Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Warum es für Ägypten bei der COP28 eine Anpassungsfinanzierung für die Landwirtschaft braucht, beschreibt Alaa Emara anhand der Maisproduktion.
Niedergeschlagen inspiziert Khaled Ali, 63, ein erfahrener Bauer in einem Dorf im ägyptischen Gouvernement Gharbia, Mitte August bei sengender Hitze sein Maisfeld. Als er den Mais im Mai angepflanzt hat, rechnete er mit einer reichen Ernte. Jetzt ist er fassungslos: Der Ertrag fällt 25 Prozent geringer aus als erwartet. Einen so starken Rückgang des Ernteertrags hat er in den 55 Jahren seines bäuerlichen Berufslebens noch nie erlebt.
Khaled Alis Dorf liegt mitten im Nildelta und spielt eine zentrale Rolle für die ägyptische Nahrungsmittelproduktion, weil sie die Bevölkerung des Landes mit einer wichtigen Lebensgrundlage versorgt. Doch das Dorf liegt in einer der heißesten und dürreanfälligsten Regionen der Welt.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 stellte die beunruhigende Prognose auf, die weltweite Maisproduktivität werde bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 24 Prozent sinken, wenn das Klima sich weiterhin in diesem Ausmaß verändert. Für Khaled Ali ist aus dieser düsteren Prognose innerhalb kürzester Zeit bittere Realität geworden.
„Seit einigen Jahren haben wir mit vielen Problemen zu kämpfen. Die Produktivität und die Qualität der Ernten gehen beständig zurück, und es breiten sich immer mehr Krankheiten aus. In diesem Jahr waren die Einbußen besonders verheerend“, beklagt er.
Die Region, in der Khaled Ali lebt, ist bekannt für den Anbau von levantinischem Mais. Diese Pflanze spielt für die ägyptische Landwirtschaft eine wichtige Rolle und gedeiht am besten bei Durchschnittstemperaturen von 25 bis 28 Grad.
Nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ist 2023 das wärmste Jahr aller Zeiten. In Ägypten sind die Folgen deutlich spürbar. Das gilt vor allem für die kritischen Monate Mai und Juni, in denen die Temperaturen zeitweise bei über 40 Grad Celsius lagen.
Der Temperaturanstieg stellt die Landwirtschaft vor enorme Herausforderungen, weil er den levantinischen Mais langsamer wachsen lässt und die Gesamtproduktivität beeinträchtigt.
Im Zeitraum von 2020 bis 2023 verzeichnete Khaled Ali einen drastischen Rückgang der Maiserträge von 300 auf 200 oder 250 Gramm.
Nach Aussage des ägyptischen Agrarexperten Gomaa Atta zerstören die steigenden Temperaturen auch die Voraussetzungen für eine optimale Bestäubung und Befruchtung.
„Die große Hitze, insbesondere während der Blütezeit, beeinträchtigt die Lebensfähigkeit der Pollenkörner und die allgemeine Blütequalität“, erläutert Atta. „Das behindert den extrem wichtigen Prozess der Bestäubung und führt dazu, dass am Kolben weniger Körner wachsen und die Flächenproduktivität zurückgeht.“
Der UNEP-Bericht über die Anpassungslücke 2023 (UNEP’s Adaptation Gap Report 2023) weist auf ein gewaltiges Defizit bei der Klimafinanzierung hin, das 10- bis 18-mal größer ist als die Mittelzuweisungen. Derzeit beträgt die Finanzierungslücke bei der Anpassung an den Klimawandelzwischen 194 und 366 Milliarden US-Dollar. Auf der COP28 gibt es bei den Anpassungsverhandlungen keine Fortschritte. Das veranlasste die Afrikanische Verhandlungsgruppe (African Group of Negotiators, AGN) zu einer deutlichen Stellungnahme, in der sie die Anpassung als „Frage des Überlebens“ für Afrika bezeichnete.
Der AGN-Vorsitzende und sambische Umweltminister Collins Nzovu erklärte mit Nachdruck, die COP28 werde nur ein Erfolg sein, wenn in Afrika wirksame Anpassungsmaßnahmen umgesetzt werden.
„Anpassung ist für Afrika ein essenzielles Thema, und das Erreichen des globalen Anpassungsziels ist unsere zentrale Forderung“, so Nzovu.
