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Junge Menschen in Deutschland und Südosteuropa zeigen ein gesteigertes politisches Engagement und stimmen zunehmend in politischen Überzeugungen und Werten überein – dennoch unterscheiden sich einige ihrer Hauptanliegen weiterhin deutlich.
Der gesellschaftliche und politische Gestaltungsanspruch junger Menschen rückt zunehmend in den Fokus. Insbesondere der ideologische Rechtsruck unter Jugendlichen hat viel Aufmerksamkeit bei Wissenschaftler_innen, politischen Entscheidungsträger_innen und den Medien erregt. Besonders in diesem Jahr, in dem fast die Hälfte der Welt entweder Wahlen abgehalten hat oder sich darauf vorbereitet. Die folgenden Abschnitte präsentieren die Ergebnisse unserer aktuellen Vergleichsstudie Youth Study Southeast Europe 2024, und ergänzen diese mit den Erkenntnissen der deutschen Shell Jugendstudie 2024. Beide Studien zielen darauf ab, Diskussionen über die Perspektiven der Jugend zu Politik, Demokratie und gesellschaftlichen Werten zu bereichern.
Die Ergebnisse zeigen viele Parallelen zwischen jungen Menschen in Deutschland und Südosteuropa. Das politische Interesse wächst in beiden Regionen, bleibt jedoch in Deutschland deutlich höher. Zudem teilen Jugendliche in beiden Regionen die Sorge vor der Bedrohung durch Kriege, und junge Männer tendieren ideologisch stärker nach rechts als junge Frauen. Auch in Südosteuropa nehmen liberale Wertvorstellungen unter Jugendlichen zu, sodass sie mit denen junger Deutscher immer stärker im Einklang sind. Dennoch äußern Jugendliche in Südosteuropa weiterhin spezifische Sorgen, insbesondere in Bezug auf Arbeitslosigkeit, Korruption und die Qualität öffentlicher Dienstleistungen. Diese Ergebnisse unterstreichen die komplexen und sich wandelnden Ansichten junger Menschen in verschiedenen Regionen und heben ihre potenzielle Rolle als Akteur_innen künftiger politischer und gesellschaftlicher Transformationen hervor.
In Deutschland hat das politische Interesse unter jungen Menschen deutlich zugenommen. Im Jahr 2024 bezeichnen sich 55 % der jungen Deutschen als politisch engagiert—ein bemerkenswerter Anstieg im Vergleich zu 2002, als nur 34 % dasselbe angaben. Dieser Aufwärtstrend deutet auf ein anhaltendes Wachstum des politischen Bewusstseins und Engagements unter jungen Menschen in Deutschland hin.
Auch in Südosteuropa hat das Interesse der jungen Menschen an Politik und ihre Selbsteinschätzung des politischen Wissens leichte Fortschritte gemacht, bleibt jedoch deutlich hinter den Zahlen in Deutschland zurück. So gaben im Jahr 2024 18,1 % der jungen Befragten in Südosteuropa an, "meistens" oder "sehr" an Politik interessiert zu sein, verglichen mit 11,6 % im Jahr 2018. Innerhalb der Region gibt es allerdings Unterschiede: In Kosovo und Nordmazedonien hat sich das politische Interesse im Vergleich zu früheren Jahren nur wenig verändert.
Ein Blick auf das geschlechtsspezifische Interesse zeigt ebenfalls Unterschiede zwischen den beiden Regionen. Die Shell Jugendstudie belegt, dass junge Männer und Frauen in Deutschland ein ähnlich hohes politisches Interesse zeigen. In Südosteuropa hingegen weisen junge Männer ein merklich höheres Interesse an Politik auf als ihre weiblichen Altersgenossinnen.
Im Jahr 2024 ist die Angst vor Krieg in Europa zur größten Sorge junger Menschen in Deutschland geworden: 81 % äußern große Angst vor dem Ausbruch von Konflikten. Ähnlich berichten junge Menschen in Südosteuropa von einem signifikanten Anstieg der Ängste in allen gemessenen Bereichen, wobei die Angst vor dem Krieg von 29,9 % im Jahr 2018 auf 51,5 % gestiegen ist.
