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Marlene Engelhorn hat eine mutige und kluge Analyse zu dem Phänomen „Geld“ verfasst: Woher kommt es? Wem dient es? Welche Macht und welche Einflussnahme sind damit verbunden? Wie ist es verteilt? Und vor Allem: Wie lässt es sich gerechter verteilen? Dieses Buch ist mehr als nur die reine Kritik an den bestehenden Verhältnissen, es ist auch eine starke Forderung, sich der Problematik der ungleichen Verteilung von Geld und Vermögen zu stellen und die Diskussion für eine gerechtere Verteilung der Geldmittel energisch und praktisch zu unterstützen.
Marlene Engelhorn
Geld
Kremayr & Scheriau, Wien 2022
Felix Heidenreich geht den Ursachen und Hintergründen einer oft zu spürenden Demokratiemüdigkeit und -gefährdung und der damit einhergehenden Entfremdung vieler Menschen von Politik und Staat nach. Er konstatiert eine weit verbreitete Unlust wie auch eine Haltung des Forderns gegenüber der Politik. An historischen wie auch aktuellen Beispielen zeigt er, dass Demokratien immer erkämpft und umkämpft waren. Sie hatten nur Bestand, wenn ihre Bürger*innen für die Erhaltung ihres politischen Gemeinwesens eingetreten sind, sich also Demokratie „zugemutet“ haben. In einer Zeit der sowohl äußeren Bedrohung, wie etwa des Ukrainekriegs, als auch der immer stärker werdenden populistischen Strömungen, gewinnt seine Forderung nach einem Perspektivwechsel - weg von einer Forderungs- und Erwartungshaltung der Bürger*innen an die Demokratie, hin zu der Frage, was ihnen für die Erhaltung einer freiheitlichen Demokratie zugemutet werden darf und muss - große Bedeutung.
Felix Heidenreich
Demokratie als Zumutung. Für eine andere Bürgerlichkeit
Klett-Cotta, Stuttgart 2022
Die Machtverhältnisse und Allianzen, die die Wirtschafts- und Außenpolitik des Westens prägten, sind ins Wanken geraten. Die Dominanz des industrialisierten Nordens wird von vielen Ländern des Globalen Südens zunehmend in Frage gestellt. Das beeinflusst die internationale Politikwahrnehmung. Die Ursachen des Aufbegehrens liegen u.a. in der Ablehnung kolonialer Ausbeutung und ihrer fortgesetzten Praktiken wie auch in Marginalisierungserfahrungen. Neue Machtzentren wie Brasilien, China, Indien und Südafrika zwingen den Westen zu einer anderen Politik gegenüber dem Süden. Die veränderten Kräfteverhältnisse bieten den Ländern des Südens neue Entscheidungsspielräume. Das Buch führt aus, wieso der Globale Süden so agiert, wie er agiert, warum er dem Westen gegenüber so skeptisch ist, aber zeigt auch die Chance auf, globale Probleme gemeinsam zu lösen. „Wir“ sollten dieses Buch lesen!
Johannes Plagemann und Henrik Maihack
Wir sind nicht alle. Der globale Süden und die Ignoranz des Westens
C.H. Beck, München 2023
In unserer immer diverser werdenden Gesellschaft werden Debatten um Identität und Zugehörigkeit teils heftig geführt. Neimans philosophischer Essay stellt hierbei ein leidenschaftliches wie überzeugendes Plädoyer dafür dar, an den Errungenschaften der Aufklärung festzuhalten: an universellen, für alle Menschen gleichermaßen geltenden Werten, am Streben nach Gerechtigkeit trotz problematischer Machstrukturen sowie am Glauben, dass Fortschritt im Sinne einer gerechter werdenden Gesellschaft möglich ist. Rechtskonservatives Stammesdenken zu ethnischer Zugehörigkeit ist daher für sie ebenso abzulehnen wie die Reduktion der Identität unterdrückter Minderheiten auf nur ein einziges Identitätsmerkmal wie Hautfarbe oder Herkunft. Neiman schafft Klarheit im Begriffswirrwarr identitätspolitischer Debatten. Lesenswert!
Susan Neiman
Links ist nicht woke
Hanser, Berlin 2023
Zur buch|essenz - Kurzgefasst und eingeordnet von Paula Schweers
Es wird viel über die Zukunft unserer Welt diskutiert und dabei oft vergessen, wie wesentlich der Faktor Arbeit mit den globalen Veränderungen – negativ wie positiv – verwoben ist. Unser Arbeitsbegriff stammt weitgehend noch der Wirklichkeit des 20. Jahrhunderts. Doch wir brauchen dringend ein Arbeitsverständnis für das 21. Jahrhundert. Deshalb plädiert der Autor Hans Rusinek für eine ökologisch orientierte Umdeutung des Arbeitsbegriffs. Unsere Arbeit soll „enkeltauglich“ werden und uns selbst mit Würde und Sinn erfüllen. Nicht die Bedingungslosigkeit ist die Lösung, sondern die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und eine Sensibilität weit über den rein selbstbezogenen und ökonomischen Ansatz hinaus. Auch wenn das Buch kein Ratgeber sein will, schafft es doch durch seine Betrachtungen große Lust auf Diskussion und Veränderung. Es ist somit eine sehr lohnende Lektüre. Zudem punktet das Buch durch seinen Witz und seine Wachheit.
Hans Rusinek
Work Survive Balance. Warum die Zukunft der Arbeit die Zukunft unserer Erde ist
Herder, Freiburg 2023
Sally Lisa Starken und Tina Ruthe haben ein gelungenes Kinderbuch zum Thema Demokratie für Vorschulkinder vorgelegt, das weitgehend darauf verzichtet, größere und für die Zielgruppe zu abstrakte politische Ebenen zu betrachten. Vielmehr ist die Geschichte, in der eine Hausgemeinschaft entscheiden muss, wie sie gemeinsam einen Garten gestaltet will, verständlich und am Alltag der Kinder erzählt. Demokratie wird hier im Kleinen als sehr sinnvolle und notwendige Form des Zusammenlebens beschrieben – auch oder gerade weil deutlich wird, dass ganz unterschiedliche Menschen auch sehr verschiedene Interessen haben. Die Illustrationen von Sophia Schrade sind freundlich, witzig und zielgruppengerecht. Dieses erzählende Sachbuch ist damit rundum gut geeignet, Kinder in das Thema Demokratie einzuführen.
Sally Lisa Starken, Tina Ruthe
Was ist eigentlich Demokratie?
Community Editions, Köln 2023
Jo Angerer, Korrespondent für ARD und die Wiener Tageszeitung Der Standard in Moskau, erzählt in einer Reihe eindringlicher Sachtexte - samt Einordnungen von der Historikerin Carmen Scheide - berührende Geschichten mutiger Frauen im Kampf gegen autoritäre Systeme in postsowjetischen Staaten - und lässt Leser gleichermaßen aktuelle Entwicklungen besser verstehen. Sein Befund ist eindeutig: Die osteuropäische Revolution ist vorwiegend weiblich. Von der niedergeknüppelten Revolution in Belarus über Russland, die Ukraine bis hin nach Kirgisistan und Aserbaidschan, wo die Zeit in gewisser Weise stehengeblieben zu sein scheint, erzählt Angerer über den Widerstand der Frauen und lässt bewegende, manchmal auch schockierende Berichte und viele kleine Beobachtungen einfließen. Ein erhellender Einblick in das aktuelle politische Geschehen Osteuropas und seiner Protagonistinnen.
