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Der Begriff Intersexualität beschreibt den Zustand von Menschen, die sich aus biologischer Sicht zwischen den Geschlechtern befinden. Als intersexuell werden demnach Menschen bezeichnet, die aufgrund ihrer Körpermerkmale nicht ausschließlich männlich oder weiblich sind. Diese Personen haben zum Beispiel von Geburt an sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsmerkmale. So kann ein intersexueller Mensch zum Beispiel einen weiblichen Chromosomensatz und männlich ausgeprägte Geschlechtsmerkmale haben. Auch ist es möglich, dass eine intersexuelle Person gleichzeitig Hoden und eine Gebärmutter hat.
Intersexualität ist dabei nicht zu verwechseln mit Transgeschlechtlichkeit oder Nicht-Binarität. Denn diese Formen der Geschlechtlichkeit beziehen sich auf eine Geschlechtsidentität und damit auf das soziale Geschlecht (bzw. Gender) und nicht auf das biologische Geschlecht.
Alternativ zu der oft im medizinischen Kontext benutzten Bezeichnung der Intersexualität werden besonders in den Kreisen rund um die Betroffenen häufig lieber die Begriffe Intergeschlechtlichkeit oder Zwischengeschlechtlichkeit verwendet. Sie haben den Vorteil, dass sie im Gegensatz zum Wort Intersexualität nicht suggerieren, es handele sich bei Intersexualität um eine sexuelle Orientierung. Zudem suggeriert „Intersexualität“ als medizinische Diagnose, dass Intergeschlechtlichkeit eine Krankheit sei.
Wenn man die Wortherkunft der Begrifflichkeit unter die Lupe nimmt, wird diese Tendenz unterstrichen: Es zeigt sich, dass Intersexualität nicht nur missverständlich, sondern auch unsauber übersetzt ist: Das im Jahr 1915 von dem Genetiker Richard Goldschmidt geprägte Wort ist eine Komposition aus den lateinischen Begriffen inter, was übersetzt „zwischen“ oder „dazwischen“ bedeutet, und Sexus, was für das biologische oder auch natürliche Geschlecht steht, aber nicht für die Sexualität eines Menschen. Die korrekte Übersetzung des lateinischen Basisvokabulars wäre daher Intergeschlechtlichkeit.
Um jegliche Missverständnisse zu vermeiden und den Begriff möglichst weit zu halten, wird häufig auch die Kurzform inter mit einem Sternchen benutzt. Inter* steht in dem Fall für die verschiedenen möglichen Endungen des Begriffs sowie für alle damit einhergehenden Ausprägungen der Identität. Dies bietet möglichst vielen Betroffenen die Chance, sich mit der Bezeichnung zu identifizieren.
Die Theorie der Geschlechtsentstehung ist zunächst sehr einfach: Das biologische Geschlecht eines Menschen entsteht durch die Kombination eines X-Chromosoms aus der Eizelle der Mutter mit einem X- oder Y-Chromosom aus dem Spermium des Vaters. Treffen zwei X-Chromosomen aufeinander, entsteht ein weiblicher Fötus. Kommt zum X-Chromosom der Mutter ein Y-Chromosom des Vaters, entwickelt sich ein männlicher Fötus. Das entsprechende Chromosomenset nimmt im Mutterleib sowie im Laufe des Heranwachsens des Menschen dann einen Einfluss auf die Ausbildung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale.
Bei intersexuellen Menschen ist dieser Prozess jedoch nicht so eindeutig. Das hat in der Regel biologische Ursachen: In den meisten Fällen entsteht Intergeschlechtlichkeit durch alternative Entwicklungen des Hormonhaushaltes oder der Genitalien. Intergeschlechtlichkeit kann daher in vielen Ausprägungen und Formen daherkommen. Nicht jede Form der Intergeschlechtlichkeit ist von außen erkennbar. Intergeschlechtliche Menschen werden nicht selten als eindeutig männlich oder weiblich gelesen. Unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild identifizieren sich intersexuelle Menschen teilweise als eindeutig männlich oder eindeutig weiblich oder aber als inter*.
Zuweilen wird im Kontext von Intersexualität auch von den „disorders of sex development“ (DSD) gesprochen. Der Begriff DSD steht allerdings in der Kritik und gilt als veraltet, da das englische „disorders“ ebenso wie die deutsche Übersetzung „Störungen“ die betreffenden Geschlechtsentwicklungen pathologisiere.
Die Findung einer Geschlechtsidentität ist als intersexueller Mensch also oftmals sehr komplex und kann zu Identitätskonflikten führen – insbesondere, wenn die biologischen Merkmale nicht eindeutig sind oder zu früh operativ angepasst wurden. Daher haben intergeschlechtliche Menschen oft mit psychologischen Herausforderungen zu kämpfen. Zudem sind sie häufig mit gesellschaftlicher Stigmatisierung konfrontiert und begegnen medizinischen Herausforderungen, die nicht selten schwierige Entscheidungen mit sich bringen.
Laut eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 ist die geschlechtliche Identität des Menschen durch das im Grundgesetz verankerte Persönlichkeitsrecht geschützt – das gelte ebenso für Menschen, die sich „dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen“. Damit bietet das Bundesverfassungsgericht eine wichtige und wesentliche Grundlage für die Anerkennung der Intersexualität in der Gesellschaft. Dennoch gibt es nach wie vor Vorbehalte und Vorurteile gegenüber intersexuellen Menschen.
