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Hermann Brill

Hermann Brill

Kämpfer für den freiheitlichen demokratischen Sozialismus

Hermann Brill (1895-1959) zählt heute zu den weithin in Vergessenheit geratenen deutschen Politikern des 20. Jahrhunderts – und das, obwohl er an den Brennpunkten seiner Zeit nicht nur aktiv teilgenommen hat, sondern auch in leitenden Funktionen die Geschichte mitgestaltet hat. Er erlebte fünf Staatssysteme – die Monarchie der Kaiserzeit, die Republik von Weimar, die NS-Diktatur, die beginnende DDR und die Bundesrepublik Deutschland.

Hermann Louis Brill wurde am 9. Februar 1895 als Sohn einer kleinbürgerlichen Handwerksfamilie in Gräfenroda/ Thüringen geboren. Aufgewachsen in der Kaiserzeit und schon früh durch den sozialdemokratischen Vater politisch geschult, nahm er als Soldat am ersten Weltkrieg teil. Nach der Novemberrevolution, gerade 24 Jahre alt, begann er seine politische Laufbahn zunächst in der USPD, dann als SPD-Politiker. Zeit seines Lebens vertrat Hermann Brill einen demokratischen Sozialismus – immer der Emanzipation und der Stärkung der Rechte der Arbeiterschaft verpflichtet, dabei stets rechtsstaatlich-demokratisch. Er verteidigte die Demokratie im Deutschen Oktober 1923 und gegen den aufsteigenden Nationalsozialismus Ende der 20er Jahre – mutig, energisch und seinen Grundsätzen treu.

Zur Zeit der Hitlerdiktatur ging er in den Widerstand, zunächst in der Gruppe »Neu Beginnen«. Später formulierte er die Ziele der »Deutschen Volksfront«. 1938 wurden er und seine Mitstreiter gefasst. Zunächst war Brill im Zuchthaus Brandenburg-Görden, ab 1943 im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. In dieser schweren Zeit gründete er mit anderen das illegale Volksfront-Komitee, das nach der Befreiung 1945 das »Buchenwalder Manifest für Friede, Freiheit und die Republik gegen den Faschismus« formulierte. Das Buchenwalder Manifest gilt als der einzige ausformulierte politische Entwurf für ein neues Deutschland, welcher im linken Widerstand erarbeitet wurde.

Nach der Befreiung im April 1945 trat er vehement für die Entnazifizierung der Behörden und der Wissenschaft ein. Er wurde der erste Regierungspräsident von Thüringen und gründete den Bund demokratischer Sozialisten. Aber noch 1945 wurde klar, dass die Politik der sowjetischen Besatzungsmacht nicht seinen Grundsätzen eines demokratischen Sozialismus entsprach. Hermann Brill wurde erneut verfolgt und nach dem Besatzungswechsel abgelöst.

Es blieb Ende 1945 nur die Übersiedlung nach Wiesbaden. Hermann Brill wirkte maßgeblich im Herrenchiemseer Verfassungskonvent, wurde Mitglied des Bundestages und Honorarprofessor. Als Chef der Hessischen Staatskanzlei reformierte er die Verwaltung des Bundeslandes. Auch in seinen letzten Lebensjahren verfasste er, wie zeitlebens, vielfältige staatstheoretische Schriften. 1959 starb er in Wiesbaden.

Hermann-Brill-Haus

Das Hermann-Brill-Haus ist der Sitz des Landesbüros Thüringen der Friedrich-Ebert-Stiftung. Das Gebäude steht in der Nonnengasse in der Erfurter Altstadt zwischen Fischmarkt und Lange Brücke.


Das Haus wurde Anfang der Neunziger Jahre aufwendig restauriert und ist seit 1995 Sitz des Landesbüros. Das Haus soll an das Leben und die Verdienste Hermann Brills für die soziale Demokratie erinnern.

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