Jo Angerer
Wenn Widerstand weiblich ist. Die Revolution der Frauen in den postsowjetischen Staaten
Goldmann, München 2022
Teresa Bücker plädiert in ihrem Buch dafür, Zeit-Gerechtigkeit zu einem zentralen Thema der Politik zu machen. Hektik und Zeitmangel prägten das Alltagsleben und beeinträchtigten die Möglichkeiten politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Teilhabe, insbesondere für Frauen und Familien. Politik und Gesellschaft müssten daher Lösungen finden, allen mehr Zeitressourcen für Teilhabe, Care-Aufgaben, ehrenamtliches Engagement und für die Selbstfürsorge zu ermöglichen. Lösungen sieht die Autorin unter anderem in der Vier-Tage-Woche, dem bedingungslosen Grundeinkommen oder bezahltem Freiwilligendienst. Mit der Zeitpolitik greift die Autorin ein wichtiges Thema im Trend auf. Auch wenn nicht alle Überlegungen und Lösungsansätze voll verfangen, liefert sie mit ihrem Buch eine solide und lesenswerte Basis für weitergehende politische Diskussionen.
zur BuchEssenz
Teresa Bücker
Alle_Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit
Ullstein, Berlin 2022
Haffert liefert eine differenzierte Perspektive auf die wieder aufgelebte Debatte um den Stadt-Land-Konflikt, ohne einfach die These vom „abgehängten Land“ zu wiederholen. Das Buch lebt von den vielen fundierten Daten und Analysen auf Grundlage aktueller Befragungen und Untersuchungen. Der Autor sieht die Ursache der Differenzen in der unterschiedlichen Entwicklung der ökonomischen Strukturen, kulturellen Werte und Lebensweisen in den großen Städten und den ländlichen Räumen. Politischen Ausdruck findet diese Polarisierung zunehmend im Wahlverhalten – starke Grüne in den Städten, und starke AfD eher im ländlichen Bereich. Dass keine fertigen Lösungen aufgezeigt werden, schadet dem Buch nicht. Dem Autor geht es vielmehr darum, die (Daten)Basis für Lösungen zu schaffen.
Lukas Haffert
Stadt, Land Frust. Eine politische Vermessung.
C.H. Beck, Edition Mercator, 2022
Mit ihrem Buch widmen sich die Autorinnen der aktuell viel diskutierten Frage, warum Esoterik, Sekten und pseudowissenschaftliche Methoden und Theorien für viele Menschen attraktiv sind und welche Gefahren damit einhergehen. Sie hinterfragen dabei die Hintergründe und Wirkungsmechanismen dieser Phänomene in Bezug auf alle Lebensbereiche. Einen besonderen Schwerpunkt legen sie auf die möglichen Interdependenzen zwischen esoterischen Welterklärungsmodellen und rechtsextremen politischen Ansichten und auf die Anfälligkeit für eine Instrumentalisierung durch extrem rechte Kräfte. Das Buch zeigt eindrücklich die Risiken auf, die sich aus einer unreflektierten Hingabe an esoterische Gedankenwelten ergeben können – sowohl in persönlicher als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht.
Pia Lamberty, Kathatina Nocun
Gefährlicher Glaube. Die radikale Gedankenwelt der Esoterik
Bastei Lübbe, Köln 2022
Die zunehmende Diversität unserer Gesellschaft in ethnischer, kultureller und lebensanschaulicher Hinsicht zählt neben dem Klimawandel sicherlich zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Zu der identitätspolitisch oft sehr emotional geführten Debatte liefert Mounk in seinem ausgesprochen lesenswerten Buch einen angenehm unaufgeregten und argumentativ sehr ausgewogenen Beitrag, der auf die Chancen der Zuwanderungsgesellschaft hofft und dabei die großen Herausforderungen für eine in ethnischer wie religiöser Hinsicht immer bunter werdende liberale Demokratie nicht unterschlägt. Gelingen kann dieses nach Ansicht des Autors große Experiment in einer starken Demokratie, die Wohlstand sichert, ihre Institutionen inklusiv gestaltet und soziale Teilhabe garantiert.
Yascha Mounk
Das große Experiment. Wie Diversität die Demokratie bedroht und bereichert
Droemer, München 2022
Geht vor deutschen Gerichten alles mit (ge)rechten Dingen zu? Hängt Gerechtigkeit in Prozessen etwa zu sehr vom Einkommen der Angeklagten ab? Sind Pflichtverteidigung und eine gute anwaltliche Vertretung nicht in allen Fällen Standard? Diesen beunruhigenden Fragen muss sich das deutsche Justizsystem von Steinkes überaus profundem, pointiert geschriebenem und dank seiner zahlreichen Beispielfälle anschaulichem Buch gefallen lassen. Auch die diskussionswürdigen Lösungswege aus der Misere, wie etwa eine bessere personelle Ausstattung der Justiz, Pflichtverteidigung für alle oder eine genaue Einkommensprüfung besonders bei Wohlhabenden, machen Steinkes kritische Analyse auch für juristische Laien sehr lesenswert.
Ronen Steinke
Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich. Die neue Klassenjustiz
Berlin Verlag, Berlin 2022
Ein kindgerechtes Sachbuch zum Thema Umweltschutz in einem Design, das die Phantasie und Aktivität von Kindern und Jugendlichen anregt. Die angesprochenen Themen decken alles ab, was im Augenblick die Gesellschaft in Sachen Umweltschutz bewegt. Hervorgehoben wird immer wieder, dass viele Probleme nicht allein behoben werden können, sondern es wichtig ist, sie gemeinsam anzugehen. Viele der alltagstauglichen Tipps und Spaß machenden Mitmach-Ideen können Kinder sicher direkt umsetzen, zu einigen ist aber doch eine Anleitung durch Erwachsene sinnvoll. In diesem Sinne ist auch die Vorstellung der vielen Porträts und Initiativen junger Leute zu verstehen: Wenn alle ihren Teil dazu beitragen, kann die Welt Schritt für Schritt zum Besseren verändert werden.
Lucy Bell
You can change the world. Was DU tun kannst!
Loewe 2020
Die Autorin dokumentiert mit ihrer berührenden Reportage die immer stärker werdende Entsolidarisierung unserer Gesellschaft. Die Tatsache, dass immer mehr Menschen trotz Vollzeitbeschäftigung in prekären Verhältnissen leben, ein selbstbestimmtes erfülltes Leben nicht möglich ist, belegt sie exemplarisch an ausgewählten Schicksalen von Menschen unterschiedlicher sozialer Milieus. Sie zählen zu den ca. 50 Prozent der Menschen, die weder auf Vermögenswerte zurückgreifen noch diese aufbauen können, und immer in Gefahr sind, in die Armut abzurutschen. Als eine wesentliche Ursache dafür sowie für den Zerfall sozialer Räume, arbeitet sie die dramatischen Umbrüche und Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt in Folge neoliberaler Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik heraus. Eine Politik, die sich nicht fortsetzen sollte, um den Zusammenhalt und die Demokratie in unserer Gesellschaft nicht ernsthaft zu gefährden.
Zur buch|essenz der Friedrich-Ebert-Stiftung
Julia Friedrichs
Working Class. Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können.
Berlin Verlag 2021
In diesem Buch vertritt Beate Hausbichler überzeugend die These, dass die gesellschaftliche Bewegung des Feminismus Gefahr läuft, zweckentfremdet zu werden und sich von ihren eigentlichen Zielen zu entfernen. Der Feminismus sei vom „Kapitalismus gekapert“ worden und werde in Werbung, Mode und auch in den Sozialen Medien als kommerzielle Worthülse genutzt. Hausbichler kritisiert auch, dass der aktuelle Trend zur „Selbstoptimierung“ der Frau zu einer Individualisierungstendenz geführt habe und der gekaperte Feminismus sich damit immer mehr von seinem eigentlichen Ziel, durch kollektives Handeln strukturelle Verbesserungen für mögliche viele Frauen - und nicht nur für „das eigene Selbst“ - zu erreichen, entfernt. Dieses Ziel gelte es nun zu reaktivieren und den Feminismus als kollektive Bewegung und gesellschaftliche Gestaltungskraft wieder stark zu machen.
Beate Hausbichler
Der verkaufte Feminismus. Wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde.
Residenz 2021
Mariana Mazzucato, renommierte Innovationsökonomin und Regierungsberaterin, wählt in MISSION das Beispiel der amerikanischen Mondlandung der 60er Jahre als Modell für ein anderes, zukunftsweisendes Regierungshandeln, das innovativ, risikofreudig und systemisch offen ist. In ihrem Szenario ist der Staat nicht mehr nachsorgender Reparateur mit Vollhaftung für marktwirtschaftliches Versagen, er ist ein zukunftszugewandter und taktgebender Motor mit Kraft für Inspiration. Denn nur mit einem derartigen aktiven Staat wird es laut der Autorin gelingen, die großen Themen unsere Zeit – Umwelt, Wirtschaft, Klima und digitaler Wandel – in den Griff zu bekommen. Aber dafür muss er sich auch selber und seine Exekutiven neu erfinden. MISSION ist ein sehr lesenswertes Buch, dass wichtige Fragen stellt und eine echte Vision mit möglichen Antworten entwickelt.
