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Stadt der Träume

Die Urbanisierung unserer Welt braucht ein Konzept. Die Städte sind hervorragende Akteure in der Klimaanpassung. Denkbare Wege auf der COP28.



Mit der zunehmenden Urbanisierung unserer Welt entwickeln sich die Städte zu entscheidenden Akteuren im weltweiten Bemühen den Klimawandel durch Anpassungsstrategien zu bekämpfen. Städte sind nicht nur Knotenpunkte für wirtschaftliche und kulturelle Aktivitäten, sondern tragen auch im  erheblichen Maße zu den Treibhausgasemissionen bei. Zugleich treffen die Auswirkungen des Klimakrise wie steigende Temperaturen, extreme Wetterereignisse und den Anstieg der Meeresspiegel sie mit voller Wucht.

Im Bewusstsein dieser komplexen Zusammenhänge zwischen Urbanisierung und Klimawandel fand auf der COP28 in Dubai eine gemeinsame Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), des Climate Action Network South East Asia (CAN-SEA) und des Collaborative Labeling and Appliance Standards Program (CLASP) statt. Ziel der Veranstaltung war, die vielfältigen Aspekte einer Just Urban Transition, JUT(dt: gerechten städtischen Übergangs) näher zu beleuchten und sich mit exemplarischen Transformationsprozessen und den Lebensbedingungen im Globalen Süden auseinanderzusetzen.
 

Was bedeutet Just Urban Transition?
 

In der Diskussion über den Begriff  Just Urban Transition gab Tassneem Essop, Executive Director bei CAN International (CAN) zu bedenken, dass das Adjektiv „just“ im Kontext oft sich unterscheidende Bedeutungen impliziert und für heftige Kontroversen sorge. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Klarheit über das Konzept und die Elemente einer JUT herrscht, auch mit Blick auf die individuellen Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der beteiligten Akteure. Just Urban Transition müsse zwar ein inklusiver Prozess sein und der Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit Rechnung tragen, aber ergebnisoffen bleiben. Es gebe definitiv keine „One-Size-fits-all“- Lösung, bekräftigt Essop.

Mariel Navarro, Projektkoordinatorin im FES-Büro Mexiko stellte die Ergebnisse einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Just Urban Transition And Labor“ vor, in der die Auswirkungen eines gerechten städtischen Übergangs und die sich verändernden Beschäftigungsstrukturen in Asien, Afrika, im Nahen/Mittleren Osten, Lateinamerika und Europa in den Blick genommen werden.

Die Studie untersucht das Konzept der 15 Minuten-Stadt im Hinblick auf mögliche Synergien mit Bemühungen zur Dekarbonisierung. Zudem zeigt sie auf, wie wichtig unter ökologischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten die Stadtbegrünung ist. Bei der Umgestaltung der Städte müsse darauf geachtet werden, dass die Privilegien des Individualverkehrs nicht durch Lock-in-Effekte zementiert würden. Der öffentliche Verkehr hingegen könnte nicht nur weitaus emissionsfreundlicher sein, sondern auch integrativ wirken, wenn er richtig geplant und umgesetzt werde. Eine Planung in Absprache mit allen Beteiligten sei dafür eine entscheidende Voraussetzung.

Natürlich sind viele Städte im Globalen Süden, insbesondere in Umweltbereichen wie der Abfallwirtschaft und dem Transportwesen, von informeller Arbeit geprägt. Während Umschulung und Höherqualifizierung, Bildung und Berufsausbildung einen Weg in die Formalität bieten könnten, sollten die geschlechtsspezifischen Auswirkungen und die unterschiedliche Anfälligkeit nicht unterschätzt werden. In diesem Zusammenhang betonte Alison Tate, Director of Economic and Social Policy beim Internationalen Gewerkschaftsbund (International Trade Union Confederation, ITUC): "Wir müssen auch die Sicherheit und die Würde der im Verkehrssektor tätigen Menschen berücksichtigen." Ein sektoraler Übergang muss sich daher in der Planung auf nationaler Ebene widerspiegeln.

Die FES-Studie befasst sich auch mit der erwarteten Zunahme „Green Jobs“ und macht deutlich, dass diese im urbanen Raum genau definiert werden müssten, um unerwünschte Folgen zu vermeiden.
 