Trotz dieses Anstiegs überwiegen andere Sorgen bei den jungen Menschen in Südosteuropa: Am meisten Sorgen sie sich um Arbeitslosigkeit (52,3%), und nennen schwere Erkrankungen als ihre Hauptsorge (54,0 %). Diese Unterschiede verdeutlichen, dass, obwohl die Angst vor dem Krieg weit verbreitet ist, wirtschaftliche und gesundheitsbezogene Ängste in Südosteuropa dringlicher bleiben. Eine weitere Dimension der gesundheitsbezogenen Ängste junger Menschen in Südosteuropa ist, dass die Qualität öffentlicher Dienstleistungen, beispielsweise in den Bereichen Bildung und Gesundheit, nach Korruption, Arbeitslosigkeit und der Sorge um die Auswirkungen des ‚Brain Drain‘ (Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte) als die größte Herausforderung ihrer Länder innerhalb des nächsten Jahrzehnts wahrgenommen wird.
In Deutschland bewerten junge Menschen ihre politische Orientierung im Durchschnitt mit 5,3 auf einer 11-Punkte-Skala (1 = ganz links, 11 = ganz rechts). Dies deutet auf eine leichte Linksneigung hin und lässt darauf schließen, dass, trotz globaler Trends, bei denen sich die Jugend nach rechts bewegt, dieser Wandel bei jungen Deutschen weniger erkennbar ist.
In Südosteuropa hingegen hat sich eine Rechtsverschiebung vollzogen. Auf einer Skala von 1 (ganz links) bis 10 (ganz rechts) stieg die durchschnittliche Selbstbewertung von 5,3 im Jahr 2018 auf 5,7 im Jahr 2024, was auf eine moderate Bewegung nach rechts hinweist. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der politischen Orientierung bestehen in beiden Regionen. In Deutschland identifizieren sich seit 2019 immer mehr junge Männer als stärker rechtsorientiert. Ähnlich ist es in Südosteuropa, wo die Korrelation zwischen Geschlecht und ideologischer Selbstidentifikation zwar relativ gering ist, jedoch eine deutliche Kluft bleibt: Junge Frauen neigen dazu, sich stärker nach links zu orientieren als ihre männlichen Altersgenossen.
In Südosteuropa sinkt das Vertrauen in die Demokratie als bevorzugte Regierungsform: Lag der Wert 2018 noch bei 63 %, so sind es 2024 nur noch 59 %. In Deutschland zeigt sich eine regionale Differenz in der Zufriedenheit mit der Demokratie: Während die Werte im Westen stabil bei 77 % geblieben sind, ist die Zufriedenheit im Osten, nach Jahren allmählicher Verbesserungen, leicht gesunken und liegt nun bei 60 %.
Die Ergebnisse beider Studien zeigen einen Anstieg des Vertrauens in Institutionen sowohl in Deutschland als auch in Südosteuropa. In Deutschland ist das Vertrauen in die zentralen Institutionen der Bundesrepublik stark geblieben und hat in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Auch das Vertrauen in die Europäische Union ist gewachsen, was auf ein anhaltendes Vertrauen in nationale und supranationale Institutionen hinweist.
In Südosteuropa ist das Vertrauen in nationale Institutionen in sechs von zehn untersuchten Ländern gestiegen. Besonders Albanien und Kosovo stechen hier hervor, da sie die höchsten Vertrauenswerte in euro-atlantische Institutionen aufweisen. Serbien hingegen bildet in der Region eine Ausnahme, da dort das Vertrauen in nationale Institutionen höher ist als das in die EU – das einzige Land, in dem die EU nicht stärker als die lokalen Institutionen geschätzt wird.
Diese Trends verdeutlichen die regionalen Unterschiede im institutionellen Vertrauen, weisen jedoch zugleich auf eine allgemeine positive Veränderung des Vertrauens in nationale und internationale Institutionen hin.
Elena Avramovska ist Senior Researcher für Demokratie, Gesellschaft und Jugend im Kompetenzzentrum Demokratie der Zukunft in Wien. Sie hat zuvor für eine Reihe internationaler und nichtstaatlicher Organisationen gearbeitet, darunter das Europäische Parlament und die Vereinten Nationen. Bei der FES Demokratie der Zukunft ist sie leitende Projektmanagerin für die FES-Jugendstudien.
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