English Version
In Mission Economy, Mariana Mazzucato, renowned innovation economist and government adviser, takes the example of the US moon landing in the 1960s as a model for a different, future-oriented approach to government action, one which is innovative, bold and systemically open. In her scenario, the state is no longer confined merely to cleaning up after market failures, but a future-oriented and pace-setting engine and an inspirational driving force. Only with such an active state, according to the author, will we be able to get to grips with the major issues of our time, the environment, the economy, climate change and digital transformation. To that end, however, the state and its executives will have to reinvent themselves. Mission Economy is a highly readable book that poses important questions and develops a genuine vision with feasible solutions.
Mariana Mazzucato
Mission. Auf dem Weg zu einer neuen Wirtschaft.
Campus 2021
Wer würde vermuten, dass Finanzgeschäfte weltweit vorrangig nach angloamerikanischem Recht getätigt werden, und das deshalb, weil die alles entscheidenden Börsen in London und New York liegen? Spekulative Derivate, Blockchains oder auch patentierte Gensequenzen werden dabei gleichermaßen juristisch codiert. Damit tragen Anwält_innen als Hüter_innen des Codes, so die überzeugende These der Autorin, zu einer sich immer weiter verschärfenden gesellschaftlichen Ungleichheit bei. Pistor ermöglicht mit ihrer lesenswerten Studie einen echten Perspektivwechsel auf den modernen Finanzkapitalismus. Der Staat als Garant für die Durchsetzung von Recht rückt damit zugleich als entscheidender Problemlöser in den Fokus.
Katharina Pistor
Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft.
Suhrkamp 2020
Florian Schroeder ist ein bekannter Autor, Moderator, Kabarettist und Comedian. Er versteht es, in seinem Buch "Schluss mit der Meinungsfreiheit" unaufgeregt und klug auf die wichtigen Themen unserer Zeit zu schauen. Sie werden fachlich fundiert, gut verständlich und unterhaltsam nahegebracht. Seine gesellschaftlichen Analysen sind zutreffend und überzeugend. Dabei ist es mehr ein ernst zu nehmendes Sachbuch als Comedian Literatur. So setzt er sich mit allen Aspekten der Meinungsfreiheit auseinander, beleuchtet die Standpunkte auch von gegensätzlichen Seiten und erläutert die gesellschaftliche Relevanz dieser Thematik, ernsthaft und zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln. Das Buch ist eine überzeugende und anregende Streitschrift für eine bessere Debattenkultur.
Florian Schroeder
Schluss mit der Meinungsfreiheit. Für mehr Hirn und weniger Hysterie.
dtv 2021
Internet und Digitalisierung haben einen neuen Unternehmenstyp hervorgebracht, der eine supranationale Aufstellung mit einer umfassenden Monopolisierung und Ökonomisierung von Kommunikation über das Netz verbindet. Das historische weit ausgreifende und sehr informationsreiche Buch, das geradezu wie ein Handbuch gelesen werden kann, analysiert die technischen und wirtschaftlichen Strategien der Industrie der Internet-Plattformen. Deren globale Reichweite bei zunehmender Unausweichlichkeit ihrer Angebote entwickelt sich zu einer strukturellen Herausforderung politischer Gestaltungsmöglichkeiten wie auch demokratischer Entscheidungsgewalt.
Michael Seemann
Die Macht der Plattformen. Politik in Zeiten der Internetgiganten.
Ch. Links 2021
In seinem faktenreichen, umfassenden Buch beschreibt Christian Berg unsere beinahe ungebremste Annäherung an die planetaren Belastungsgrenzen und benennt die verschiedenen Gründe für den Mangel an nachhaltigem Verhalten, die er in unserer Natur, in institutionellen Mängeln und in zeitgeistigen Verhaltensmodellen sieht. Er belässt es nicht bei der Analyse der Barrieren, sondern bietet wohlüberlegte und praxistaugliche Lösungsansätze zu deren Überwindung. Christian Bergs Buch ist wohltuend frei von Alarmismus und Polemik. Der Autor bietet mit diesem Betriebshandbuch für den Maschinenraum der Politik eine hervorragende Grundlage für den dringend notwendigen Pfadwechsel in unser aller Umgang mit unserem Lebensraum.
Christian Berg
Ist Nachhaltigkeit utopisch? Wie wir Barrieren überwinden und zukunftsfähig handeln
Oekom 2020
Profund beschreibt der Schweizer Ökonom und Publizist Roger de Weck die Ursachen für das gleichzeitige Erstarken des Ultrakapitalismus und der Neuen Rechten. Er analysiert präzise die Strategien und Methoden ihrer Akteur_innen, mit denen sie die Demokratie schwächen und ihre reaktionären Ziele durchsetzen wollen. „Bietet die Demokratie keine Alternativen, sucht man nach Alternativen zur Demokratie.“ Emphatisch beschwört er die Kraft der Demokratie, die er in ihrer Fähigkeit sieht, sich permanent zu erneuern und zu modernisieren. Hierfür macht er zwölf ganz konkrete Vorschläge.
Roger de Weck
Die Kraft der Demokratie. Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre
Die Autorinnen untersuchen in ihrem detailliert recherchierten Buch, wie die Hauptakteur_innen der „Klimaschmutzlobby“ Klimaschutzbemühungen in zentralen Bereichen der Wirtschaft seit Jahrzehnten behindern und erfolgreiche Entwicklungen zurückdrehen. Sichtbar werden in dem Buch global agierende Netzwerke fossiler Industrien und der Agrarwirtschaft, die in erschreckendem Ausmaß Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Deren Desinformationen im Hinblick auf die Auswirkungen der Energiewende haben nicht zuletzt zum globalen Erstarken des Rechtspopulismus beigetragen, so die Autorinnen. Sie greifen damit ein Thema auf, das angesichts mangelnder Transparenz bis jetzt wenig Aufmerksamkeit erhalten hat. Die vorgelegte politische Analyse ist erhellend und ernüchternd zugleich und damit ein wichtiger Beitrag zur weiteren Diskussion.
Susanne Götze, Annika Joeres
Die Klimaschmutzlobby. Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen
Piper 2020
Die fünf größten Digitalkonzerne der Welt akkumulieren in einer nie dagewesenen Weise Kapital und Macht, die zunehmend daran zweifeln lässt, ob in unseren Demokratien noch „Herrschaft durch Technik“ ausgeübt wird oder in Teilen nicht schon eine „Herrschaft der Technik“ bestimmend ist. Nemitz und Pfeffer legen mit ihrer überaus lesenswerten und umfassenden Studie neben einer grundlegenden Analyse der gegenwärtigen Entwicklungen auch eine Ideologiekritik vor, die Demokratieverständnis wie Menschenbild der digitalen Konzerne als fragwürdig erscheinen lässt. Zugleich geben sie in ihrem überzeugenden Plädoyer für Autonomie und kritische Öffentlichkeit als Grundlagen der Demokratie konkrete Handlungsempfehlungen für die Etablierung einer neuen Verantwortung der technischen Intelligenz.
Paul Nemitz, Matthias Pfeffer
Prinzip Mensch. Macht, Freiheit und Demokratie im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz
Dietz 2020
Komplizierte Zusammenhänge des Klimawandels erläutert die Autorin in ihrem Jugendbuch kompetent und sachkundig. Es werden Phänomene und komplexe Entwicklungen rund um das Wetter gut verständlich und faktenreich erklärt. Detailreiche Illustrationen ergänzen die Thematik unterhaltsam. Ein Buch nicht nur für Kinder und Jugendliche sondern für alle, die wissen wollen, warum die Bewegung Fridays for Future die Jugend der Welt auf die Straßen getrieben hat.
Kristina Scharmacher-Schreiber, Stephanie Marian
Wie viel wärmer ist 1 Grad? Was beim Klimawandel passier
Beltz&Gelberg 2019
Karolin Schwarz zieht einen Bogen von den Morden des Rechtsterroristen Breivik 2011 zu den Anschlägen in Christchurch, Halle und dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke 2019. Sie zeigt auf, wie extreme Rechte sich im Internet offen radikalisieren und über nationale Grenzen hinweg Netzwerke gründen. Rechtspopulistische Regierungen und totalitäre Regime bilden dabei mit rechten Lügner_innen und Hetzer_innen im Netz eine unheilvolle, befeuernde Allianz. Die Autorin erläutert nachvollziehbar und fundiert, wie rechte Strategien und Technologien erkannt und bekämpft werden könnten, damit Gesellschaft, Politik und Justiz wehrhaft bleiben gegenüber diesen Angriffen auf Demokratie und Menschenwürde.
