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Politische Akademie

Flucht, Migration und die Linke in Europa

Wie hält es Europas Linke mit der Migration? Ein neu erschienener Band liefert eine Bestandsaufnahme der aktuellen Debatte.

Bild: Flucht, Migration und die Linke in Europa von Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH

Wie diskutieren politische Parteien in Europa das Themenfeld Migration? Zu welchen Verlagerungen und Verschiebungen im Parteiensystem kommt es dabei? Auf welchem Weg ist das Thema durch die Transmissionsriemen der Parteien in die öffentliche Debatte transportiert worden? Welche Rolle spielten die Parteiöffentlichkeit, die Medien, die (ver)öffentlichte Meinung und taktische beziehungsweise strategische Überlegungen?

Diesen Fragen geht der Sammelband „Flucht, Migration und die Linke in Europa“ nach, der in enger Zusammenarbeit mit den europäischen Auslandsbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung zusammengestellt wurde.

Grundsätzlich unterteilt sich der Band in zwei Teile. In einem ersten Abschnitt analysieren ausgewiesene Expert_innen ausgehend von der flüchtlingspolitischen Krise des Jahres 2015 die grundsätzlichen Tendenzen der Migrationspolitik in insgesamt zwölf europäischen Ländern. Dabei geht es insbesondere darum, die Position der Parteien links der Mitte herauszuarbeiten.

Migration: Hohe politische Relevanz, aber keine einheitliche Positionierung der europäischen Linken

Die Bilanz dieser migrationspolitischen Bestandsaufnahme ergibt einen deutlichen und einen ambivalenten Befund: Zunächst belegen die versammelten Beiträge die enorme Relevanz des Themas Migration für die Wählerinnen und Wähler in ganz unterschiedlichen Ländern Europas und für das europäische Parteiensystem insgesamt. In zehn von zwölf untersuchten Ländern haben sich migrationspolitische Fragen in den vergangenen Jahren zu wahlentscheidenden Themen entwickelt, auf die auch und gerade Parteien links der Mitte überzeugende Antworten entwickeln müssen. So wurden etwa in Dänemark vier der vergangenen fünf Wahlen von der öffentlichen Debatte über Migrationsfragen entschieden. Zugleich aber – und das ist der ambivalente Befund – zeichnet sich bislang eben keine einheitliche Positionierung europäischer Mitte-Links-Kräfte zum Themenfeld Migration ab. Im Gegenteil: Das entstehende Bild gleicht eher einem Mosaik als einem einheitlichen Ansatz. Das Spektrum reicht dabei von migrationsfeindlichen Positionierungen wie in der Slowakei über tendenziell rigidere Ansätze wie in Dänemark bis zu stark global-solidarisch geprägten Ansätzen wie in der ungarischen, polnischen oder spanischen Linken.

Vor diesem Hintergrund wird im zweiten Teil des Werkes der Frage nachgegangen, welche grundlegenden Schlüsse aus der europäischen Bestandsaufnahme zu ziehen sind. Wie zu erwarten, gehen die Einschätzungen hier weit auseinander. Während etwa die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoğuz die Chancen des Themenfelds Migration und Integration als mögliche „Sternstunde“ progressiver Kräfte begreift, verweist der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel auf die „Kosmopolitismusfalle der Linken“, die sich langfristig als Hypothek für Mitte-Links-Parteien mit Regierungsambitionen erweisen könne.

Vielfältige und differenzierte Debatten

Bei aller Differenz in den Bewertungen besteht jedoch durchaus auch Grund zu zumindest verhaltenem Optimismus. Denn die vielfältigen Stimmen machen auch deutlich, dass das Themenfeld Flucht, Migration und Integration von den europäischen Parteien links der Mitte politisch in konstruktiver Weise bearbeitet wird. Das ist keine Bagatelle. Denn angesichts radikaler Positionierungen in (weiten) Teilen der Rechten scheint es, dass gerade der linken Mitte eine zentrale Bedeutung dabei zukommt, eine politisch hochgradig aufgeladene Debatte differenziert und ausgewogen zu führen. Die Tatsache, dass sich in dieser politischen Auseinandersetzung bislang kein vollumfänglicher Konsens  herausgebildet hat, ist nicht notwendigerweise ein Zeichen der Schwäche. Belegt die Vielstimmigkeit nicht vielmehr, dass sich Mitte-Links-Parteien des Themas mit großer Flexibilität annehmen und so die Bandbreite der öffentlichen Positionen reflektieren? Eben das aber ist eine der zentralen Aufgaben vitaler politischer Parteien.


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