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Wir finden keine empirische Evidenz, dass Branchen, die vergleichsweise hoch digitalisiert sind, auch eine stärkere Marktkonzentration aufweisen. Unsere Untersuchungen zeigen hingegen unterschiedliche Monopolisierungstendenzen innerhalb der deutschen Wirtschaft für die Zeit vor, während und nach der Finanzkrise: Während die Marktkonzentration bis 2007 gesunken ist und in der Krisenzeit selbst „eingefroren“ erscheint, zeigt sich seit 2011 ein Trend zu einer zunehmenden Konzentration innerhalb der Branchen der deutschen Wirtschaft. Am stärksten ausgeprägt ist diese Tendenz bei den mittelstark digitalisierten Branchen der Wirtschaft.
Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Konzentration der Wirtschaft in den Industrieländern, vor allem in den USA, grundsätzlich zunimmt. Gerade für Teilbereiche der digitalen Ökonomie sind Monopole, Duopole oder Oligopole charakteristisch geworden: bei Suchmaschinen, sozialen Medien oder Betriebssystemen (Allen 2017). Auch neue Märkte auf Basis von Plattformen sind von solchen Entwicklungen gezeichnet, wie die Beispiele Amazon oder AirBnB zeigen. Wir haben uns für Deutschland die Marktkonzentration auf Branchenebene genauer angesehen. Gibt es Unterschiede zwischen Branchen, die vergleichsweise stärker digitalisiert sind, und jenen, die vergleichsweise weniger stark digitalisiert sind?
Zur Beantwortung dieser Frage nutzen wir für die Messung von Digitalisierung die OECD-Klassifikation und für Marktkonzentration den Herfindahl-Hirschman Index (HHI) sowie die Konzentrationsmaße Cr3 und Cr10 (weitere Informationen zur Methodik finden Sie in der Studie). Für den HHI gilt: Je höher der Wert ausfällt, desto größer ist auch der Anteil einzelner Unternehmen an der Gesamtproduktion einer Branche. Die Konzentrationsraten Cr3 bzw. Cr10 beschreiben den Marktanteil der drei oder zehn größten Unternehmen in einer Branche. Mit diesen Indikatoren lässt sich daher die marktbeherrschende Stellung einzelner Unternehmen identifizieren.
Vergleicht man diese Konzentrationsindikatoren mit dem Digitalisierungsgrad unterschiedlicher Branchen (siehe Abbildung), so bestätigt sich die These nicht, dass die Digitalisierung auch in Deutschland auf Branchenebene mit stärkerer Monopolisierung einhergeht. Im Durchschnitt weisen Branchen, die als mittel digitalisiert gelten, die höchsten Konzentrationswerte auf. Einschränkend muss hierzu gesagt werden, dass die Märkte der Digitalökonomie, in denen sich auf internationaler Ebene ein Trend zur Monopolisierung zeigt (Autor et al. 2001), durch die Beschränkung der Betrachtung auf die deutsche Wirtschaft und ihre Unternehmen außen vorgeblieben sind. Denn diese Märkte werden auch in Deutschland vor allem von US-amerikanischen Giganten wie Google, Facebook und Co. dominiert. Deutsche Unternehmen spielen hier, wenn überhaupt, eine marginale Rolle.
Betrachtet man die Entwicklung der Branchenkonzentration im Konjunkturverlauf, so zeigen sich aber auch Entwicklungen, die die Frage der Marktkonzentration für die deutsche Wirtschaft zunehmend von Relevanz erscheinen lassen. Hier stellen wir fest, dass in den Jahren 2001 bis 2007, also in der Zeit vor der Finanzkrise, die Monopolisierung in deutschen Branchen tatsächlich mit dem Grad der Digitalisierung gesunken ist (vgl. Abbildung). Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass wir uns hier in der Gründerphase der Digitalwirtschaft befinden. Die Daten sind mit der Hypothese konsistent, dass in den stark digitalisierten Branchen in diesem Zeitraum viele neue Unternehmen gegründet worden sein könnten und diese Start-ups zu einer Dekonzentration der Märkte beigetragen haben. Während der Finanzkrise selbst, also im Zeitraum 2008 bis 2010, erscheinen die Märkte „eingefroren“. In dieser Periode nimmt die Marktkonzentration weder zu noch ab, unabhängig davon ob eine Branche wenig, mittel oder hoch digitalisiert ist.
In der Periode nach der Krise, also ab 2011, zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Seitdem hat die Konzentration in allen Branchen der deutschen Wirtschaft klar zugenommen. Allerdings sind es interessanterweise die mittelniedrig und mittelhoch digitalisierten Branchen, die in dieser Phase die deutlichsten Tendenzen zu höherer Monopolisierung aufweisen. Der Trend sowohl bei den wenig, aber auch bei den hoch digitalisierten Branchen ist weniger stark ausgeprägt. Somit scheint die Marktkonzentration insbesondere in jenen Branchen stärker zu wachsen, die im Hinblick auf die Digitalintensität Aufholbedarf haben, um zu den hoch digitalisierten Branchen aufzuschließen.
Der empirische Befund, dass die Marktkonzentration in Deutschland seit der Finanzkrise zunimmt, deckt sich wiederum mit Entwicklungen, die für die USA dokumentiert wurden (De Loecker/Eeckhout 2017). Letztlich bleibt das Fazit aber ambivalent. Aus den Daten lässt sich für Deutschland kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Digitalisierungsgrad und höherer Monopolisierung ableiten. Daher haben wir uns – nachdem wir festgestellt haben, dass sich Deutschland digitalisiert - die Frage gestellt, ob mit der Digitalisierung die Rolle der Finanzmärkte in der deutschen Wirtschaft steigt, wie das mit Verteilungsfragen zusammenhängt und welche Politikvorschläge sich daraus ableiten.
Allen, Jonathan P. 2017: Technology and Inequality: Concentrated Wealth in a Digital World, San Francisco. Autor, David H.; Levy, Frank; Murnane, Richard 2001: The Skill Content of Recent Technological Change: An Empirical Exploration, Cambridge, dspace.mit.edu/bitstream/handle/1721.1/64306/skillcontentofre00auto.pdf;sequence=1 (10.9.2019). De Loecker, Jan; Eeckhout, Jan 2017: The Rise of Market Power and the Macroeconomic Implications, in: NBER Working Paper No. 23687, Cambridge.
Benjamin Ferschli, Miriam Rehm, Matthias Schnetzer, Stella Zilian