Karolin Schwarz
Hasskrieger. Der neue globale Rechtsextremismus
Herder 2020
Wie kann es sein, dass in einer immer reicher werdenden Gesellschaft die existenzielle Wohnungsnot in den Städten immer mehr zunimmt? Wie kann der Grund und Boden, der laut eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts „unvermehrbar und unentbehrlich“ ist, wie beliebig reproduzierbare Wirtschaftsgüter den Kräften des freien Marktes und damit vorrangig der leistungslosen Gewinnmaximierung Einzelner überlassen bleiben? In seinem überaus lesenswerten kleinen Band resümiert Hans-Jochen Vogel sein Lebensthema und argumentiert juristisch kenntnisreich und politisch überzeugend für eine nach wie vor notwendige Reform der Bodenordnung, die sich am Gemeinwohl und nicht am privaten Interesse orientiert.
Hans-Jochen Vogel
Mehr Gerechtigkeit! Wir brauchen eine neue Bodenordnung – nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar
Herder 2019
Axel Berg stellt seine Roadmap für eine Energiewende vor, die innerhalb von zehn Jahren eine grundsätzliche Umstellung der Energieversorgung Deutschlands ermöglichen soll. Er führt konkret und umfassend aus, mit welchen Mitteln der Wechsel hin zu einer dezentralen Versorgung mit regenerativen Energien und damit verbunden die Einhaltung der Klimaziele zu erreichen ist.
Der Autor erläutert dabei die zugrundeliegenden Mechanismen von Klimawandel, Energiewirtschaft und Gesetzgebung und begründet seine Thesen wirtschaftlich, ökologisch und systemisch schlüssig.
Axel Berg
Energiewende einfach durchsetzen. Roadmap für die nächsten zehn Jahre
Oekom, München 2019
Ute Frevert bietet einen interessanten historischen Überblick über die Entwicklung des Kapitalismus, die Ökonomisierung aller Lebensbereiche sowie die Rolle der Moral und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Polarität von Moral und Wirtschaft.
Moral sei eine kritische Antriebskraft und Korrekturquelle des Kapitalismus, die aber heute weitgehend brachliege. Die Autorin fordert den Staat als Korrektiv auf, Märkte zu begrenzen und das Gemeinwohl zu fördern. Nur so sei auch ein Wiedereinzug der Moral in unser Handeln als Konsument_innen möglich.
Ute Frevert
Kapitalismus, Märkte und Moral
Residenz, Wien 2019
Welches neue, von politischer Verantwortung getragene ökonomische Denken braucht es angesichts des offensichtlichen Versagens einer neoliberal geprägten Ökonomie? Wie lässt sich für die Bevölkerung auch künftig eine hochwertige öffentliche Infrastruktur sicherstellen?
Mit einer überzeugenden fundamentalökonomischen Analyse sowie mit der Forderung nach sozialer Verantwortung der politischen Akteure und gesellschaftlicher Solidarität liefern die Autor_innen eine höchst diskussionswürdige und zukunftsweisende Antwort.
Julie Froud et al. (Foundational Economy Collective)
Die Ökonomie des Alltagslebens. Für eine neue Infrastrukturpolitik
Suhrkamp, Berlin 2019
Material- und faktenreich, kontrovers und abwägend analysiert der Berliner Historiker die gesellschaftliche Transformation im Osten Deutschlands.
Aus östlicher wie auch westlicher Perspektive widmet er sich den sozialen und politischen Verwerfungen der (Nach)Wendezeit als Folge des Zusammenbruchs aller sozialen Strukturen, der Deindustrialisierung, des umfassenden Elitentauschs wie auch der Konstruktion „des Ostdeutschen“.
In den nicht gebrochenen obrigkeitsstaatlichen Traditionen sieht der Autor eine Erklärung für die sich nur langsam entwickelnde demokratische Kultur in den neuen Bundesländern.
Ilko-Sascha Kowalczuk
Die Übernahme. Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde
C.H. Beck, München 2019
Der Historiker Plamper liefert eine wichtige Grundlage für die notwendige Debatte über unser Zusammenleben in Vielfalt.
Der Autor erzählt die Geschichte Deutschlands aus vielfältigen Perspektiven als Geschichte der Migration und kommt zu dem Fazit, dass das „neue Wir“ längst begonnen hat.
Überzeugt von „der beflügelnden Kraft der Migration“ schlussfolgert Plamper, dass Migrationsgesellschaften weit besser funktionieren, wenn den Migrant_innen Teilhabemöglichkeiten eröffnet werden, anstatt Assimilation zu verlangen.
Jan Plamper
Das Neue Wir. Warum Migration dazugehört: Eine andere Geschichte der Deutschen
S. Fischer, Frankfurt am Main 2019
Deutschland wandelt sich immer mehr von einer homogenen Nation hin zu einem offenen Land, in dem Diversität die Regel ist. Bereits heute haben – eng gefasst – rund 17 Millionen Mensch in Deutschland einen Migrationshintergrund. Und noch nie war der Fortschritt bei der Integration so groß wie heute, wie der Autor Aladin Al-Mafaalani betont. Er hält es allerdings für einen großen Irrtum zu glauben, dass mehr Integration zu mehr Harmonie führt. Der Konflikt ist anstrengender, aber positiver Ausdruck des Zusammenwachsens. Offene Gesellschaften sind zwar offen, aber nicht beliebig. Sie ermöglichen einen ständigen Diskurs über die Art und Weise des Zusammenlebens und bringen so die Gemeinschaft insgesamt nach vorne. Der Konflikt als Motor gesellschaftlicher Entwicklung - keine neue These, aber ein erfrischend positiver Beitrag zu der in den letzten Jahren oft festgefahrenen Diskussion um Integration.
Aladin El-Mafaalani
Das Integrationsparadox. Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018
Die 1976 in Ostberlin geborenen Juna Grossmann kommt in ihrem erschütternden Bericht über alltäglichen Antisemitismus in Deutschland zu dem bestürzenden Resümee, dass ein offenes Bekenntnis zu ihrer Identität als Jüdin nicht mehr möglich ist. Diese Einsicht speist sich aus den täglichen Erfahrungen von offenem Hass, Unkenntnis oder Gleichgültigkeit, die sie als Mitarbeiterin des Jüdischen Museums in Berlin machen muss, aber auch aus den zahllosen Beispielen offener und versteckter Diskriminierung im privaten Alltag, denen sie selbst oder ihre Freunde und Bekannten begegnen. Dieses aufrüttelnde und aufklärende Buch endet mit dem deutlichen Zweifel an der Kraft der Demokratie und der traurigen Feststellung, dass ihre Überlegungen zu einer Emigration immer realistischer werden.
Juna Grossmann
Schonzeit vorbei. Über das Leben mit dem täglichen Antisemitismus
Droemer Knaur, München 2018
Die sächsische Integrations-und Gleichstellungsministerin analysiert vor dem Hintergrund ihrer zahlreichen Gespräche im Land die Kluft zwischen Ost und West und fordert eine Aufarbeitung der Nachwendezeit. Sie schildert die Gründe für das im Osten so verbreitete Misstrauen gegen die Politik, für die Wut, die viele auf die Straße treibt, beschreibt die Demütigungen und Kränkungen der Nachwendepolitik (Treuhand, Elitenaustausch, Abwertung von Berufsabschlüssen und Betriebsrenten, Unterstellung politischer Rückständigkeit). Das Buch macht konkrete Vorschläge für eine gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung der Nachwendezeit und gibt den Anstoß für eine überfällige Debatte über unser gesamtdeutsches Selbstverständnis. Insbesondere jüngeren und westdeutsch sozialisierten Menschen wird das Buch wichtige Denkanstöße geben.
Petra Köpping
Integriert doch erst mal uns! Eine Streitschrift für den Osten
Ch. Links, Berlin 2018
Der Titel dieses Buches ist identisch mit dem Namen einer von Autor bereits 2016 gegründeten Plattform, die gegen Hass und Hetze im Internet vorgehen und aufklärerisch wirken soll. Mit eben diesem Impetus hat Hannes Ley, selbstständiger Kommunikationsberater, auch sein Buch verfasst. Ley beschreibt und kritisiert die Phänomene, die immer wieder zu Hass und Falschinformationen im Netz führen. Es sind vor allem politische Beeinflussung durch nicht nachgewiesene Behauptungen, Verschwörungstheorien, Rassismus, Rechtsextremismus, Gewaltverherrlichung und Gewaltandrohung. Das Buch endet mit erhellenden und hilfreichen praktischen Ratschlägen zur "Ersten Hilfe bei Hasskommentaren". Eine wichtige Lektüre für alle, die den demokratischen Diskurs auch im Netz verteidigen wollen.
