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Politische Akademie

Migrantische Arbeitskräfte an vorderster Front im Gesundheitswesen

Fokus Migration und COVID-19: Implikationen für eine auf Rechten basierende Steuerung der Arbeitsmigration und eine universelle Gesundheitsversorgung.

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Die COVID-19-Pandemie hat die Notwendigkeit der Gesundheitsversorgung für alle für den Schutz der öffentlichen Gesundheit, der Förderung der Inklusion und den Aufbau der Resilienz unserer Gemeinschaften angesichts einer Gesundheitskrise in den Mittelpunkt gestellt. Wenn Gesundheitssysteme Gesundheitsversorgung für alle leisten sollen, benötigen sie ausreichende, ausgebildete, gut ausgestattete und motivierte Arbeitskräfte im Gesundheitswesen. Auch vor der Pandemie waren Arbeitskräfte im Gesundheitswesen auf der ganzen Welt knapp, und die Krise hat dieses Problem nur verschärft.  Um die hohe Nachfrage für Gesundheitsdienstleistungen zu befriedigen, haben Regierungen unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um migrantische Arbeitskräfte sowie  Geflüchtete mit Erfahrungen im Gesundheitsbereich, die bereits im Land leben, im Gesundheitswesen anzuwerben. Zu den Maßnahmen gehören die Erleichterung bei der  Verlängerung von Arbeitsgenehmigungen, die internationale Rekrutierung von Arbeitskräften, das Erteilen temporärer Approbationen und befristeter Lizenzen sowie Schnellverfahren für die Bearbeitung der Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Zahlreiche Geflüchtete und migrantische Arbeitskräfte sind dem Ruf der Regierungen gefolgt. Gegenwärtig bilden sie einen bedeutenden Anteil der Arbeitskräfte an vorderster Front im Gesundheitswesen.

Dieser Artikel befasst sich mit der Migration von Arbeitskräften im Gesundheitswesen. Hier gibt es Überschneidungen bei der Steuerung der Migration von Gesundheitspersonal und dem Kampf für eine universelle Gesundheitsversorgung, insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Pandemie.

Arbeitskräfte an vorderster Front im Gesundheitswesen

In den 86 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Teil des State of the World’s Nursing Report befragten Ländern wird geschätzt, dass 1/8 der Pflegekräfte, bzw. 3,7 Millionen, im Ausland geboren bzw. ausgebildet wurden. Weiter aufgeschlüsselt: Migrant_innen stellen 12 % der 1,9 Millionen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen im Vereinigten Königreich, 17 % der 12,4 Millionen in den USA und 11 % in der Europäischen Union. Zudem ist beachtenswert, dass mehr als 80 % der Arbeitskräfte im Gesundheitswesen weltweit Frauen sind.

Seit Beginn des COVID-19-Ausbruchs Anfang 2020 sind Arbeitskräfte im Gesundheitswesen an vorderster Front. Sie sind auch diejenigen, die mit dem größten Risiko konfrontiert sind, Kontakt mit dem Virus zu bekommen und sich damit zu infizieren. Der Mangel an persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Personalmangel haben zu hohen Raten an Infektionen und Todesfällen bei Arbeitskräften im Gesundheitswesen geführt. Global entfallen ein Sechstel der an die WHO gemeldeten Infektionsfälle auf Arbeitskräfte im Gesundheitswesen. Anfang September berichtete Amnesty International von über 7.000 Todesfällen bei Arbeitskräften im Gesundheitswesen seit Beginn der Pandemie. Dazu gehören migrantische Arbeitskräfte, einschließlich einer großen Zahl derer, die in Altenpflegeheimen arbeiten. In den USA entfällt fast die Hälfte der Todesfälle bei Pflegekräften aufgrund von COVID-19 auf Pflegekräfte mit einer Migrationsgeschichte. Bei einem Drittel handelt es sich um Menschen von den Philippinen, einem Land, das bekanntlich tausende Arbeitskräfte im Gesundheitswesen ins Ausland entsendet. In Großbritannien waren unter den am meisten von COVID-19 betroffenen Arbeitskräften aus asiatischen Ländern. Wie in den USA sind philippinische Gesundheits- und Pflegekräfte unter den Verstorbenen überproportional vertreten. Dieser tragische und massive Verlust von Gesundheitspersonal und die hohe Anzahl von Migrant_innen unter den Toten sind jedoch nicht nur eine Begleiterscheinung.

