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Sinkende Arbeitslosigkeit, innovative Industrien und Wachstumsraten, von denen die meisten europäischen Nachbarn nur träumen können – Deutschland steht im internationalen Vergleich gut da. Nur, längst nicht alle profitieren vom wirtschaftlichen Wachstum. Der Disparitätenbericht 2019 zeigt vielmehr: Die sozioökonomische Ungleichheit in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren verfestigt.
Und nicht nur das: Während einzelne Städte boomen, drohen ganze Regionen langfristig abgehängt zu werden. Dort wo es wirtschaftlich bergauf geht, setzen steigende Mieten selbst die Mittelschicht immer mehr unter Druck. Das starke Wirtschaftswachstum hat nicht dazu geführt, die Gräben zwischen reichen und ärmeren Gegenden abzubauen. Der Ausgleich zwischen Bund und Ländern muss dringend neu geregelt werden.
Der Bericht knüpft an den Disparitätenbericht 2015 an und geht darüber hinaus. Er liefert eine umfassende Bestandsaufnahme der sozioökonomischen Ungleichheit in Deutschland und stellt klare Forderungen an die Politik.
Sozioökonomischer Disparitätenbericht 2019 (deutsch)
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Die Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ sollte die Chance nutzen und ein neues Konzept vorschlagen, das gleichwertige Lebensverhältnisse mit einer Politik zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts verbindet. Es muss eine doppelte Aufgabe gelöst werden: wirtschaftliche und soziale Disparitäten zu bekämpfen und mittels der Daseinsvorsorge den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
Die Ausstattung sozialer und technischer Infrastrukturen in den Kommunen ist räumlich höchst ungleich verteilt. Das liegt nicht nur an der seit Langem sehr unterschiedlichen Finanzkraft der Kommunen und Länder in Deutschland. Ursächlich sind auch die unterschiedlichen Möglichkeiten, an staatlichen Investitionsprogrammen teilzunehmen.
Notwendig ist eine indikatorengestützte Regionalisierungvieler staatlicher Investitionshilfen, die sich neben fachlichen Aspekten viel stärker als bisher an räumlichen Ungleichgewichten orientieren muss. Der politische Leitsatz „Ungleiches ungleich behandeln“ muss zur durchgehenden Maxime staatlicher Ausgabenpolitik werden
Notwendig ist, dass die Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ einen Katalog von angemessenen, bedarfsorientierten Indikatoren vorlegt.
Notwendig ist weiterhin, dass sich Bund und Länder auf dieser Grundlage bei den einzelnen Programmen auf eine Regionalisierung der Mittel mit dem Ziel einigen, regionale Ungleichgewichte abzubauen.
Ohne leistungsstarke Kommunen in allen Regionen Deutschlands sind gleichwerte Lebensverhältnisse nicht zu erreichen.
Notwendig ist deshalb eine Initiative zur Stärkung der kommunalen Verwaltungskraft: Mehr und besser qualifiziertes Personal und neue Formen der Verwaltungskooperationen. Der Wiederaufbau der kommunalen Problemlösungskompetenzen muss vordringliche Aufgabe auf allen staatlichen Ebenen sein.
Notwendig ist die Anpassung der kommunalen Finanzausgleichssysteme der Länder. So wird sichergestellt, dass die vom Bund bereitgestellten Finanzmittel in denjenigen Kommunen ankommen, die diese benötigen.
Viele strukturschwache Kommunen stecken in einem Teufelskreis: geringe Wirtschaftskraft, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Belastung durch Sozialtransfers, hohe Verschuldung, geringe Investitionskraft und Abwanderung. Aus diesem können sie sich nicht aus eigener Kraft befreien.
Notwendig ist deshalb ein gemeinsamer Entschuldungsfonds des Bundes und der Länder. In diesem sollten die Altschulden der am meisten belasteten Kommunen gebündelt werden. Dieser echte Schuldenschnitt sollte dann aber auch mit Auflagen verbunden werden, um die Einnahmensituation zu verbessern und neue Schulden zu vermeiden.
Notwendig ist eine weitere Übernahme von Sozialausgaben durch den Bund. Denn die schwächsten Kommunen tragen heute die höchsten Lasten bei den Sozialtransfers. Stattdessen muss das Konnexitätsprinzip gelten: „Wer bestellt, der bezahlt.“
Eine Politik des Zusammenhalts muss sich um die Entwicklung Sozialer Orte kümmern: Orte und Räume, in denen eine solidarische und eigenständige Regionalentwicklung durch bürgerschaftliches Engagement, durch Gemeinwohlarbeit, durch interkommunale Kooperationen und regionale Netzwerke, durch regionale und lokale Entwicklungskonzepte und viele andere Teilhabeformate gelebt wird. Diese informellen Prozesse zur Sicherung der Daseinsvorsorge, für Möglichkeiten der Aktivierung, der Beteiligung, der Mitbestimmung und der Selbstorganisation in den Regionen (Empowerment) müssen gefördert werden.
Notwendig ist eine Systematisierung der Raumordnungspolitik, anstatt vieler kleiner Programme, die oft nur symbolische Funktionen haben, nur kurzfristig angelegt sind und dementsprechend nicht nachhaltig wirken.
Notwendig ist, dass Bund und Länder hierzu eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“ verabreden. Sie ergänzt die bestehenden Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ und „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Sie finanziert sowohl eine ausreichende materielle Daseinsvorsorge in den Regionen als auch die systematische Unterstützung der Prozesse zur Aktivierung, Mitbestimmung und Selbstorganisation in den Regionen. Denn Beteiligung schafft Zusammenhalt, wenn die Menschen Perspektiven für sich erkennen.
Das Grundgesetz bietet mit Art. 91a GG die Möglichkeit zur Mitwirkung des Bundes bei Gemeinschaftsaufgaben. Der Bund sollte sich an dieser aktuell wichtigsten Aufgabe, der Gewährleistung des räumlichen und sozialen Zusammenhalts in Deutschland, mit mindestens der Hälfte der hierfür notwendigen Mittel beteiligen.
Vera Gohla
Referentin für Wirtschafts- und Strukturpolitik
+49 30 26935-8331vera.gohla(at)fes.de
Johannes Damian
Leitung der Pressestelle
+49 30 26935-7038Johannes.Damian(at)fes.de
Mit dem Projekt Für ein besseres Morgen will die Friedrich-Ebert-Stiftung einen Beitrag zur Debatte über die Zukunft Europas leisten. Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie hier:
Für ein besseres Morgen
Ungleiches Deutschland
Den Teufelskreis durchbrechen
Geografische und individuelle Erklärungsfaktoren bei sieben Landtagswahlen.
Ein Beitrag zum Abbau regionaler Ungleichheit?