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Gewerkschaften und Verbände der informellen Wirtschaft können für Afrika eine menschenwürdige Zukunft der Arbeit gestalten.
Die große Mehrheit der afrikanischen Frauen profitiert nicht vom technologischen Fortschritt, denn die digitale Kluft ist nach wie vor geschlechterspezifisch, betonen Crystal Dicks und Prakashnee Govender in ihrem Beitrag „Feministische Visionen zur Zukunft der Arbeit in Afrika“. Die beiden Autorinnen schlagen einen „feministischen Rahmen“ mit zwölf Initiativen vor, die nicht nur die unmittelbaren negativen Auswirkungen für weibliche Beschäftigte mildern, sondern auch das Potenzial für Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter in Afrika nutzen könnten.
Wir baten Brenda Chelagat, Projektkoordinatorin der FES Kenia um eine Einschätzung des Beitrages und der Herausforderungen ihrer aktuellen Arbeit zu Gewerkschaften und Geschlechtergerechtigkeit.
Bestätigen kann ich: Es gibt nur wenige auf Frauen (insbesondere afrikanische Frauen) bezogene Veröffentlichungen über die Zukunft der Arbeit. Die Nutzung von Daten und ihre Aufschlüsselung, um zu erklären, wie sich verschiedene Arbeitsweltaspekte auf kenianische Frauen auswirken, kann recht schwierig sein, weil es kaum publizierte Forschungsarbeiten dazu gibt.
Die Feststellung, dass afrikanische Frauen hauptsächlich in der informellen Wirtschaft arbeiten, prekär beschäftigt sind und einen erheblichen Teil ihrer Zeit für unbezahlte Arbeit aufwenden, spiegelt in der Tat die Situation in Kenia wider. Eine nationale Umfrage unter Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen (KKMU) im Jahr 2016 ergab, dass sich 60,7% der nicht lizenzierten KKMU im Besitz von Frauen befanden. Arbeitsstudien zur Schnittblumenproduktion in Kenia belegen das Ausmaß prekärer Beschäftigung – die Mehrheit der Beschäftigten sind hier Frauen, die unter unsicheren Bedingungen mit überlangen Arbeitszeiten und für niedrige Löhne arbeiten. Der Blumen- und der Bekleidungssektor in Kenia sind Beispiele dafür, dass ausländische Direktinvestoren nachdrücklich Anreize fordern, die oft auch die Nichtdurchsetzung von Arbeitsmarktregelungen beinhalten, was ausbeuterische Bedingungen für die Mehrheit der Beschäftigten, also Frauen, bedeutet.
Der Beitrag ruft afrikanische Feministinnen auf, sich an der Diskussion über die Zukunft der Arbeit zu beteiligen, um dafür zu sorgen, dass es nicht die ausbeuterischen und repressiven kapitalistischen und patriarchalischen Systeme sind, die die Zukunft der Arbeit für afrikanische Frauen bestimmen. Dass Frauen an vorderster Front stehen sollen, ist von zentraler Bedeutung; Frauen sollten sich in der Tat über Gewerkschaften und Verbände des informellen Sektors organisieren, um eine Zukunft der Arbeit zu gestalten, die dem kulturellen und infrastrukturellen Kontext Afrikas Rechnung trägt.
In Kenia wollen wir mit den Gewerkschaften als Mitgliedsorganisationen zusammenarbeiten, um die Geschlechtergerechtigkeit innerhalb der Gewerkschaftsbewegung zu stärken, aber auch, um auf die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit in der Gesellschaft hinzuwirken. Dazu wollen wir partnerschaftlich mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten und sie auch dabei unterstützen, die öffentliche politische Debatte zu gestalten. In die Beschreibung des Arbeitslebens afrikanischer Frauen fließen die Erfahrungen kenianischer Frauen ein – im informellen Sektor arbeiten etwa 83,6 % aller kenianischen Beschäftigten, und nach Studien der IAO bilden Frauen und Jugendliche die Mehrheit. Die kenianischen Gewerkschaften müssen unbedingt die Beschäftigten sowohl im formellen als auch im informellen Sektor organisieren, um für den Schutz der Rechte wirklich aller Beschäftigten zu sorgen.
Über die von der FES Kenia unterstützte Arbeitsgruppe für menschenwürdige Arbeit und soziale Sicherung erarbeitet der kenianische Gewerkschaftsdachverband (COTU (K)) gemeinsam mit dem Arbeitsministerium verschiedene politische Maßnahmen, um für menschenwürdige Arbeit sowohl in der formellen als auch in der informellen Wirtschaft zu sorgen, und er gestaltet den Diskurs über die Zukunft der Arbeit mit. Die Arbeitsgruppe setzt den Schwerpunkt derzeit auf die soziale Sicherung, wobei sich der Diskurs darauf richtet, die Absicherung in die informelle Wirtschaft hinein auszuweiten; befürwortet wird deshalb ein leichterer Zugang für die informell Beschäftigten in die Sicherungssysteme und bessere Bezahlbarkeit. Die Autoren der Studie drücken es so aus: Wir tragen zu einer Zukunft der Arbeit bei, die den Beschäftigten wirklich eine Zukunft bietet.
Ich halte es für entscheidend, feministisches politisches Handeln zu unterstützen, indem man sich in Politik und Praxis für menschenwürdige Arbeit einsetzt. Feministinnen äußern da ganz offen ihre Meinung und wirken im Kampf für soziale Gerechtigkeit an vorderster Front. Ansonsten ist es wichtig, die Kernarbeitsnormen (KAN) der IAO im Auge zu behalten und die Gewerkschaften für die negativen Auswirkungen der Ungleichbehandlung zu sensibilisieren. Eines unserer Ziele sollte sein, die Fähigkeit dieser Gewerkschaften – und insbesondere von Gewerkschafterinnen – zu stärken, aktiv an der Gestaltung des künftigen Diskurses über menschenwürdige Arbeit mitzuwirken.
Auch die Verbände im informellen Sektor bieten eine Gelegenheit, diese Diskussion zu fördern. Sie könnten Verbündete sein, wenn es darum geht, kulturelle und soziale Normen, die die Geschlechterungleichheit in der Arbeitswelt zementieren, immer wieder zu hinterfragen.
Dicks, Crystal; Govender, Prakashnee
Africa / Crystal Dicks and Prakashnee Govender. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Global Policy and Development, November 2019. - 16 Seiten = 1,3 MB, PDF-File. - (Perspective FES Berlin). - (Labour and social justice)Electronic ed.: Berlin : FES, 2019ISBN 978-3-96250-415-1
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