Nzovu sprach sich für eine Aufstockung der Finanzmittel aus und machte deutlich, dass die finanzielle Unterstützung wirkliche Vorteile bringen und substanziell und leicht zugänglich sein müsse.
Der frühere ägyptische Verhandlungsführer Hisham Issa merkte an, die COP28 müsse dafür sorgen, dass die Industrieländer bei der Klimafinanzierung und vor allem bei der Anpassung „klare und verbindliche Entscheidungen“ treffen.
Issa hob den Bedarf an Anpassungsmitteln für Technologie und Forschung hervor. Es müssten „Technologien für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden wie zum Beispiel Frühwarnsysteme, die für die Landwirtschaft relevante klimatische Entwicklungen vorhersagen. Dazu gehören auch die notwendigen Mittel für die wissenschaftliche Forschung, etwa für die Entwicklung hitzetoleranter Pflanzen. Die Lösung liegt also in der Bereitstellung von Finanzmitteln, Technologien und wissenschaftlicher Forschung“, so Issa.
Mehr als 150 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt haben die COP28-Erklärung der Vereinigten Arabischen Emirate zu nachhaltiger Landwirtschaft, resilienten Lebensmittelsystemen und Klimaschutz verabschiedet und damit deutlich gemacht, dass es dringend geboten ist, die Anpassungsinitiativen zu intensivieren und die Auswirkungen des Klimawandels auf Landwirte und Fischer abzumildern.
Ed Davey, Director of Partnerships and Engagement bei der Food and Land Use Coalition, begrüßte die Erklärung, weil sie als erste ihrer Art die Ernährungsfrage thematisiere: „Die zentrale Zusage, dass die Länder bis 2025 Lebensmittel und Landwirtschaft in ihre NDCs aufnehmen, ist das wichtigste Erfolgskriterium, an dem diese Erklärung gemessen werden wird”, so Davey.
Für Khaled Ali, der seit Kindertagen seinen Lebensunterhalt mit der Landwirtschaft verdient, ist die Herausforderung des Klimawandels eine Überlebensfrage. Er wünscht sich dringend gute Erntebedingungen, damit er die Tradition bäuerlicher Arbeit weiterführen kann, die er als 8-jähriger Junge erlernt hat.
Wenn die Verhandlungsführer sich in dieser Woche für mehr Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel einsetzen, werden sie an Millionen von Bauern wie Khaled Ali denken.
Aus dem Englischen von Christine Hardung
Alaa Emara ist eine ägyptische Wissenschafts- und Umweltjournalistin, Mikrobiologin und Forscherin. In ihren zahlreichen Beiträgen für renommierte arabische Plattformen wie Popular Science Arabia und Al-Ain News vermittelt Alaa Emara mit Vorliebe komplexe Themen aus den Bereichen Wissenschaft und Umwelt.
In diesem Jahr arbeiten wir mit Climate Tracker zusammen und unterstützen die junge Journalistin Alaa Emara dabei, an deren Programm teilzunehmen. Sie wird von Climate Tracker weitergebildet, berichtet für uns über die COP28 und ist auch bei Veranstaltungen der Friedrich-Ebert-Stiftung dabei.
Die im Artikel zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Äußerungen der Gastautorin spiegelt nicht die Haltung der Friedrich-Ebert-Stiftung wider.
Der Ausstieg aus den fossilen Energien bleibt eine Illusion. Die COP-Karawane zieht mit überwiegend schwachen Beschlüssen im Gepäck weiter.
Der Zyklon Freddy verwüstete Krankenhäuser und Transportwege in Malawi. Das gefährdet vor allem werdende Mütter, schreibt Chimwemwe Padatha.
Nigerias Bäuerinnen und Bauern leiden massiv unter extremen Wetterbedingungen und mangelnder Unterstützung. Ein Fonds kann das ändern.
Hier geht es zur internationalen geschlechterpolitischen Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung. weiter
Perspektiven für eine gendergerechte globale Wirtschaft und Arbeitswelt in post-Corona-Zeiten. weiter
Feministische Forderungen aus dem Globalen Süden zum UN Global Digital Compact. weiter
Ein feministischer Aktionsrahmen für die Digitalwirtschaft