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Marktmacht, Finanzialisierung, Ungleichheit

Wie digital ist die deutsche Wirtschaft?

Der Einsatz digitaler Technologie prägt die deutsche Wirtschaft zunehmend. Zwar gibt es in der deutschen Wirtschaft bisher keine Digital-Giganten wie Google, Amazon, Facebook, Apple oder Microsoft, die ganze Märkte der Digitalökonomie global dominieren. Dennoch zeigt ein Blick auf zentrale Indikatoren, dass sich auch die deutsche Wirtschaft zunehmend digitalisiert. Insbesondere lässt sich feststellen, dass der Faktor digitales Kapital – d. h. sowohl digitale Hard- wie Software – gegenüber dem Faktor Arbeit an Bedeutung gewinnt.

Wie misst man Digitalisierung?

Grundsätzlich stellt die Messbarkeit von Digitalisierung nach wie vor eine Herausforderung für die angewandte Wirtschaftsforschung dar. Wir haben uns in unserer Studie an Methoden orientiert, die bereits von anderen Institutionen wie der OECD verwendet wurden. Unser Ziel war es, mit verfügbaren Daten und verständlichen Kennzahlen die Digitalisierungsentwicklungen in deutschen Wirtschaftsbranchen zwischen den Jahren 2000 und 2015 zu untersuchen. Zudem sollte ein messbarer Zusammenhang zwischen dem Digitalisierungsgrad und der Marktkonzentration auf Branchenebene erforscht werden. Die neue globale Taxonomie der OECD (Calvino et al. 2018) ist dafür ein guter Ausgangspunkt. Ihr Ziel ist es darzustellen, in welchem Ausmaß Branchen „digital“ sind. Die digitale Transformation wird dabei nicht nur so verstanden, dass digitale Produkte entwickelt werden, sondern auch inwiefern Produktionsprozesse immer stärker digitalisiert werden. Das umfasst beispielsweise den automatisierten Robotereinsatz in der Produktion, die Interaktion mit Kund_innen und Zulieferern sowie die zunehmende Zahl an Arbeitskräften mit einer Fachausbildung für digitalisierte Tätigkeiten.

Indikatoren für den Digitalisierungsgrad der deutschen Wirtschaft

Auf der Grundlage der OECD-Indikatoren sowie Daten der EU-KLEMS Datenbank (weitere Informationen zur Methodik finden Sie hier [link zur Studie]), messen wir die Entwicklung der (a) Technologieintensität, (b) Wissensintensität und (c) des Ausmaßes der digitalen Kapitalintensität.
 

  1. Technologieintensität: Dieser Indikator betrachtet Investitionen in Internet- und Kommunikationstechnik (IKT-Investitionen). Dazu gehören sowohl Computer- und Netzwerkhardware als auch Softwareprodukte und Datenbanken. Über den Anteil der IKT-Investitionen an den Bruttoanlageinvestitionen lässt sich abbilden, inwieweit Unternehmen auf Branchenebene dazu in der Lage sind, Informationen (z. B. Markt- oder Kundendaten) zu verarbeiten und zu nutzen. Wichtig ist hierbei die Unterscheidung nach Hardware- und Softwareinvestitionen, da im Zuge der Digitalisierung insbesondere immaterielles Kapital, also z. B. Software und Datenbanken, an Bedeutung gewinnt.
     
  2. Wissensintensität: Diesen Indikator messen wir anhand von Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E), die ein wichtiger Bestandteil des immateriellen Kapitalstocks sind. Die F&E-Investitionen enthalten dabei selbst erstellte sowie zugekaufte (auch importierte) Leistungen.
     
  3. Digitale Kapitalintensität: Dieser Indikator zeigt an, in welchem Ausmaß die unterschiedlichen Branchen auf den Faktor digitales Kapital im Vergleich zum Faktor Arbeit setzen. Damit ist dieser Indikator nicht nur ein Digitalisierungsparameter, sondern kann auch Hinweise darauf geben, wie sich die Einkommensverteilung zwischen Arbeit und Kapital entwickelt hat. Auch bei der digitalen Kapitalintensität unterscheiden wir zwischen materiellem (IKT-Hardware) und immateriellem digitalen Kapital (Software). Im Gegensatz zur Technologie- und Wissensintensität handelt es sich hierbei nicht um eine Stromgröße, sondern um den realen Kapitalbestand.

Steigende Investitionen in F&E, Software und Datenbanken

Aus der zeitlichen Entwicklung dieser Digitalisierungsindikatoren (vgl. Abbildung) wird ersichtlich, dass in Deutschland seit 2000 zwar die Investitionsanteile für IKT-Hardware gesunken sind – mögliche Gründe dafür sind sinkende Preise bzw. Kosten von Hardware, eine zunehmende Langlebigkeit der Ausstattung oder eine Sättigung bei der technischen Infrastruktur. Bei den Investitionsintensitäten für Software und Datenbanken sowie für Forschung und Entwicklung ist jedoch ein klarer Anstieg zu verzeichnen. Darüber hinaus zeigt sich im Zeitverlauf auch ein Anstieg der digitalen Kapitalintensität. Dies gilt insbesondere für Computer-Hardware, aber auch für den Kapitalbestand bei Software und Datenbanken. Dies deutet auch darauf hin, dass digitales Kapital gegenüber dem Faktor Arbeit in der deutschen Wirtschaft an Bedeutung gewinnt.

Betrachtet man unterschiedliche Digitalisierungsindikatoren, so zeigt unsere Untersuchung, dass sich die deutsche Wirtschaft immer stärker digitalisiert. Interessant ist nun die Frage, ob die zunehmende Digitalisierung auch zu einer zunehmenden Monopolisierung der deutschen Wirtschaft führt und somit einem Trend folgt, der sich derzeit insbesondere am Beispiel der US-amerikanischen Tech-Konzerne und ihrer Quasi-Monopolstellung auf digitalen Märkten zeigt. Um dieser Frage nachzugehen, haben wir zwei Aspekte untersucht: Erstens, ob Branchen, die stärker digitalisiert sind, auch eine höhere Marktkonzentration aufweisen; und zweitens, ob es im zeitlichen Verlauf einen allgemeinen Trend zur Marktkonzentration in der deutschen Wirtschaft gibt. Zudem haben wir uns die Frage gestellt, ob mit der Digitalisierung die Rolle der Finanzmärkte in der deutschen Wirtschaft steigt, wie das mit Verteilungsfragen zusammenhängt und welche Politikvorschläge sich daraus ableiten.

 

Literaturverzeichnis

Calvino, Flavio; Criscuolo, Chiara; Marcolin, Luca; Squicciarini, Mariagrazia 2018: A Taxonomy of Digital Intensive Sectors, OECD Science, Technology and Industry Working Papers 2018 (14), Paris, dx.doi.org/10.1787/f404736a-en (19.6.2019).

Autor_innen:

Benjamin Ferschli, Miriam Rehm, Matthias Schnetzer, Stella Zilian


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