Zunächst einmal ist es daher wichtig, zu betonen: Intersexualität ist keine Krankheit! Sie ist neben der weiblichen und männlichen eine weitere Geschlechtszugehörigkeit und weicht damit von einem binären Geschlechtsverständnis ab. Das kommt vielen Menschen fremd vor und führt nicht selten zu einer kritischen bis ablehnenden Haltung. Wichtig ist es daher, in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass intersexuelle Menschen in der Regel körperlich gesund und nicht per se behandlungsbedürftig sind.
Lange Zeit war es allerdings gängig, dass sich Ärzte auf Basis des Chromosomensatzes eines intersexuellen Menschen für ein bestimmtes biologisches Geschlecht entschieden haben und dementsprechend häufig auch irreversible genitalverändernde Operationen an Kindern vorgenommen haben. Diese Eingriffe wurden vielerorts sehr kritisch gesehen – so bezeichnete der Lesben- und Schwulenverband sie als schwere Menschenrechtsverletzungen. Grund dafür ist, dass die Angleichungen nicht immer der späteren Geschlechtsidentität der Betroffenen entsprechen – so kann es sein, dass medizinisch ein Geschlechtsphänotyp herbeigeführt wurde, welcher nicht dem Geschlecht entspricht, als das sich die intersexuelle Person im erwachsenen Alter identifiziert. Fakt ist: Viele der Betroffenen haben ihr Leben lang mit den psychischen und physischen Folgen der frühkindlichen Operationen und Behandlungen zu kämpfen.
Am 22. Mai 2021 trat schließlich das vom Bundestag verabschiedete Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung in Kraft. Demnach dürfen geschlechtsangleichende Operationen nur noch in unaufschiebbaren Fällen durchgeführt werden, bevor das betroffene Kind selbst darüber entscheiden kann. Es wird also von Fall zu Fall entschieden, ob eine OP notwendig ist und im Zweifel lieber darauf verzichtet. Nur in Ausnahmefällen, wenn zum Beispiel auf Grund von fehlentwickelten Gonaden ein erhöhtes Krebsrisiko vorliegt, wird zu einem Eingriff geraten. Insgesamt wird stattdessen immer mehr Wert auf die psychologische Beratung und Betreuung von intersexuellen Menschen gelegt, um ihnen zum Beispiel die Identitätsfindung zu erleichtern.
Das neue Gesetz entspricht einer Forderung, die schon von vielen Seiten geäußert wurde – unter anderem von der Organisation Intersex International. In der Öffentlichen Erklärung des Dritten Internationalen Intersex Forums hielten die 34 Aktivist_innen und Repräsentant_innen von 30 Intersex-Organisationen von allen Kontinenten fest, dass Inter*-Themen sichtbarer gemacht werden und international Brücken geschlagen werden sollten, um sich bei Inter*-Themen zu unterstützen.
Man könnte meinen, dass es einen klar ersichtlichen strukturellen Unterschied zwischen den Gehirnen der jeweiligen Geschlechter gibt. Allerdings kann auch ein_e Expert_in nur in der Tendenz feststellen, welches Geschlecht der oder die Träger_in eines Gehirns hat. Eindeutig belegte Faktoren zur Bestimmung gibt es nicht. Tatsächlich haben alle Gehirne sowohl männliche als auch weibliche Anteile – das unterstreicht die Neurowissenschaftlerin Daphna Joel in ihrem gleichnamigen Buch: „Das Gehirn hat kein Geschlecht!“
Konkret bedeutet das, dass Rollenklischees nicht vonseiten unserer Gehirnstruktur vorgegeben zu sein scheinen. Im Gegenteil bestünden alle Gehirne sowohl aus männlichen als auch aus weiblichen Anteilen – je nach Hirnareal in unterschiedlicher Ausprägung. Das Fazit Joels ist demnach, dass die menschlichen Gehirne intersexuell seien. Die als typisch männliche oder typisch weiblich angesehenen Verhaltensmuster von Menschen seien daher im Wesentlichen auf einer gesellschaftlichen Prägung basierend, so Joel.
Andere Neurowissenschaftler_innen schränken diese Aussage etwas ein. So gebe es diverse Studien, die belegen, dass auch die Geschlechtszugehörigkeit an sich – abseits der gesellschaftlichen Prägung – einen Einfluss auf die Funktionsweise des Gehirns hat. So können die Geschlechtshormone zum Beispiel einen direkten Einfluss auf das Gedächtnis und die Lernfähigkeit haben. Je nachdem, in welcher Lebensphase sich ein Mensch befindet – reproduktive Phase? Menopause? – ist sein Gehirn durch die Hormone entsprechend beeinflusst oder gar beeinträchtigt.
Dieser kleine Exkurs zeigt zumindest in der Tendenz, dass die Übergänge zwischen den Geschlechtern fließend sein können und diese Prädisposition sogar in unseren Gehirnen angelegt ist. Insgesamt sind die männlichen und weiblichen Merkmale bei jedem Menschen etwas unterschiedlich (stark) ausgeprägt – so wie auch die Geschlechterausdifferenzierung sehr facettenreich sein kann.
Intersexualität ist etwas, das vielen Menschen fremd vorkommt und heutzutage immer noch ziemlich unsichtbar ist. Es ist daher wichtig, noch mehr Sensibilität und Bewusstsein für das Thema zu schaffen, um intersexuellen Menschen in der Gesellschaft einen selbstverständlichen und sicheren Platz zu schaffen. Die Gesetzgebung und auch die Medizin haben wichtige Meilensteine in der Entwicklung hin zu einer größeren Selbstverständlichkeit von Intersexualität in der Gesellschaft getan. Dennoch gibt es in beiden Bereichen noch Luft nach oben. Nach wie vor ist es wichtig, die Vielfalt unserer Geschlechtsentwicklung verstärkt zu betonen und zu schätzen.
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