Das Recht auf Gesundheit und seine Überlagerung mit der Migration von Arbeitskräften im Gesundheitswesen

Die Pandemie hat die systemischen Probleme und den fragilen Status unserer Gesundheitssysteme aufgedeckt. Als Folge der Einführung neoliberaler Wirtschaftspolitiken in vielen Industrie- und Entwicklungsländern ist das öffentliche Gesundheitswesen seit vielen Jahren ständig unterfinanziert. Nach jahrelangen Sparmaßnahmen und Kürzungen der Budgets im öffentlichen Gesundheitswesen leiden die öffentlichen Dienstleistungen unter Ressourcen- und Personalmangel. Das Ergebnis des jahrzehntelangen Zeitraums, in dem unsere Gesundheitsdienste privatisiert und am Markt ausgerichtet wurden: Ineffizienzen, Korruption, Arbeitsplatzabbau, Überlastung des Personals und steigende Krankenversicherungskosten. Für viele Arbeitskräfte im Gesundheitswesen ist der Verbleib im Beruf unerträglich geworden, dass sie ihm den Rücken gekehrt haben. Für andere war die Migration in ein reicheres Land die einzige Option.

Entwicklungsländer sind mit einem Mangel an Arbeitskräften im Gesundheitswesen konfrontiert und verlieren sie zudem an die Migration. Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist die Zahl der migrantischen Ärzt_innen und Pflegekräfte, die in OECD-Ländern arbeiten, um 60% gestiegen, und die Rate ist noch höher für diejenigen, die aus Entwicklungsländern migrieren, in denen es bereits gravierenden Personalmangel im Gesundheitswesen gibt.

Während reiche Länder von der internationalen Anwerbung von Gesundheitsfachkräften profitieren, werden armen Ländern ihre Gesundheitsfachkräfte entzogen, nachdem sie ihre begrenzten Ressourcen in ihre Ausbildung investiert haben. Angesichts eines schwachen öffentlichen Gesundheitswesens mit dezimiertem Personal gefährdet dies die Fähigkeit von Entwicklungsländern, die Gesundheitsbedürfnisse ihrer Bevölkerung zu befriedigen sowie Pandemien und andere Katastrophen zu bekämpfen. Deshalb ist es unmöglich, das Ziel der Gesundheitsversorgung für alle zu erreichen. Dieses Muster, dass arme Länder ihre Arbeitskräfte im Gesundheitswesen ausbilden und dann an reiche Länder verlieren, könnte man in mancher Hinsicht als perverse, wenn auch unbeabsichtigte Subvention der Gesundheitssysteme der reichen Länder durch die armen Länder betrachten. Die beständige Unterfinanzierung von Gesundheitssystemen im globalen Norden wurde durch die steigende Inanspruchnahme von ausgebildeten Arbeitsmigrant_innen mit niedrigeren Gehältern, schlechteren Arbeitsbedingungen und weniger Rechtsmitteln ermöglicht. Dieser Prozess hat negative Auswirkungen auf Gesundheitssysteme in der ganzen Welt, da er die Unterfinanzierung ermöglicht und Personalmangel verursacht.

Einsatz für einen rechtebasierten Ansatz zur Migration von Arbeitskräften im Gesundheitswesen

Inmitten dieser Pandemie gehen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen auf der ganzen Welt auf die Straße und fordern ihre Rechte sowie Sicherheit bei der Arbeit, u.a. persönliche Schutzausrüstung (PSA), ausreichende Ausstattung, gerechte Bezahlung, sozialen Schutz, Beteiligung an der Entscheidungsfindung sowie Finanzierung des öffentlichen Gesundheitswesens. Während der Lockdowns haben die Bewohner_innen vieler Städte von ihren Wohnungen aus den Arbeitskräften im Gesundheitswesen als Zeichen der Anerkennung applaudiert. Applaus macht zwar Lärm, aber Lärm reicht nicht aus. Was Arbeitskräfte im Gesundheitswesen brauchen ist die angemessene Anerkennung ihres Werts in der Gesellschaft. Sie möchte nicht als Held_innen bezeichnet werden, von denen erwartet wird, dass sie in Ausübung ihrer Pflichten ihr Leben riskieren. Vielmehr sind sie Fachkräfte, die ihrer Arbeit, nämlich der Pflege von Patient_innen und der Lebensrettung, engagiert nachgehen.