Hannes Ley
#ichbinhier. Zusammen gegen Fake News und Hass im Netz
DuMont, Köln 2018
Das akribisch recherchierte Buch beschreibt eine neue Afrikapolitik der EU und Deutschlands, die auf Grenzsicherung schon in den afrikanischen Ländern gerichtet ist und die Migrationskontrolle auf die Herkunftsländer verschieben möchte. So verlagert sich der Fokus der Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik auf militärische Ausrüstung, Grenzsicherung und Abkommen zur Rücknahme von Migrant_innen – und damit letztendlich auf die Verhinderung von Migration in Afrika selbst. Dies eröffnet Räume für kriminellen Menschenhandel, wie die Autor_innen aufzeigen. Ein aktuelles, kritisches und informatives Buch, das den Blick auf globale Ungerechtigkeiten und die Verteidigung von Wohlstandsräumen richtet.
Christian Jakob, Simone Schlindwein
Diktatoren als Türsteher Europas. Wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert
Ch. Links Verlag, Berlin 2017, 317 Seiten
Die Autorin hält ein engagiertes Plädoyer für die Energiewende, die sie aktuell gefährdet sieht. Dabei setzt sie sich kritisch mit den Argumenten der auch durch Lobbyisten unterstützten Gegner der alternativen Energien auseinander. Sie befürchtet, dass durch die negative Berichterstattung über angebliche Kostenexplosion, mögliche Blackouts, Stromarmut u.a. die Energiewende ausgebremst wird. In 10 Kapiteln werden diesen, insb. von Atom- und Kohleindustrie verbreiteten Behauptungen schlüssige Gegenargumente entgegengesetzt. Ein streitbarer, wichtiger und aktueller Diskussionsbeitrag in Zeiten, in denen Leugner_innen des Klimawandels wieder auf dem Vormarsch sind.
Claudia Kemfert
Das fossile Imperium schlägt zurück. Warum wir die Energiewende jetzt verteidigen müssen
Murmann, Hamburg 2017, 144 Seiten
Scharsachs Befürchtungen sind wahr geworden. Gezielt besetzen sogenannte Burschenschafter mit rechter bis rechtsextremer Ideologie Schlüsselstellen in der österreichischen Politik. Als völkisch-deutschnationale Speerspitze haben sie den Rassismus zum Motor von Emotionalisierung und Radikalismus gemacht, wie der Autor faktenreich darlegt. Bedeutung über Österreich hinaus erlangt das Buch durch die Analyse der Strategie aus Hasskampagnen und systematischer Verbreitung von Unwahrheiten, die viele rechte Parteien in Europa verbindet, notabene in Deutschland. Es braucht auch hierzulande gut informierte Bürger und Bürgerinnen, um ähnliche Entwicklungen oder gar eine stille Machtergreifung zu verhindern.
Hans-Henning Scharsach
Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften
Kremayr & Scheriau, Wien 2018, 208 Seiten
Der Journalist Abril und der Fotograf Spottorno haben eine eindrucksvolle Graphic Novel verfasst, die auf der Grundlage von authentischem und gleichzeitig verfremdeten Bildmaterial eines der schwierigsten Themen der Gegenwart betrachtet: den Riss, der Europa und seine Anrainer in ein "Wir sind drinnen" und ein "Ihr seid draußen" spaltet. Drei Jahre reisten sie entlang der EU-Außengrenzen– vom Mittelmeer bis nach Finnland und Weißrussland - und sprachen mit Flüchtlingen, Grenzsoldaten, Milizen und Politiker_innen. So wird eindrücklich der "Riss" in ein zweigeteiltes Europa dokumentiert, der die bange Frage nach der Zukunft des Kontinents auslöst, der wir uns alle stellen müssen.
Carlos Spottorno, Guillermo Abril
Der Riss
avant-verlag, Berlin 2017, 175 Seiten
Fragen von Flucht und Migration bestimmen die politische Agenda. Neu ist dieses Thema jedoch nicht. Der österreichische Historiker Philipp Ther befasst sich mit Flucht und Vertreibung in der jüngeren Geschichte und sucht den Vergleich zur aktuellen Situation. Er zeigt die vielfältigen religiösen, nationalistischen und politischen Gründe der Fluchtbewegungen und untersucht die Rahmenbedingungen der jeweiligen Integrationsbemühungen. Dabei wird deutlich, dass der Gewinn der Zuwanderung für das eigene Land immer erst im Nachhinein registriert wurde. Thers Buch verleiht der aktuellen politischen Diskussion die nötige Tiefenschärfe und trägt erheblich zur Versachlichung bei.
Philipp Ther
Die Außenseiter. Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa
Suhrkamp, Berlin 2017, 437 Seiten
Ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt über 50 Prozent des Weltvermögens. In Zeiten der Ökonomisierung aller Lebensbereiche nimmt die weltweite Ungleichheit zu und schafft hohe Gefahren für das friedvolle und demokratische Miteinander. Anthony B. Atkinson analysiert in seinem allgemeinverständlichen, fundierten, unideologischen und ideenreichen Buch die Ursachen der Ungleichheit und macht praktische Vorschläge für deren Überwindung. Ein Umbau der Bildungs-, Sozial- und Fiskalsysteme scheint dabei unausweichlich und ohne große Verwerfungen machbar. Ungleichheit ist ein wichtiges Grundlagenwerk zu einem Thema, das uns alle noch lange beschäftigen wird und beschäftigen muss. Atkinsons Appell dazu richtet sich gleichermaßen an Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und an jede_n Einzelne_n.
Anthony B. Atkinson
Ungleichheit. Was wir dagegen tun können
Klett-Cotta, Stuttgart 2016, 474 Seiten
Bauman analysiert scharf und ohne politische oder emotionale Voreingenommenheit die Bedingungen und Konsequenzen der ansteigenden Flüchtlingsbewegungen nach Europa, von vielen als "Migrationskrise" bezeichnet. Schonungslos decouvriert dieser philosophisch motivierte Essay die Motive derjenigen, die schon lange existierende Probleme und Defizite in den europäischen Ländern unberechtigterweise nun auf den Flüchtlingszustrom zurückführen. Baumann warnt vor dieser Panikmache und setzt auf den Dialog zwischen den vermeintlich unvereinbaren Positionen. Sein Plädoyer sollte in der aktuellen Debatte Gehör finden.
Zygmunt Bauman
Die Angst vor den anderen. Ein Essay über Migration und Panikmache
edition suhrkamp, Berlin 2016, 124 Seiten
In diesem parallel auf Deutsch und Arabisch verfassten Bilderbuch erzählt die 10-jährige Rajab aus Homs in Syrien die Geschichte ihrer Flucht über das Mittelmeer bis nach Deutschland. Die Erzählperspektive des jungen Mädchens verleiht den Geschehnissen eine hohe Authentizität und motiviert auf sehr nachvollziehbare Weise gleichzeitig die Lesenden zum besseren emotionalen Verständnis von Fluchtursachen und Fluchtbedingungen. Das Buch ist mit seinem didaktischen Ergänzungsmaterial auch gut für den Unterricht geeignet.
Kirsten Boie, Jan Birck
Bestimmt wird alles gut
Übersetzung ins Arabische von Mahmoud Hassanein, Klett Kinderbuch, Leipzig 2016, 48 S.
Die gegenwärtigen Tendenzen des politischen Auseinanderdriftens Europas und der Europäischen Union führen uns die Notwendigkeit vor Augen, Europa als Einheit zu sehen. Das gilt auch für die Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem Zusammenbruch des Staatensystems, den beiden verheerenden Weltkriegen, dem Entstehen totalitärer Herrschaftssysteme, Terror und Massenvernichtung. Der britische Historiker beschreibt und charakterisiert den Verlauf und die Folgen dieses verhängnisvollen europäischen Prozesses, der zu einer zivilisatorischen Katastrophe führte, ohne dabei die nationalen Besonderheiten zu vernachlässigen. Kershaws Buch zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie der "Höllensturz" Antrieb zu einer Neuordnung Europas wurde und in abschreckender Erinnerung die Politik bis heute bestimmt.