Blumen, Bäume, Büsche in der 15 Minuten-Stadt
 

In einem überzeugenden Vortrag machte Christine Egan, Chief Executive Officer bei CLASP, auf die entscheidende Rolle von Geräten wie Kühlschränke und Klimaanlagen in unserem täglichen Leben und ihre erheblichen Auswirkungen auf den individuellen CO2-Fußabdruck aufmerksam. Diese wichtigen Geräte sind zwar unverzichtbar, tragen aber beinahe 40 Prozent zu den weltweiten energiebedingten Kohlendioxid (CO2)-Emissionen bei. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass 3,6 Milliarden Menschen, die in klimatisch gefährdeten Regionen leben, keinen Zugang zu Geräten haben, die zum Grundbedarf gehören und bei der Anpassung an den Temperaturanstieg eine entscheidende Rolle spielen. Elektrogeräte haben nicht nur eine wichtige Funktion für den Komfort, sondern auch für den Zugang zu Kühlung, Informationen, Ernährungssicherheit, und tragen zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit und Produktivität bei.

Damit Haushaltsgeräte wirksam zu einer klimaverträglichen Entwicklung beitragen können, sind grundlegende Veränderungen erforderlich. Nach Schätzungen des CLASP wird der Haushaltsgerätesektor bei einem Business-as-usual-Szenario (BAU) das Netto-Null-Emissionsziel (NZE) der Internationalen Energieagentur (IEA) bis 2050 um mindestens 9 Gt CO2 überschreiten. Selbst wenn die bestehenden globalen Benchmark-Effizienzvorgaben für Haushaltsgeräte flächendeckend eingeführt würden, lägen die Emissionen im Jahr 2050 immer noch um mindestens 7 Gt CO2 über dem NZE-Minderungsziel. Laut dem IEA-Fahrplan „Netto-Null bis 2050“ müssen zur Erreichung der Ausbauziele die Erzeugungskapazitäten für erneuerbare Energien massiv erweitert werden. Die zusätzlichen 9 Gt CO2-Emissionen beim BAU-Szenario ergeben sich aus der zusätzlichen Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen, die benötigt wird, um den Energieverbrauch der Geräte zu decken.
 

Sicherheit und Würde der Arbeitenden
 

Özlem Ünlüer, Director of Sustainability bei Arçelik Global, einem weltweit tätigen Haushaltsgerätehersteller, forderte Regierungen und Staaten auf, einen soliden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Dies sei unerlässlich, um die Industrie zu nachhaltigen Praktiken zu bewegen und dafür zu sorgen, dass Haushaltsgeräte einen konstruktiven Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten. Zur Entwicklung einer Vision für eine Just Urban Transition gehöre die Erkenntnis, dass die Umgestaltung des Haushaltsgerätesektors nicht nur ökologisch geboten, sondern auch eine entscheidende Komponente für eine gerechte und resiliente Stadtentwicklung sei.

Im Wesentlichen können die Perspektiven, Argumente und Empfehlungen, die während der Veranstaltung vorgestellt wurden, den städtischen Akteur_innen als Orientierung und Beurteilungshilfe dienen, ohne die Kontextabhängigkeit der Just Urban Transition-Pfade aus dem Blick zu verlieren. Angesichts der Komplexität der Urbanisierung kommt diesem integrativen und transformativen Ansatz eine entscheidende Bedeutung zu, wenn es darum geht, die Zukunft nachhaltig und widerstandsfähig zu gestalten und die spezifischen Herausforderungen zu bewältigen, vor denen Städte im Globalen Süden stehen.

 


Über die Autorin

Franziska Schmidtke leitet das regionale Klimaprojekt der Friedrich-Ebert-Stiftung in Asien mit Sitz in Vietnam. Vorher war sie Referentin im Landesbüro Thüringen der Friedrich-Ebert-Stiftung. Sie begleitete die asiatischen Delegation zur COP28 in Dubai.

Pottinger-Glass, Chloe; Archer, Diane; Asvanon, Raja

Just urban transition and labor

Transformative visions for a low-carbon future
Bonn, 2023

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Ansprechpartnerin

Sarah Zitterbarth
Sarah Zitterbarth
+49 30 26935-7470
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