Migrantische Arbeitskräfte an vorderster Front im Gesundheitswesen und der Pflege stellen dieselben Forderungen. Aufgrund ihres Aufenthaltsstatus, besonders wenn er befristet ist, und der Notwendigkeit, Geld nach Hause zu überweisen, um ihre Familien zu unterstützen, ertragen migrantische Arbeitskräfte im Gesundheitswesen und der Pflege lange Arbeitszeiten, niedrige Bezahlung und schlechte soziale Absicherung. Sie zögern, ihre Anliegen zu äußern, aus Angst vor Sanktionen, die von Diskriminierung bis hin zur Abschiebung reichen. Frauen, die die Mehrheit dieser Arbeitskräfte stellen, sind doppelt gefährdet, da sie prekäre Arbeitsbedingungen ertragen, während gleichzeitig von ihnen erwartet wird, dass sie in der Familie und der Gesellschaft ihrer Verantwortung für Pflege nachkommen. Die Pandemie hat die ohnehin unhaltbare Situation der Migrant_innen weiter verschärft. Daher muss die öffentliche Finanzierung der Gesundheitssysteme die Gefährdung von Migrant_innen berücksichtigen, um die fortgesetzte Ausbeutung ihres Status zu vermeiden.

Fazit

Die COVID-19-Pandemie hat die lebenswichtige Rolle des öffentlichen Gesundheitswesens für die Gesundheitsversorgung für alle herausgestellt. Sie hat zudem die systemischen Probleme offengelegt, die zum gegenwärtigen fragilen Status unserer Gesundheitssysteme geführt haben sowie ihre Auswirkungen auf die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, u.a. dem Verlust von Arbeitskräften im Gesundheitswesen aufgrund von Migration, was Entwicklungsländer überproportional betrifft. Die Situation migrantischer Arbeitskräfte an vorderster Front im Gesundheitswesen erfordert besondere Aufmerksamkeit. Reiche wie arme Länder sind mit der Pandemie konfrontiert, wenngleich mit unterschiedlichen Ausgangsbedingungen. Öffentliche Gesundheitssysteme benötigen ausreichendes und gesundes Personal, wenn sie Gesundheitsversorgung für alle leisten sollen.

Die Anwerbung migrantischer Arbeitskräfte, um die gestiegene Nachfrage nach Pflege zu befriedigen, wird als eine der möglichen Lösungen diskutiert. Allerdings ist es problematisch, auf die Migration von Arbeitskräften im Gesundheitswesen zu setzen, da dies die systemischen Ungleichheiten ignoriert, die von Vornherein hätten angepackt werden müssen. Ein auf Rechten basierender Ansatz, der Fragen der Menschenrechte, der Geschlechterdimension, einer fairen Wirtschaftspolitik und geteilter Regierungsverantwortung berücksichtigt, ist ein notwendiger erster Schritt zur Steuerung der Arbeitsmigration im Gesundheitsbereich. Dabei werden die Rechte der Arbeitskräfte, das Recht auf Gesundheitsversorgung für alle und faire Ergebnisse sowohl für die Herkunfts- als auch für die Zielländer miteinander in Ausgleich gebracht.

Empfehlungen

Public Services International (Internationale der öffentlichen Dienste), die globale Föderation von Gewerkschaften im öffentlichen Sektor, vertritt fast 10 Millionen Arbeitskräfte im Gesundheits- und Sozialwesen, die in ihren angeschlossenen Gewerkschaften organisiert sind, und engagiert sich seit mehr als einem Jahrzehnt im Themenkomplex der Migration von Arbeitskräften im Gesundheitswesen. PSI arbeitet mit ihren Gewerkschaften zusammen, um migrantische Arbeitskräfte im Gesundheitswesen zu organisieren, den sozialen Dialog zu fördern und auf globaler, regionaler und nationaler Ebene für rechtebasierte Migrationspolitik Lobbyarbeit zu betreiben. Auf Grundlage ihrer Erfahrung spricht PSI folgende Empfehlungen aus, um die Zusammenhänge von Gesundheitsversorgung für alle und der Steuerung von Arbeitskräften aus dem Ausland im Gesundheitswesen anzupacken, mit besonderer Berücksichtigung der Pandemiekrise. [1]

