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Nachbericht | Geist, Glaube und Gefahr für die Demokratie? Über Verschwörungsglauben in der Esoterik und der gesellschaftlichen Mitte.


Terminexport im ICS-Format

Am 21.10.2022 haben wir zu einer besonderen Lesung in die Buchhandlung Bibabuze in Düsseldorf-Bilk geladen: Katharina Nocun stellte ihr frisch erschienenes Buch „Gefährlicher Glaube“ vor, in dem sie sich, gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Pia Lamberty der radikalen Gedankenwelt der Esoterik stellte.

Gleich zu Beginn der Diskussion zeichnete sie den Weg zu dem Buch nach: während der Recherchen zu den beiden Vorgängern „Fake Facts“ und „True Facts“ war den beiden Autorinnen bereits die Rolle von Verschwörungsglauben in den Bereichen der Esoterik und vor allem der sogenannten Alternativen Medizin aufgefallen: „Viele Angehörige von Verschwörungsgläubigen erzählten uns in Gesprächen zu den beiden Büchern, dass esoterische Gedanken schon lange Zeit eine Rolle im Leben der angehörigen Betroffenen spielten. So entstand die Idee, diesem Phänomen ein eigendes Buch zu widmen“.

Auch Sabine Riede, Geschäftsführerin der Beratungsstelle Sekten-Info NRW, beobachtet in ihrer Arbeit seit Beginn der Nullerjahre einen regelrechten Boom der Esoterik. Sie führt die auf eine zunehmende Orientierungslosigkeit in (scheinbar) immer unsicheren Zeiten zurück: „Die Esoterik verspricht den Menschen eine heile Welt“. Dabei werden die Gefahren oft unterschätzt oder gar nicht wahrgenommen. Gerade im medizinischen Bereich kann dies verheerende Folgen haben, wenn bspw. eine lebensrettende Chemotherapie bei einer Krebserkrankung mit Verweis auf homöopathische Alternativmethoden verweigert wird.

Als besonders erschreckend beschreibt Katharina Nocun die gefährliche Allianz von Esoteriker*innen mit rechten und rechtsextremen Kräften. Was viele Beobachter*innen zunächst als widersprüchlich gesehen haben, war das Bild allem Anschein nach eher politisch links stehender Personen Seit an Seit mit Reichsbürger*innen und Größen der politischen Rechten auf den sogenannten Querdenker*innen-Demonstrationen. Elisabeth Müller-Witt, Landtagsabgeordnete in der SPD-Fraktion im Landtag von NRW, führt aus, dass in esoterischen Weltbildern Verschwörungserzählungen mit menschenverachtender, oft antisemitischer und antifeministischer Ideologie, bereits in ihren Grundzügen angelegt sind. Als Mitglied des Hauptausschusses fällt auch der Verfassungsschutzbericht in ihre Zuständigkeit, hier wurde nun zum ersten Mal auch die Szene der Querdenker*innen besonders in Augenschein genommen.

Menschen, die Verschwörungserzählungen anheimfallen sind oft nicht mehr für einen demokratischen Wettbewerb der Ideen zu erreichen. Das geschlossene Weltbild von Esoterik, Verschwörungsmythos, Ablehnung von staatlichen Autoritäten entzweit nicht nur Familien und Freundschaften, sondern treibt auch einen Keil zwischen Menschen in einer demokratischen Gesellschaft. Hier gilt es, Ausstiegsangebote zu machen, sowohl im privaten und persönlichen Bereich, als auch in der politischen Bildung. Dies ist insbesondere ein Anliegen der Friedrich-Ebert-Stiftung, was schlussendlich auch zu dieser Veranstaltung geführt hat.

Konkret gibt Katharina Nocun den Teilnehmenden, die sich engagiert an der Diskussion und dem inhaltlichen Austausch beteiligten noch folgende Instrumente mit auf den Weg:

Gegenrede üben! Dabei geht es nicht darum, einen überzeugten Verschwörungsgläubigen überzeugen zu wollen, sondern darum, Behauptungen aus Verschwörungsmythen im öffentlichen Raum nicht unwidersprochen stehen zu lassen.

Wenn der Eindruck entsteht, eine nahestehende Person droht in Welterklärungsmodelle von Verschwörungsmythen abzugleiten: nicht abwarten! Je früher man das Gespräch sucht, desto eher besteht die Chance, diese Person überhaupt noch zu erreichen.

Du bist nicht alleine! Niemand muss sich im privaten und im öffentlichen Umfeld allein gegen Verschwörungsgläubige durchsetzen. Es gibt Beratungsstellen, die helfen können, Vereine, Wissenschaftler*innen, die sich zu diesem Zweck engagieren. Das bedeutet aber auch: selber anderen Leuten beizustehen, bspw. im Netzt digitale Zivilcourage zu zeigen, Accounts von Menschen, die gegen Nutzer*innen hetzen und diese bedrohen, beim Betreiber einer Plattform zu melden.

Gemeinsam können wir uns den Gibt von Verschwörungserzählungen entgegenstellen, für unser persönliches Umfeld genauso, wie für die demokratische und offene Gesellschaft, in der wir leben, und hoffentlich noch lange leben werden.

 

Bild: Verschwoerung von FES LBNRW


Friedrich-Ebert-Stiftung
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