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Corona hat die Schwächen des kommerzialisierten Fußballs offenbart. Vereine sollten sich auf Gehaltsobergrenzen und Reformen einigen.
Bild: von April-Mediengruppe
Der deutsche Profifußball vermeldete fünfzehn Mal hintereinander einen Rekordumsatz. Allein die Bundesliga setzte in der vergangenen Saison mehr als vier Milliarden Euro um. Doch Corona stoppte den Wachstumsdrang. Einnahmen aus TV-Vermarktung, Ticketverkauf und Merchandising brachen ein, etliche Klubs standen schon nach wenigen Wochen Zwangspause vor der Insolvenz. Uneinheitliche Wirtschaftsbilanzierungen, geringe Rücklagen, ausufernde Spielergehälter – nie zuvor wurden die Schwächen dieser durchkommerzialisierten Industrie so deutlich wie im Frühjahr 2020. Auf dem Höhepunkt der Pandemie nahm der Fußball einen beachtlichen Platz in den öffentlichen Debatten ein. In mehreren Umfragen sprach sich jeweils eine Mehrheit der Befragten gegen eine zeitige Wiederaufnahme des Spielbetriebs aus. Es zeigte sich aber, dass von den betroffenen Branchen der Fußball eine besonders einflussreiche Lobby besitzt: durch den gut vernetzten Liga-Geschäftsführer Christian Seifert, durch Boulevardmedien, die mit dem Fußball Klickzahlen generieren, durch die Unterstützung der Ministerpräsidenten Armin Laschet und Markus Söder, denen politische Absichten auf das Kanzleramt nachgesagt werden.
Mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept ging die Bundesliga Mitte Mai als eine der weltweit ersten Profiligen wieder an den Start. Schnell verschwanden besorgte Fragen nach Ansteckungsgefahr zwischen Spielern, und schnell verstummten auch Stimmen, die sich eine vergleichbare Fürsprache für Kindertagesstätten, Gastronomie oder Tourismusgewerbe gewünscht hatten, für Bereiche, die erst später wieder in den Alltag zurückfinden sollten. Nach ganz unterschiedlichen Krisen in der Vergangenheit haben Fußballfunktionäre Reformen für nachhaltigere Strukturen in Aussicht gestellt. Fast immer ist es bei Symbolik und Aktionismus geblieben. Zu viele Interessengruppen profitieren von der Milliardenindustrie. Eine Obergrenze für Transfersummen und Gehälter der Spieler würde nur Sinn ergeben, wenn sich alle großen europäischen Ligen darauf einigen würden, ansonsten würden Spitzenspieler einfach das Land wechseln. Verbände und Vereine könnten sich auf eine noch stärkere Förderung ihrer Talente konzentrieren – und auf eine langfristig orientierte Finanzplanung.
Nur wenige Institutionen erreichen in Deutschland so viele Menschen aus unterschiedlichen Milieus wie Fußballvereine, daher sollten die Reformen noch weitergehen. Sponsoren aus China oder den Golfstaaten, Trikots und Bälle aus asiatischen Niedriglohnländern, klimaschädliche Einwegbecher: Für Themen wie diese sollten schlagkräftige Abteilungen innerhalb der Vereinsstrukturen zur Bedingung werden. Es geht nicht darum, wie der Fußball einen Teil seiner Gewinne an wohltätige Projekte weiterreicht. Es geht darum, wie im Detail er diese Gewinne überhaupt erwirtschaftet. Die gesamte Wertschöpfungskette gehört auf den Prüfstand. Corona hat aber auch das zivilgesellschaftliche Potenzial des Fußballs deutlich gemacht. Fans besorgen Einkäufe für Risikogruppen, Amateurvereine organisieren digitale Sportstunden, Bündnisse diskutieren im Netz über Menschenfeindlichkeit im und durch Fußball. Schon jetzt werden an der Basis Ideen entwickelt, damit sich Geringverdiener unter den Fans auch in einer lange anhaltenden Wirtschaftskrise Stadiontickets leisten können. Denn: Ein alternativer Fußball ist möglich.
Über den Autor
Ronny Blaschke beschäftigt sich als Journalist und Buchautor mit politischen Themen rund um den Fußball. Vor Kurzem ist von ihm erschienen: „Machtspieler – Fußball in Propaganda, Krieg und Revolution“. Weitere Informationen: www.ronnyblaschke.de, Twitter: @RonnyBlaschke
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Leitung
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