. Eine 7-Tage-Arbeitswoche sei schon daher schlecht, weil dann keine Zeit zum Nachdenken bliebe. Von Bülow, die selbst drei Kinder hat und immer voll berufstätig war, zeigte auf, wohin ein solcher Kulturwandel führen könnte: „Sollte ich Oberbürgermeisterin von Bonn werden, werde ich zeigen, dass die Qualität der Handlungen wichtiger ist, als ständig überall physisch anwesend zu sein“. Sie wolle die Rolle neu interpretieren und zeigen, dass es auch ganz anders geht. Hinzu kommt, dass gewisse Aufgaben schlicht und ergreifend delegiert werden können, ohne dass ein Qualitätsverlust entsteht. Neben einem solchen kulturellen Wandel innerhalb des politischen Betriebs, sei allerdings auch eine Quote dringend notwendig: „Sonst bekommen wir das nicht hin“, so von Bülow.
Auch aus dem Publikum wurden an diesem Abend zahlreiche Ideen eingebracht. Frauen müssten mutiger werden, sich gegenseitig motivieren und fördern, und insbesondere solidarisch miteinander sein. Und mitunter auch, um einen geschlechterbezogenen Chancenausgleich herzustellen, „Seilschaften“ bilden, um talentierten weiblichen Nachwuchs in die Ämter zu bringen. Von Bülow kommentierte, eine weitere gute Strategie sei auch, jene Männer zu stärken, die offen dafür sind Frauen zu fördern.
Am Ende des Abends war deutlich, dass der Prozess, Frauen gleichberechtigt in die Kommunen zu bringen, noch am Anfang steht. Notwendig sind jetzt engagierte Personen, die das Thema parteiübergreifend forcieren und in den politischen Betrieb hineintragen.
Redaktion: Marlene Drexler, Jeanette Rußbült
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