  1. Die Notwendigkeit globaler sozialer Verantwortung, mit Finanzierung für die langfristige Nachhaltigkeit von Gesundheitssystemen, hochqualitativen öffentlichen Dienstleistungen und dem Recht auf Gesundheit. Regierungen müssen erhöhte und kontinuierliche Finanzierung des öffentlichen Gesundheitswesens sicherstellen, um Gesundheitsversorgung für alle zu realisieren und Resilienz gegen die Pandemie und andere Krisen aufzubauen. Dazu gehört die Gewährleistung einer genügenden Anzahl ausgebildeter Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sowie kontinuierliche öffentliche Investitionen in Personalaustattung und Ausrüstung, u.a. der Bereitstellung von PSA und der Planung und Restrukturierung von Gesundheitssystemen, die Menschen höhere Priorität geben als dem Profit. Reiche Länder müssen ihre Anstrengungen verstärken, Entwicklungsländern in der Reaktion auf die Pandemie und der Folgenbewältigung zu unterstützen, u.a. durch Schuldenerlass für die ärmsten Länder. Von der Weltbank und der Internationalen Finanz-Corporation sollte verlangt werden, dass sie die Privatisierung und das fehlerhafte Modell der öffentlich-privaten Partnerschaften beenden, und vom Internationalen Währungsfonds, dass er Regierungen nicht mehr anweist, öffentliche Ausgaben und Gehälter im öffentlichen Sektor zu senken, was zu mehr Armut führt und erzwungene Migration antreibt. Gewerkschaften, die Zivilgesellschaft und andere, die sich für das Recht auf Gesundheit einsetzen, sollten weiterhin die auf Migration beruhende Anwerbestrategie der reichen Zielländer, die dadurch ihren Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen zu lösen versuchen, kritisieren.
     
  2. Ein stärkerer WHO-Verhaltenskodex, um die vollständige Umsetzung und Überwachung der Grundsätze von fairer und ethischer Rekrutierung zu gewährleisten. Die COVID-19-Pandemie hat für einen gestärkten Verhaltenskodex der WHO zur internationalen Rekrutierung von Gesundheitsfachpersonal die Argumente geliefert. Es ist zwingend erforderlich, dass alle WHO-Mitgliedstaaten die gesetzten Standards vollständig umsetzen und regelmäßig darüber berichten. Wir möchten, dass der WHO-Verhaltenskodex verbindlich wird und dass stärkere Querverbindungen zu anderen internationalen Politiken zu Gleichheit, öffentlicher Gesundheit und den Zielen für nachhaltige Entwicklung entwickelt werden. Nur mit verbindlichen Maßnahmen können Regierungen angeordnet werden, aktiv zu werden, um ethische Rekrutierung zu gewährleisten und Gesetzgebung zur Regulierung privater Rekrutierungsagenturen umzusetzen, unethischen Rekrutierungspraktiken ein Ende zu bereiten und die Praxis zu beenden, dass Arbeitskräften im Gesundheitswesen Rekrutierungsgebühren abverlangt werden. Aus Gewerkschaftssicht sind der soziale Dialog und Partnerschaften mit Arbeitnehmer_innenorganisationen entscheidend für die Umsetzung und Überwachung des Verhaltenskodex. Größere Bekanntheit und Sichtbarkeit sind nötig, um die im WHO-Verhaltenskodex enthaltenen Grundsätze zu fördern und Stakeholder_innen zu ermutigen, sich an seiner Umsetzung und Überwachung zu beteiligen.
     
  3. Grundlegende Arbeitnehmer_innenrechte von migrantischen Arbeitskräften und die vollständige Umsetzung globaler Governance-Instrumente zur Migration durchsetzen. Verbesserungen in der Ratifizierung und Umsetzung von Schlüsselinstrumenten der ILO und der UNO zu Migrations- und internationalen Arbeitsstandards werden dabei helfen, die Rechte migrantischer Arbeitskräfte im Gesundheitswesen zu stärken. Die in diesen Instrumenten enthaltenen Grundsätze müssen in die Gestaltung bi- und multilateraler Vereinbarungen integriert werden. Entsprechend der Empfehlungen des UNO-Migrationsnetzwerks migrantische Arbeitskräfte im Gesundheitswesen und ihre Gewerkschaften in Reaktionen auf Covid-19 mit einschließen; sicherstellen, dass die Berufshaftpflichtversicherung für Covid-19 migrantische Arbeitskräfte im Gesundheitswesen mit abdeckt; dass Politiken und Protokolle bezüglich Infektionen, Erwerbsunfähigkeit, Todesfall sowie Wiedereingliederung auch für sie gelten; und dass sie ausreichende Unterstützung durch Weiterbildung am Arbeitsplatz bekommen. Wir benötigen eine tiefergehende Analyse der Reorganisation der Pflege- und Betreuungsarbeit, um die zahlreichen Diskriminierungen und Barrieren anzupacken, mit denen Frauen bei der Inanspruchnahme und dem Erbringen von Pflegedienstleistungen konfrontiert sind, wobei ein wichtiger erster Schritt die Integration von Pflege in öffentliche Dienstleistungen und staatliche Politik wäre.
     