Ian Kershaw
Höllensturz. Europa 1914 bis 1949
Deutsche Verlagsanstalt, München 2016, 768 Seiten
Der preisgekrönte Hörbuchautor kritisiert den Mainstream, die große Ähnlichkeit der Inhalte in vielen Medien und fragt nach den Gründen. Was in der Mitte von Gesellschaft und Politik als gesetzt gilt, bestimmt die Auswahl der Informationen - teilweise wird mit zweierlei Maß gemessen - und die Inhalte der Mainstreammedien. Andere Informationen haben kaum Einfluss. Dieser 'Lückenpresse' fehle es an Glaubwürdigkeit. Teusch belegt seine Kritik anhand vieler Beispiele. Den Pauschalvorwurf 'Lügenpresse' lehnt er jedoch ab. Das Buch ist ein Weckruf an die Medien, eine eigenständige, kritische und ausgewogene Berichterstattung und damit Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
Ulrich Teusch
Lückenpresse. Das Ende des Journalismus wie wir ihn kannten
Westend Verlag, Frankfurt/Main 2016, 223 Seiten
Armin Thurnhers grandios geschriebenes Essay "Ach, Österreich" ist nur zu empfehlen. Man findet darin nicht nur eine scharfsinnige Gegenwartsanalyse Österreichs, sondern darüber hinaus einen kritischen Blick auf die politische Entwicklung in Europa. Und nebenher auch Tipps, wie wir in Deutschland, gemeint sind nicht nur Journalist_innen, sondern alle aufgeklärten Demokrat_innen, mit rechten Populisten, umgehen können. Kurz gesagt, wir finden hier ein bissiges, witziges politisches Feuilleton, nach dessen Lektüre man sich wünscht, es gäbe mehr davon.
Armin Thurnher
Ach, Österreich! Europäische Lektionen aus der Alpenrepublik
Zsolnay Verlag, Wien 2016, 176 Seiten
Der Jahresbericht 2014/15 dokumentiert die allgemeine Situation der Menschenrechte, deren Verwirklichung und vor allem deren Verletzungen in aller Welt. Da der Report jedes Jahr erscheint, soll er hier exemplarisch für die nicht nachlassenden Aktivitäten der Weltorganisation gewürdigt werden. Gegliedert nach Regionen und Ländern, charakterisieren die Artikel die jeweiligen Besonderheiten, Ereignisse, Fortschritte und Verstöße. Der Report sensibilisiert nachdrücklich für die Notwendigkeit dieses humanitären Engagements von Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen.
Amnesty International Report 2014/15
S. Fischer Verlag, Frankfurt 2015, 528 Seiten
Das sehr überzeugende Buch beschreibt klar, wie in der EU neue rechtspopulistische Parteien viele Wähler aus den unteren sozialen Mittelschichten gewinnen, die sich als Verlierer der Globalisierung und Europäisierung sehen und den sozialen Abstieg fürchten. Sie sind EU-Gegner, feindlich gegen Fremde und soziale Randgruppen und für einen starken, autoritären Staat. Ein konsequent linkes Programm mit massiver Umverteilung, mehr Arbeitsplätzen, höheren Löhnen usw. soll nach Ansicht der Autor_innen die Mehrheit gewinnen. Das ist vielleicht insgesamt utopisch, jedoch im Ansatz auf jeden Fall diskussionswürdig
Joachim Bischoff / Elisabeth Gauthier / Bernhard Müller
Europas Rechte. Das Konzept des »modernisierten« Rechtspopulismus
VSA Verlag Hamburg 2015, 131 Seiten
Wie kann ich mich eigentlich noch einkleiden, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen? Wie kann ich sicher sein, dass meine Kleidung nicht unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen produziert wurde? Der Preis der Kleidung ist auf keinen Fall ein Kriterium – was aber dann? Sehr kenntnisreich stellt die Autorin am Beispiel von Bangladesch die oft dramatisch schlechten Produktionsbedingungen und Lebenssituationen der Näherinnen dar. Und sie zeigt Handlungsalternativen auf – für die Politik, aber auch für jeden einzelnen Konsumenten. Ein unbedingt lesenswertes Buch zu einem für jeden von uns tagtäglich relevanten Thema.
Gisela Burckhardt
Todschick. Edle Labels, billige Mode – unmenschlich produziert
Heyne Verlag, München 2016, 240 Seiten
Seit dem 18. Jahrhundert ist die Moderne in Europa bestrebt, Freiheit als das höchste Gut des Menschen immer weiter zu verwirklichen. Die neuerlich wachsende Skepsis dagegen motiviert Höffe zu einer philosophischen Prüfung der vielen Facetten der Freiheit in allen gesellschaftlichen Handlungsfeldern – in einer klaren, aber nicht vereinfachenden Sprache. Sein Fazit: das Prinzip Freiheit macht den Menschen aus. Aber auch: Willensfreiheit kann missbraucht werden. Erst verantwortete Freiheit führt zur Menschlichkeit.
Otfried Höffe
Kritik der Freiheit. Das Grundproblem der Moderne
Verlag C.H.Beck, München 2015, 398 Seiten
Michael Lüders schildert die aktuellen Konflikte im Orient vor dem Hintergrund westlicher Einflussnahme seit dem 2. Weltkrieg. Was als weltweites Demokratie- und Wohlfahrtsprogramm daherkommt war stets auch ein von wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen geprägtes Agieren, das meist verbrannte Erde und Chaos hinterließ und Diktatur und neue Gewalt zur Folge hatte. Das Buch von Lüders ist eine konzise und wichtige Informationsquelle zum Verständnis der Geschehnisse im Orient.
Michael Lüders
Wer den Wind sät. Was westliche Politik im Orient anrichtet
Verlag C.H.Beck, München 2015, 176 Seiten
Die Autorin analysiert kritisch das geplante Freihandelsabkommen zwischen USA und Europa. Der Fokus ihrer Analyse liegt dabei auf den umstrittenen privaten internationalen Schiedsgerichten. Sollte das Abkommen in dieser Form realisiert werden, wären Konzerne und spezialisierte Großkanzleien die Gewinner – nicht jedoch Arbeitnehmer, Verbraucher oder kleinere Unternehmer. Befürchtet wird zudem die Aushebelung von Sozial- und Umweltstandards. Pinzler formuliert journalistisch gekonnt und liefert einen spannenden, topaktuellen Diskussionsbeitrag.
Petra Pinzler
Der Unfreihandel. Die heimliche Herrschaft von Konzernen und Kanzleien
Rowohlt Polaris, Reinbeck bei Hamburg 2015, 287 Seiten
In ihrem Buch räumt die britische Wirtschaftswissenschaftlerin mit dem neoliberalen Dogma „Der Staat kann nicht wirtschaften, er soll nur die Rahmenbedingungen bereit stellen“ gründlich auf. Sie belegt eindrucksvoll, dass für die meisten großen Innovationen – z.B. Eisenbahn, Internet, Nanotechnologie, Pharmaindustrie oder auch Apple Produkte – der Staat durch Finanzierung der Forschung die Grundlagen gelegt und oft erst die Anstöße gegeben habe. Daher müsse der Staat an den Gewinnen teilhaben, um damit neue Initiativen finanzieren zu können.
Das Kapital des Staates
Verlag Antje Kunstmann, München 2014, S. 302
Die revolutionären Ereignisse von 1989/90 brachten für den gesamten europäischen Kontinent entscheidende Veränderungen. Philipp Ther geht dem Transformationsprozess in all seinen verschiedenen Facetten nach und schlägt den Bogen von den nachhaltig wirkenden neoliberalen Transformationen bis hin zur aktuellen Situation in Europa. Die anfängliche Asymmetrie zwischen West und Ost wich einer solchen zwischen Nord und Süd. Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zum Verständnis des heutigen Europas.
Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014, 430 Seiten
Ausgehend von der These, dass Angst eines der wichtigsten prägenden Momente des sozialen Miteinanders ist, beschreibt der Soziologe Heinz Bude die Rahmenbedingungen und die Entstehung eines breiten Spektrums sozial motivierter und sozial wirksamer Ängste wie z.B. Risikoangst, Angst vor Liebesoder Statusverlust und Entscheidungsangst. Bude sieht Ängste als Auslöser von Konflikten und antidemokratischen Entwicklungen. Diesen muss mit einer repressionsfreien diskursiven Auseinandersetzung in Gesellschaft und Politik begegnet werden.
