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Europaparlamentarier Bernd Lange über die Bedeutung des Milliarden schweren EU-Recovery Plans und der Rolle Deutschlands bei den Verhandlungen.
Bild: Bernd Lange von Bernd Lange
Autor: Stephan Meuser
Deutschland übernahm zum 01. Juli 2020 von Kroatien die halbjährlich rotierende EU-Ratspräsidentschaft. Auf der Tagesordnung stand schon vor der Corona-Krise das Aushandeln eines neuen siebenjährigen Finanzrahmens. Doch unter den Bedingungen einer europaweit einbrechenden Konjunktur und hohen sozialen Folgekosten liegt nun der 750 Milliarden Euro schwere „Recovery Plan“ der EU-Kommission, angelehnt an einen deutsch-französische Initiative, zusätzlich auf dem Verhandlungstisch.
Die genewertige Krise als Chance begreifen
MdEP Bernd Lange, zugleich Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments, sprach sich in der Online-Veranstaltung „Im Zeichen der Corona-Krise: Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft vor großen Herausforderungen“ von FES Niedersachsen am 02.Juli dezidiert dafür aus, diesen Plan zum Wiederaufbau Europas zu unterstützen. Nur, wenn die gegenwärtige Krise zugleich als Chance begriffen werde, den am schwersten von der Pandemie betroffenen Mitgliedsländern bei der notwendigen Transformation der Wirtschaftsstrukturen zu helfen, habe die EU eine Möglichkeit, letztlich gestärkt aus den nächsten Jahren hervorzugehen. Neben Krediten seien auch direkte Zuschüsse unbedingt notwendige Instrumente, da sonst wie in der Finanzkrise von 2008/09 an den Kapitalmärkten versucht würde, Druck auf die verschuldeten Mitgliedstaaten des Mittelmeerraums aufzubauen. Absehbar sei für Deutschland als sowohl größtem Einzahler in den EU-Haushalt als auch aktuellem Inhaber der EU-Ratspräsidentschaft, dass die Rolle des moderierenden Verhandlungsführers besondere Herausforderungen mit sich bringen werde. Dies gelte umso mehr, als dass die Virus-Krise die diplomatischen Arbeitsbedingungen in Berlin (und in Brüssel) drastisch verändert bzw. eingeschränkt hat. Weder die europäischen Institutionen noch die Zentrale des Auswärtigen Amtes können unter den Bedingungen der Kontaktbeschränkungen, des mobilen Arbeitens von zu Hause, der Audio- und Videokonferenzen ihre volle Leistungskraft einsetzen.
Auch das größte außenpolitische Vorhaben, das die Bundesregierung sich an sich für die deutsche EU-Präsidentschaftszeit vorgenommen hatte, war bereits unmittelbar vor ihrem Beginn stark beeinträchtigt worden, als man sich aufgrund der Corona-Pandemie gezwungen sah, den EU-China-Gipfel im September 2020 in Leipzig abzusagen. Es sei aber gerade im deutschen Interesse, möglichst bald zu einem auch vom europäischen Parlament unterstützten gemeinsamen Investitionsschutzabkommen zu kommen und zudem endlich eine einheitlichere Haltung als das bisherige vielstimmige Konzert der Mitgliedstaaten gegenüber China zu finden, so Bernd Lange. Insofern hoffe er sehr auf ein baldiges Nachholen des Gipfels mit möglichst konkreten Ergebnissen.
Brexit: Ausgang dieses Prozesses völlig offen
Schließlich ging Lange, als Vorsitzender des Handelsausschusses unmittelbar damit befasst, auf die verfahrene Situation rund um den Brexit ein. Nachdem die britische Regierung keinen Antrag auf Verlängerung des Übergangszeitraumes gestellt habe, sei nunmehr klar, dass es entweder bis zum Jahresende eine Einigung gebe oder eben der „harte Brexit“ drohe. Berücksichtige man die nötigen Fristen zur Ratifizierung in allen beteiligten Parlamenten, dann müsse der Deal bis Mitte Oktober stehen. Leider sei die Verhandlungsführung der britischen Seite nicht einmal von den Interessen der eigenen Wirtschaft geleitet, sondern eher von Ideologie, so dass der Ausgang dieses Prozesses völlig offen sei. Insbesondere für die (nord-)deutsche Wirtschaft müsse daher jetzt Vorsorge getroffen werden, falls es am Ende kein Abkommen gebe. Was das EU-Parlament jedenfalls nicht akzeptieren werde, sei ein „Rosinenpicken“ dergestalt, dass London die Vorteile eines von EU-Recht unregulierten Finanzplatzes mit denen des EU-Marktzugangs kombinieren wolle.
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