  4. Bilaterale Arbeitskräfteabkommen, die ökonomische und soziale Entwicklung, faire und ethische Rekrutierung und internationale Arbeitsstandards fördern.Gemeinsam mit der zunehmenden Anwendung bilateraler Arbeitskräfteabkommen in der Vermittlung der Migration von Arbeitskräften im Gesundheitswesen sollten der WHO-Verhaltenskodex sowie Menschenrechtsnormen und Arbeitsstandards eine Vorbedingung in der Verhandlung und Umsetzung jeglicher bi- oder multilateraler Vereinbarungen über die Migration von Arbeitskräften sein. Weiterbildung sowie andere gegenseitige Vereinbarungen sollten in die Gestaltung bilateraler Arbeitskräfteabkommen integriert werden, um die Auswirkungen der Abwanderung im Herkunftsland zu entschärfen. Solche Initiativen sollten ihre Basis im sozialen Dialog haben. Eine umfassende Datenbank bilateraler Arbeitskräfteabkommen sollte innerhalb der technischen Kompetenz der Internationalen Arbeitsorganisation und der WHO etabliert werden, und ihre Inhalte sollten transparent sein, um ordnungsgemäße Überwachung und Übereinstimmung mit internationalen Normen und Arbeitsstandards zu gewährleisten.
     
  5. Sozialer Dialog in der nationalen und globalen Governance der Migration.Drei- und zweiseitiger sozialer Dialog sollte in allen Global-Governance-Initiativen, die Auswirkungen auf Migration und die Rolle öffentlicher Dienstleistungen haben, gefördert werden, wenn es um die Erfüllung von Bedürfnissen im Bereich der Menschenrechte im Kontext der Migration geht. Wirksamer sozialer Dialog sollte in alle Verhandlungen für bilaterale Arbeitskräfteabkommen sowie deren Umsetzung integriert werden, und ihre Überwachung sollte den Fortschritt sowie die Ergebnisse des sozialen Dialogs, einschließlich Tarifverträge, messen.  Entwicklungen in der globalen Migration im Zusammenhang mit Arbeitskräften im Gesundheitswesen, etwa Kompetenzpartnerschaften (global skills partnerships, GSPs), sollten mittels eines sozialen Dialogs vereinbart und umgesetzt werden. Gewerkschaften sollten in vollem Umfang beteiligt sein, um den Schutz von Menschen- und Arbeitnehmer_innenrechten sowie beiderseitige Vorteile für die Herkunfts- wie auch für die Zielländer zu gewährleisten. Allen migrantischen Arbeitskräften, gleich welchen Status, sollten Gewerkschaftsrechte garantiert werden. Im Kontext der Pandemie sollte die Forderung der Arbeiter_innenbewegung, dass Covid-19 als Berufskrankheit klassifiziert wird, unterstützt werden. Das würde stärkeren Schutz am Arbeitsplatz erforderlich machen sowie im Falle der Erkrankung den Zugang zu Lohnfortzahlung und medizinischer Versorgung. Migrantische Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, gleich welchen Aufenthaltsstatus, sollten das Recht haben, sich unsicheren Arbeitsbedingungen zu entziehen und müssen Zugang zu Beschwerdeverfahren und Schadenersatz sowie zu Arbeitsplatzinspektionen haben.

 

Autorin:

Genevieve Gencianos ist Koordinatorin des Migrationsprogramms von Public Services International (Internationale der öffentlichen Dienste), der globalen Gewerkschaftsföderation von Arbeitskräften im öffentlichen Sektor. E-Mail: genevieve.gencianos@world-psi.org.
 

[1] Die Empfehlungen führen den 5-Punkte-Plan aus, der in Pillinger and Yeates (2020), „Building Resilience Across Borders: A Policy Brief on Health Worker Migration“, hg. von Public Services International und Friedrich-Ebert-Stiftung, skizziert ist.


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