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Unsere Kollegin Yvonne Blos kommentiert die Ergebnisse des dritten Zwischenberichts des Weltklimarats zur Bekämpfung der Klimakrise.
Kaum ein Monat ist vergangen, seit der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) seinen zweiten Sachstandsbericht zur Anpassung an den Klimawandel vorgestellt hat. Am 4. April 2022 folgte nun der dritte und letzte Sachstandsbericht für diesen Zyklus. Er beschäftigt sich damit, wie wir die Klimakrise bremsen können. Es handelt sich um den wichtigsten Bericht zur Minderung des Klimawandels seit Verabschiedung des Pariser Abkommens. Wie bereits beim vorherigen Zwischenbericht wurde auch diese Veröffentlichung von den Ereignissen in der Ukraine überschattet. Der Bericht wurde am 4. April nicht einmal in den 20 Uhr-Nachrichten der Tagesschau erwähnt.
Der UN-Generalsekretär Antonio Guterres fand auf der Pressekonferenz des IPCC wieder drastische und einprägsame Worte, um den Bericht zu beschreiben. Er sei eine „Akte der Schande“, eine „Litanei gebrochener Klimaversprechen“. Naiv sei die Welt mit Blick auf die Ergebnisse der Glasgower Klimakonferenz gewesen. Denn während die gemachten Versprechen gefeiert wurden, habe man die Emissionslücke komplett ignoriert. Eindringlich und undiplomatisch stellt er sich hinter die Klima-Aktivist_innen: Sie würden zwar oft als radikal bezeichnet – in Wahrheit seien jedoch die Regierungen gefährlich und radikal, die weiterhin auf fossile Energien setzen – diese sollten endlich aufhören, den „Planeten zu verbrennen”.
Diese scharfen Worte haben ihren Grund. Denn die Ergebnisse des Berichts machen deutlich: Das 1,5-Grad-Ziel kann eigentlich nicht mehr eingehalten werden. Wir werden ziemlich sicher mit einer vorübergehenden Überschreitung dieser Temperaturgrenze – einem sogenannten Overshoot – rechnen müssen. Aber wir könnten es schaffen, die Überschreitung rückgängig zu machen, falls wir tatsächlich das Ziel von „Netto Null“-Emissionen bis 2050 (für 1,5 Grad) bzw. 2070 (für 2 Grad) erreichen. Das gelingt jedoch nur, wenn die globalen Emissionen spätestens ab 2025 sinken und ab 2030 eine Reduktion von minus 43% (für 1,5 Grad) bzw. von minus 25% (für 2 Grad) erreicht werden.
Die Realität sieht anders aus: Aktuell steigen unsere Emissionen weiter und befinden sich auf einem Allzeithoch. Ohne tiefgreifende Veränderungen lassen sich diese Reduktionsziele nicht erreichen. Wenn wir so weitermachen, steuern wir eher auf 3 Grad Erderwärmung zu – mit katastrophalen Folgen für Umwelt und Menschen. Und auch eine geringfügige Überschreitung der Temperaturgrenzen sowie eine Erwärmung von 2 anstatt von 1,5 Grad wird bereits mehr Klimaschäden hervorrufen. Außerdem wird es in den folgenden Jahren immer schwieriger und kostspieliger, das Ruder noch herum zu reißen, wenn wir jetzt nicht konsequent handeln.
Dabei mangelt es nicht an möglichen Optionen. Die Lösungen in den verschiedenen Sektoren liegen laut IPCC auf der Hand und sind machbar:
Als Teil der notwendigen Lösungen wird deutlicher und positiver als zuvor auch die Kohlenstoffentfernung (Carbon Dioxide Removal – CDR) aus der Atmosphäre im IPCC-Bericht erwähnt. Da in der Vergangenheit nicht genug getan wurde, um die notwendigen Temperatursenkungen durch eine Reduzierung der Emissionen zu erreichen erscheint dies zunehmend als einziger noch möglicher Weg. Dies kann durch natürliche Methoden wie Aufforstung geschehen, aber auch durch umstrittene CO2-Abscheidungs- und Speichertechnologien mit Namen wie „Direct Air Capture“ oder „Carbon Capture and Storage“. Letztere sind extrem teuer und befinden sich aktuell allenfalls im Versuchsstadium, sodass dieser Weg riskant ist – mit potentiellen negativen Folgen für Umwelt, Biodiversität sowie u.a. auch die Nahrungsmittelproduktion.
Eines macht der Bericht deutlich: Alle Staaten müssen jetzt drastisch ihre Emissionen reduzieren, allen voran die Industrieländer. Nur wenn die Regierungen jetzt umsteuern, haben wir noch eine kleine Chance, das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen.
Hierfür ist es zentral, dass alle Länder ihre nationalen Klimapläne schnell verschärfen, wie es auf der Klimakonferenz in Glasgow beschlossen wurde. Und auch die zahlreichen weiteren in Glasgow beschlossenen Initiativen, u.a. zur Reduzierung von Methan und dem Stopp von Entwaldung, müssen umgesetzt werden. Regulatorische Politik und wirtschaftliche Anreize sind neben Investitionen ebenso wichtig, um die Emissionen weiter drastisch zu reduzieren, genauso wie technologische Innovation. Zudem müssen dringend die notwendigen Gelder bereitgestellt werden, um die aktuelle Investitionslücke bei der Minderung des Klimawandels zu schließen, insbesondere für die finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern.
Und nicht zuletzt brauchen wir dringend eine Just Transition, die diesen transformativen Wandel ermöglicht. Die tiefgreifenden vor uns liegenden Veränderungen müssen inklusiv und partizipativ gestaltet werden und sozial gerecht sein. Das gilt insbesondere mit Blick auf besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen und wirtschaftlich schwächere Staaten. Nur so kann Vertrauen und Akzeptanz für die Bekämpfung der Klimakrise geschaffen werden.
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