Heinz Bude
Gesellschaft der Angst
Hamburger Edition, Hamburg 2014, 150 Seiten
Paul Colliers Buch ist ein wohltuend nüchterner Beitrag zu einer aktuellen und oft sehr emotional geführten Diskussion. Seine Frage ist nicht, ob Migration (wohl unterschieden vom Recht auf Asyl) gut oder schlecht ist, sondern welche Wirkungen sie auf den Einzelnen sowie sein Ziel- und sein Herkunftsland hat. Collier diskutiert verschiedene Systeme der Migrationssteuerung und gibt wichtige Denkanstöße zur Gestaltung zukünftiger Migrationspolitik.
Paul Collier
Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen
Siedler Verlag, München 2014, 320 Seiten
Big Data bietet enorme Chancen, gleichzeitig drohen Überwachung und Kontrolle, eine Welt ohne Geheimnisse und Privatheit. Die Gefahr für die freiheitliche Gesellschaft geht von intelligenten Algorithmen aus, die häufig im Besitz privater Unternehmen sind. Sie analysieren uns, um uns zu kontrollieren. Hofstetter fordert so kenntnisreich wie vehement dazu auf, das einzige Supergrundrecht unserer Gesellschaftsordnung, die Menschenwürde, gegen die digitale Revolution zu verteidigen, damit aus unserem digitalen Zwilling kein digitaler Zombie wird.
Yvonne Hofstetter
Sie wissen alles
C. Bertelsmann Verlag, München 2014, 352 Seiten
Konrad Paul Liessmann mahnt in seiner Streitschrift die richtige und erforderliche kritische Auseinandersetzung mit der maßlosen und überzogenen Bildungsverflachung im Dienst ökonomisch veranlasster Regularien an. Er belässt es nicht bei detaillierten Analysen der Fehlentwicklungen, sondern bietet auch zu diskutierende Lösungsvorschläge. Insgesamt ist es ein absolut lesenswertes Buch, dem zu wünschen ist, dass es die gebührende Beachtung findet.
Konrad Paul Liessmann
Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Eine Streitschrift
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2014, 192 Seiten
Mit persönlicher Betroffenheit und viel trockenem Humor schreibt der amerikanische Journalist Blackwell über eine Welt, „wie wir sie haben“ und nicht „wie wir sie gern hätten“. Bei seinen Besuchen in Orten und Landschafen, die von Umweltzerstörung gezeichnet sind, solidarisiert er sich mit den dort lebenden und leidenden Menschen. Er lässt aber auch immer wieder anklingen, dass er den Glauben an eine Veränderbarkeit dieser Welt nicht verloren hat.
Andrew Blackwell
Willkommen im sonnigen Tschernobyl Verstrahlt, verseucht, vergiftet – eine Erkundung der schlimmsten Orte der Welt
München: Ludwig Verlag, 2013. – 384 S., € 19,99
Daniela Dahn legt mit diesem Essay einen außerordentlich lesens- und bedenkenswerten Text vor, in dem sie bewusst an den Ruf „Wir sind das Volk“ anknüpft. Sie fordert ein umfassendes Hinterfragen gegenwärtiger globaler Herrschaftsstrukturen und Machtund Eigentumsverteilungen angesichts der Tatsache, dass politisches Handeln kaum noch über klassische demokratische Verfahren und Regularien durch den eigentlichen Souverän, das Volk, zu beeinflussen sind. Und so ermutigt Daniela Dahn, einer Entwicklung aktiv entgegen zu wirken, in deren Verlauf sich der Staat „immer mehr in eine Apparatur zum Schutz systemrelevanten Privateigentums auf Kosten der Allgemeinheit“ wandelt.
Daniela Dahn
Wir sind der Staat! Warum Volk sein nicht genügt
Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Verlag, 2013. – 175 S., € 16,95
Frauenpower auf Arabisch von Karim El-Gawhary belegt, dass es „die“ arabische Frau als Stereotyp nicht gibt. Ganz im Gegenteil wird anhand von verschiedenen Porträts aufgezeigt, dass das „Image der arabischen Frau als passives Opfer“ revisionsbedürftig ist. Andererseits benennt der Autor deutlich weiterhin bestehende Probleme für Frauen in arabischen Ländern und zeigt damit auch die Gebrochenheit aus Hoffnung und Schicksalsergebenheit etwa nach der sogenannten arabischen Revolution in Ägypten oder Libyen. Und er zeigt auch, dass das eigentliche Problem der Stellung der Frau in der arabischen Welt vor allem in der wirtschaftlichen Situation zu suchen ist
El-Gawhary, Karim
Frauenpower auf Arabisch. Jenseits von Klischee und Kopftuchdebatte
Wien: Verlag Kremayr & Scheriau, 2013., 204 S., € 22,00
Der Jugendrichter Andreas Müller weist auf Probleme in der Rechtsprechung über jugendliche Intensiv-Straftäter hin. Die oft vertretene Hypothese, das Erscheinen vor Gericht und gar Freiheitsentzug führten häufiger zu Rückfällen als sozialpädagogische Maßnahmen, habe sich als falsch erwiesen. In der heutigen Realität gehe es oft um schwerere Straftaten und Wiederholungstäter. Eine direkte Reaktion bzw. Sanktion auf die Tat sei äußerst wichtig, weshalb Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter enger und schneller zusammenarbeiten müssten.
Andreas Müller
Schluss mit der Sozialromantik. Ein Jugendrichter zieht Bilanz
Bilanz Freiburg/Basel/Wien: Herder-Verlag, 2013. – 239 S., € 16,99
Pavan Sukhdev, ehemaliger Top-Manager der Deutschen Bank, betont die Dringlichkeit einer grundlegenden Reform unseres auf Konsum basierenden Wirtschaftssystems. Die Schäden ungebremsten Verbrauchs von Rohstoffen und der Emission von Schadstoffen würden die gesamte Menschheit sehr bald hart treffen. Die Kosten dieser oft im Preis der Produkte nicht erscheinenden Schäden müssten in den Unternehmensbilanzen aufgeführt und so der Politik und der Öffentlichkeit bewusst gemacht werden. Der Autor fordert Steuern auf den Verbrauch der Umwelt, Begrenzung des Einsatzes von Fremdkapital, Ehrlichkeit in der Werbung und als Ziel wirtschaftlichen Handelns das Gemeinwohl.
Pavan Sukhdev
Corporation 2020. Warum wir Wirtschaft neu denken müssen
München: oekonom Verlag, 2013. – 296 S., € 19,95
Welzer geht der Frage nach, wie unsere Zukunft bei ungebrochenem Konsum und endlichen Ressourcen aussieht und zeigt auf, dass bei unserer wachstumsorientierten Wirtschaft ein Ende absehbar ist. Er macht klar, dass jeder Mensch mit seinem Handeln selbst Teil des Problems ist, jedoch nicht als Opfer der Verhältnisse, sondern als politisches Wesen mit eigenem Kopf und der Freiheit, zu denken und Verhältnisse zu ändern. Er weckt Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit innovativen Ideen, abseits der gängigen Wirtschaft und Industrie.
Harald Welzer
Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand
Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 2013. – 329 S., € 19,99
Wie weit der Einfl uss der international agierenden RatingAgenturen in die Bereiche der politischen Entscheidungsprozesse hineinreicht, zeigt Werner Rügemer auf. Wegen der engen Verfl echtung der Rating-Agenturen mit den Groß- banken ist ein Doppelspiel möglich, um Wirtschaft und Politik in verhängnisvoller Weise und eigennütziger Absicht zu manipulieren. Alternativen sind denkbar, wenn alle staatlichen Regelwerke sich von den Rating-Agenturen entfernen und die Verantwortung für den Sozialstaat verstärkt wird.
Werner Rügemer
Rating Agenturen. Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart
Bielefeld, Transcript Verlag, 2012, – 200 S., € 18,80
Der Bürgermeister des Berliner Stadtteils Neukölln konstatiert eine alarmierende Zunahme von Arbeitslosigkeit, Gewalt und Überfremdungsängsten in seinem Bezirk und nicht nur dort. Er kritisiert Verhaltensweisen, bei denen das deutsche Rechtsund Sozialsystem ausgenutzt und Integration und Teilhabe verweigert wird. Konkrete Lösungsvorschläge für die dargestellten Problemlagen werden entwickelt, wobei Bildung eine Schlüsselrolle zukommt. Buschkowsky schreibt wie einer, der unter den sozialen Problemen leidet und engagiert um Abhilfe kämpft.
