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Wir schreiben das Jahr 2025: Deutschland hat die Gleichberechtigung verwirklicht. Der Backlash nach Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine ist ausgeblieben. Eine Zukunftsvision von Uta Zech.
Das Coronavirus hat tiefgreifendere Veränderungen verursacht als wir es uns jemals hätten vorstellen können. Es hat die grundlegenden Denkstrukturen des menschlichen Hirns neu zusammengefügt. Statt wie seit der Steinzeit auf bewährte Vorurteile zurückzugreifen, um Energie für die schnelle Reaktion auf angreifende Säbelzahntiger_innen zur Verfügung zu haben, setzen die Gehirne andere Prioritäten. Sie suchen Neues. Ungewohntes. Das neue Mantra ist: „Auch wenn wir das bisher immer so gemacht haben - gibt es da nicht eine andere Lösung, die uns als Gesellschaft stärkt und uns alle glücklicher macht, statt nur einige wenige reicher zu machen?“
Es ist verblüffend, was plötzlich möglich ist. Kindergrundsicherung, Bürgergeld – schon im Sommer 2022 ist alles durch. Mit höheren Beträgen als ursprünglich vorgesehen. Trotz Krieg in der Ukraine und den Subventionen, die die Wirtschaft am Laufen halten sollen. Das liegt auch an den zehn Prozent Superreichen in Deutschland, die plötzlich feststellen, dass die vierte Yacht im Hafen von Monaco auch nicht glücklicher macht. Selbst Konzernlenker_innen erkennen, dass Steuerbetrug einer sozialen Bankrotterklärung gleichkommt. Steuertricksereien kommen bei Verbraucher_innen gar nicht gut an, die dank Bürgergeld nicht mehr das Billigste vom Billigsten kaufen müssen. „Nachhaltigkeit“ ist kein hippes Schlagwort mehr, das nach „unbezahlbar für Normalbürger_innen“ klingt, sondern für alle Produktionsketten selbstverständlich.
Wirtschaft und Politik haben ihren Blickwinkel deutlich erweitert. Eigentlich ist es ja klar: Wer verdient, konsumiert. Damit die Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und der hohen Inflation wieder angekurbelt wird, müssen Frauen und Männer gleiches Gehalt für gleiche und gleichwertige Arbeit bekommen. Die Tarifparteien definieren endlich, was „gleichwertige Arbeit“ ist, und einigen sich auf entsprechende Tarifverträge. Die vier geschlechtsneutralen Kriterien des Comparable Worth Index werden auf alle Branchen und Berufe angewendet. Das Ergebnis ist, dass die Vorschullehrerin das gleiche Gehalt wie der Elektroingenieur bekommt. Der Gender Pay Gap verringert sich um zehn Prozentpunkte.
Es wird nicht bis zum Ende des Jahrzehnts dauern, bis Gleichberechtigung in Deutschland verwirklicht ist. Das ist der entschiedenen Umsetzung von zwei Gesetzen zu verdanken, die es in sehr verwässerter und abgeschwächter Form schon gibt: Das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (FüPoG) wird auf alle börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen ausgedehnt und gilt für Aufsichtsrat, Vorstand, erste und zweite Führungsebene. Nichteinhaltung wird sanktioniert. Es ist klar, dass sich eine Unternehmenskultur nicht verändert, solange die Konkurrenz keine Sanktionen befürchten muss, wenn sie sich den Veränderungen verweigert. Außerdem gibt es einen straffen Zeitplan, bis wann Unternehmen welche Quoten umzusetzen haben. Die Wirtschaft begreift ihre Chance, dankt für die klare Ansage und setzt sie um.
Auch das Entgelttransparenzgesetz wird nachgebessert. Die einheitlichen, zertifizierten Prüfkriterien decken schnell auf, ob und wo es in Unternehmen Lohndiskriminierung gibt. Noch wirksamer wird das Gesetz dadurch, dass es jetzt auch für Unternehmen unter 200 Mitarbeitenden gilt – die Unternehmen, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten. Über Geld spricht man ab sofort – mit Freund_innen, mit Kolleg_innen und mit Vorgesetzten.
Der Gender Pay Gap verringert sich um weitere fünf Prozentpunkte.
Der restliche geschlechtsspezifische Lohnunterschied verschwindet, als die Unternehmen erkennen, dass die unbezahlte Sorgearbeit quasi als Schattenwirtschaft die Wirtschaft mitfinanziert. Unterbrechungen im Erwerbsleben, um unbezahlte Care-Verantwortung zu übernehmen (im Sommer 2022 noch hauptsächlich bei Frauen zu finden), werden nicht mehr als „Lücken“ oder „Auszeiten“ in der Erwerbsbiografie gesehen, sondern als Weiterbildung für Führungspositionen. Inzwischen gibt es nicht nur drei, sondern sieben nicht übertragbare Partnermonate. Das bedeutet, dass beide Elternteile gleich viel Elternzeit nehmen. Die Unternehmen können sich darauf einstellen und freuen sich, dass ihre Mitarbeiterinnen schneller ins Unternehmen zurückkehren, statt den Löwinnenanteil an unbezahlter Sorgearbeit zu übernehmen. In Zeiten von Fachkräftemangel ist dies ein großartiger Vorteil.
Tradierte Rollenstereotype – die Säbelzahntiger_innen unserer Zeit – sind ausgestorben. Mädchen verlieben sich in Mathe und Jungs in Care-Arbeit. Die paritätisch aufgeteilte Elternzeit zeigt, dass familiäre Sorgearbeit weder eine frauendominierte noch eine männerfeindliche Veranstaltung ist. Und Frauen in MINT-Berufen? Frauen in Führungspositionen? Normalität.
Uta Zech, Schauspielerin und Werbekauffrau, Inhaberin der Agentur Zech Dombrowsky Design, moderiert Podiumsdiskussionen und Tagungen, unterrichtete 15 Jahre an der Filmschauspielschule Berlin und ist seit Juni 2016 Präsidentin des Business an Professional Women (BPW) Germany e.V.
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