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Gerade während der Corona-Krise steht die Politik vor der besonderen Herausforderung, verlorengegangenes Vertrauen zu erneuern und dadurch Versuche rechter Instrumentalisierung abzuwehren.
Bild: von April-Mediengruppe
Bild: von Susann Rüthrich
Während sich viele Menschen aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens ins Heimische zurückzogen, war in den vergangenen Wochen zugleich eine starke Mobilisierung zu sogenannten „Hygiene-Demos“ zu beobachten. Es versammelten sich zum einen verunsicherte Bürger_innen, die die pandemiebedingten Grundrechtseinschränkungen hinterfragten, zum anderen aber auch Menschen, die die Existenz des Virus grundsätzlich leugneten. In dieser Melange fanden sich nicht nur zunehmend bekannte Neonazi-Gruppierungen, Reichsbürger_innen, rechte Bündnisse oder Vereine wie z. B. „Ein Prozent“, rechte Parteien wie die NPD und AfD sowie die in diesem Zuge neu gegründete Partei „Widerstand 2020“. Auch die Anmeldung der Demos ging oft von diesen Gruppierungen aus. Es bildete sich dort ein Nährboden für Verschwörungserzählungen, die auf antisemitische sowie rassistische Ressentiments zurückgreifen und damit Spaltung und Hetze Vorschub leisten.
Maßnahmen – gerade während einer solchen Krise – kritisch zu hinterfragen begrüße ich. Es gehört zu unseren Grundrechten, dafür auch zu demonstrieren. Der Beurteilung, ob ich mich mit den jeweiligen Demonstrationen solidarisiere, liegen für mich als sozialdemokratische Politikerin die Prämissen des Einstehens für Zusammenhalt und Solidarität zugrunde. Genauso wie es bisher an uns lag, die Flüchtlingspolitik nicht an PEGIDA auszurichten, kommt es auch jetzt darauf an, die Lauten nicht mit der Mehrheit gleichzusetzen. Ihnen steht im Gegenteil eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung entgegen, die die verhängten Maßnahmen und die gegenseitige Rücksichtnahme mitträgt. Dennoch werfen die teilweise erfolgreichen Versuche demokratiefeindlicher Gruppierungen, die Krise zu vereinnahmen, die wichtige Frage auf, wie es um das Vertrauen von Bürger_innen in Staat und Politik steht.
Misstrauen in Politik und Regierung ist ein Phänomen, welches sich bereits vor der Corona-Pandemie durch die Gesellschaft zog, wie die aktuelle Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung gezeigt hat. Doch während es einerseits gilt, sich von den demokratiefernen Gruppen entschieden zu distanzieren, muss die Politik andererseits das Misstrauen, die Sorgen und Verunsicherungen gegenüber staatlichem und politischem Handeln aufnehmen und darauf eingehen.
Dazu braucht es grundsätzlich einen Dialog auf Augenhöhe, in welchem Politiker_innen Menschen als Expert_innen ihres eigenen Lebens wahrnehmen. Hier waren während der Corona-Pandemie bewährte Formen, wie beispielsweise die Bürger_innensprechstunde, nicht mehr geeignet. Es galt neue Wege des Austauschs zu schaffen, seien es Telefon- und WhatsApp-Sprechstunden, Videokonferenzen oder Austausch über soziale Medien. Doch auch abseits des direkten Kontakts bedarf es vertrauensschaffender Kommunikation. Als Politiker_innen müssen wir mit unseren Worten die Lebensrealitäten der Menschen erreichen. Diese Kommunikation muss natürlich in transparentes und glaubwürdiges Handeln nach dem Motto „Sag, was du tust, und tu, was du sagst!“ eingebettet sein. So können wir – gerade in Krisenzeiten – echte Orientierung bieten und Entscheidungen nachvollziehbar machen. Denn nur wer weiß, welche Visionen und Ziele, aber auch welche Annahmen und Leitlinien hinter der aktuellen Politik stehen, kann sich eine eigene, informierte Meinung dazu bilden. Vor diesem Hintergrund ist die Corona-Krise die ideale Chance, die eigene politische Kommunikation zu hinterfragen und verlorengegangenes Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Ob wir diese Chance erfolgreich ergriffen haben, wird uns aber erst die Zukunft zeigen.'
Über die Autorin:Susann Rüthrich ist Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Meißen und Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der SPD-Bundestagsfraktion.
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