Heinz Buschkowsky
Neukölln ist überall
Berlin, Ullstein Verlag, 2012, – 400 S., € 19,99
Nach Oskar Negt sind aktive Bewusstseinsbildung und politische Urteilskraft unabdingbar für ein demokratisches Europa; freier Handel, gemeinsame Währung, politische Institutionen allein genügen nicht. Nationale Eigenheiten, ungleiche Entwicklungen und alte Verletzungen müssen aufgearbeitet werden mit dem Ziel einer „europäischen Identität“. Die Dominanz wirtschaftlichen Denkens bis ins Bildungssystem muss verringert, der Sozialstaat als Fundament der Einigung und der Demokratie weiter entwickelt werden. Parallel zu den Entscheidungen in Brüssel müssen die Menschen ihre Umgebung noch als „lebbare Einheiten“ erfahren, um sich einmischen zu können.
Oskar Negt
Gesellschaftsentwurf Europa
Göttingen, Steidl Verlag, 2012. – 120 S., € 14,00
Andreas Wirsching legt mit seinem Buch eine umfassende Darstellung der jüngsten Geschichte Europas vor. Kenntnisreich und detailliert beschreibt und analysiert er den Umgang mit Freiheit und Demokratie. Er spart dabei problematische Entwicklungen in den ehemaligen sozialistischen Ländern ebenso wenig aus, wie das Thema der Säkularisierung und die Spannungen mit dem Islam. Wirsching beweist, dass man eine Geschichte Europas schreiben kann, auch wenn das Ende der Entwicklung noch offen ist. Eines erscheint aber klar: Eine positiv gestaltete Zukunft kann es nur geben, wenn die einzelnen nationalstaatlichen Interessen im Sinne einer gesamteuropä- ischen Idee überwunden werden.
Andreas Wirsching
Der Preis der Freiheit Geschichte Europas in unserer Zeit
München, C. H. Beck Verlag, 2012, – 487 S., € 26,95
„Unbestreitbar: das Netz verändert die Welt“ mit diesem Satz eröffnen Kathrin Passig und Sascha Lobo einen gleichermaßen informativen wie humorvollen Parforce-Ritt durch die schöne neue Netzwelt. Neben der Sachinformation kommt auch die Refl exion besonders über die politischen Implikationen eines zunächst einmal technischen Phänomens nicht zu kurz, so dass dieses Buch weit mehr ist als eine Betriebsanleitung für das Web. Angenehm ist es, dass trotz des bisweilen komplexen Sachverhaltes die Lesbarkeit auch für Internet-Laien erhalten bleibt. Deutsche Autoren können keine gut lesbaren Sachbücher schreiben? Falsch – hier ist eins.
Kathrin Passig / Sascha Lobo
Internet Segen oder Fluch
Berlin, Rowohlt Verlag, 2012. – 320 S., € 19,99
Der Hunger in der Welt und seine Ursachen: Das ist das große Thema des Schweizer Soziologen und UN-Experten Jean Ziegler. Aus dem Buch spricht die Empörung des Autors über die ungerechte neoliberale Wirtschaftsordnung und die Macht der (Agrar-)Konzerne, die auch das Handeln der westlichen Regierungen stark beeinfl ussen. Er liefert zu seinen Argumenten handfeste Daten und Fakten. Ein reicher persönlicher Erfahrungsschatz aus seinen Recherchen in aller Welt belegt und illustriert seine Standpunkte mit großer Anschaulichkeit. Sein Fazit: Das Recht auf Nahrung ist dasjenige, welches auf unserem Planeten am häufi gsten, am zynischsten und am brutalsten verletzt wird.
Jean Ziegler
Wir lassen sie verhungern Die Massenvernichtung in der Dritten Welt
München, C. Bertelsmann Verlag, 2012, – 320 S., € 19,99
Zafer Şenocak wirbt für ein offenes, tolerantes Miteinander von Migranten und Einheimischen im Einwanderungsland Deutschland, damit Integration gelingen kann. Der deutschtürkische Schriftsteller ermahnt einerseits die Immigranten, vor allem angemessene deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben und die deutsche Rechtsordnung zu akzeptieren. Die Deutschen fordert er andererseits auf, sich angesichts der auch von Migranten geprägten Gesellschaft auf eine kritische Refl exion des deutschen Selbstverständnisses einzulassen und dies als Chance zur Verbesserung des eigenen Selbstbewusstseins zu nutzen. Wenn eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Herkunftsidentität der jeweils anderen erfolgt, können geschlossene Kulturkreise aufgebrochen werden zugunsten eines weltoffenen Kulturverständnisses.
Zafer Şenocak
Deutschsein. Eine Aufklärungsschrift
Hamburg, Edition Körber Stiftung, 2011, – 190 S., € 16,00
Unsere heutige Gesellschaftsform ist wesentlich durch die Verwendung fossiler Energieträger geprägt, deren beliebige Verfügbarkeit jedoch dem Ende zuzustreben scheint. Eine drastische Veränderung im Umgang mit Energie stellt zwangsläufig auch die Frage nach der Neuausrichtung von Politik. Hänggis Analysen sind wohltuend unideologisch und die aufgeführten Beispiele beeindruckend, besonders weil sie zeigen, dass die Entwicklung keineswegs zwangsläufig verlief, sondern gelegentlich eher von Zufällen bestimmt war, weshalb „alternative Entwicklungswege“ heute prinzipiell möglich seien. Politik und Bürger werden von Hänggi gleichermaßen aufgefordert, einen Freiheitsbegriff zu entwickeln, der zwischen Machbarkeitswahn und Alternativlosigkeit einen nachhaltigen Weg findet.
Marcel Hänggi
Ausgepowert: Das Ende des Ölzeitalters als Chance
Hrsg. v. d. Schweizerischen Energie- Stiftung, Zürich, Rotpunktverlag, 2011. – 364 S., € 28,00
Die historische Interpretation des philosophischen Freiheitsbegriffs und die Analyse der verschiedenen Freiheitssphären werden erweitert durch die Erfahrungen im sozialen Bereich. Damit wird das Recht auf Freiheit nicht nur in Bezug auf das Individuum formuliert, sondern gesellschaftlich als Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. Nicht nur die Autonomie des Einzelnen kann die Norm sein, sondern die wechselseitige Anerkennung des Rechts auf Freiheit. Damit erschließen sich Möglichkeiten, gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten der Gegenwart kritisch zu begegnen.
Axel Honneth
Das Recht auf Freiheit. Grundriß einer demokratischen Sittlichkeit
Berlin, Suhrkamp Verlag, 2011, – 628 S., € 34,90
Die Auseinandersetzung mit dem Islam ist ein hochaktuelles Thema, das viele Fragen aufwirft, zu denen es oft kontroverse Antworten gibt. Die Autorin versucht in ihrem Buch, kritische Fragestellungen zum Islam zu beantworten und somit Vorbehalten gegenüber dieser Religion entgegenzuwirken. Sie beleuchtet aus neutraler Sicht Fragen zur Religion, zum Verhältnis der Religionen untereinander und thematisiert gesellschaftliche Streitfälle. Das Buch richtet sich an Jugendliche ab 14 Jahren und ist dementsprechend verständlich verfasst. Aber auch Erwachsenen bringt Jaaps Buch einen schnellen Zugang zu einer ausgewogenen und informativen Sichtweise in diese Thematik.
Tanja Jaap
„Alle Muslime sind…“. 50 Fragen zu Islam und Islamophobie
Mülheim, Verlag an der Ruhr, 2011. – 176 S., € 19,90
Ein Akt der Verachtung: Rund ein Drittel unserer Lebensmittel, bis zu 20 Millionen Tonnen alleine in Deutschland, landen im Müll, das Meiste schon auf dem Weg vom Acker in den Laden. Die Industriestaaten verklappen sogar nahezu 50 % der Nahrungsmittel. Zugleich hungern heute mehr Menschen als je zuvor. Die verschwendeten Lebensmittel würden zwei bis drei Mal ausreichen, um alle Hungernden in der Welt zu versorgen. Die Autoren sind den vielfältigen Ursachen und Folgen dieser Vergeudung auf der Spur: Sie erläutern die globalen Probleme wie Hunger, Klimawandel, Umweltschäden und erklären die Zusammenhänge dieser Probleme und die Folgen von Konsumwahn und Wegwerfmentalität. Wirtschaft und Politik werden zum Umsteuern aufgefordert, aber auch die Gesellschaft und jeder einzelne Verbraucher hat die Möglichkeit, Veränderungen zu bewirken.
Stefan Kreutzberger / Valentin Thurn
Die Essensvernichter. Taste the Waste – Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist
Köln, Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2011, – 319 S., € 16,99