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Gelebte Solidarität in Wertschöpfungsketten

Gewerkschafter*innen aus Deutschland und dem globalen Süden diskutierten vom 5.-6. Juli auf einer internationalen Konferenz in der FES-Berlin, wie die Digitalisierung Arbeitsbedingungen global verändert.

 

Wenn sich Näher*innen in Indien und Bangladesch für einen Digitalisierungstarifvertrag bei IKEA einsetzen und Verkäufer*innen bei REWE und EDEKA sich dafür stark machen, dass Orangenpflücker*innen in Brasilien weniger gesundheitsgefährdenden Chemikalien ausgesetzt sind, erleben diese Beschäftigten den Wert von Solidarität.

Gautam Modi von der Neuen Gewerkschaftsinitiative (NTUI) schilderte, wie ein Arbeitskonflikt bei einem indischen Textilproduzenten gelöst werden konnte, nachdem sich Kolleg*innen in den deutschen Verkaufsstätten beim betroffenen Markenunternehmen für die Weiterbeschäftigung der Näher*innen stark gemacht haben. So funktioniert moderne transnationale Gewerkschaftsarbeit!

Der Fachbereich Handel von ver.di lebt seit Jahren, was in Zeiten immer enger geknüpfter Wertschöpfungsketten und erhöhtem Druck auf Beschäftigte stärker gefordert sein wird: Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie ihren Sorgfaltspflichten für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in den Lieferketten nicht nachkommen. Denn trotz Absichtserklärungen, internationalen Vereinbarungen und dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) ist es keine Selbstverständlichkeit, dass sich Handelskonzerne und Modeketten ihrer Verantwortung stellen. Dazu wird es eine zunehmende Bereitschaft deutscher Beschäftigter und ihrer Betriebsrät*innen benötigen, damit „ihre“ Unternehmen die vom LKSG verbindlich festgelegten Sorgfaltspflichten auch einhalten. Eine Aufgabe, der sich die Gewerkschaft ver.di stellen muss und wird. So kündigte ihr Vorsitzender Frank Werneke an, dass die betrieblichen Unternehmensvertreter*innen über Schulungsangebote in die Lage versetzt werden, bei menschenrechtskonformen Anpassungen der Lieferketten mitzuwirken.

Dies wird auch nötig sein. In der von ver.di-Handel, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und dem internationalen Netzwerk TIE am 5. und 6. Juli in Berlin organisierten internationalen Konferenz mit rund 120 Kolleg*innen aus Deutschland und Gewerkschafter*innen aus Brasilien, Südafrika, Indien und Bangladesch wurde eindringlich dargestellt, wie die Digitalisierung die Arbeitsbedingungen verändert. So nehmen in deutschen Supermärkten und Modeläden schon heute KI-gesteuerte Systeme einen immer größeren Raum in der Arbeitsorganisation ein. Unter anderem sorgen Algorithmen für eine automatisierte Nachbestellung von Waren – mit direkten Auswirkungen auch auf die Textilarbeiter*innen in Asien: Arbeitsverdichtung, geringere Entscheidungsspielräume, Abwertung von Qualifikationen, Flexibilisierung sowie die Drohung, von digitalen Systemen ersetzt zu werden.

Logische Konsequenz ist daher die Forderung nach tarifvertraglicher Mitgestaltung der Digitalisierung am Arbeitsplatz und in der Lieferkette. Heiner Köhnen von TIE betonte. „Wir wollen nicht nur über die Folgen diskutieren, die der Einsatz neuer Technik haben kann. Wir wollen über die Technik selber mitbestimmen, wir wollen Einblick in den Algorithmus und alle Funktionen haben. Nur dann kann verhindert werden, dass die arbeitenden Menschen zu Anhängseln der Maschinen werden.“

In der Konferenz wurde einerseits deutlich, wie rasant der Wandel in den Wertschöpfungsketten vor sich geht. Andererseits haben die Vorträge und Diskussionen aber auch gezeigt, wie durch Kooperation auf Augenhöhe ein gesteigertes Selbstbewusstsein geschaffen werden kann, diesen Veränderungsprozessen nicht hilflos ausgesetzt zu sein. Wir können den digitalen Wandel aktiv mitgestalten – in Deutschland und in den Ländern des Globalen Südens.

 

Zusammenschnitt der Konferenz:


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Mirko Herberg
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