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Bild: von BayernForum der FES
München, 13. November 2018. Können wir von dem demokratischen Aufbruch in der Ukraine lernen und als offene Gesellschaft den Wunsch nach großen Gefühlen hegen? So lautete die Leitfrage der Podiumsdiskussion im Rahmen der Ausstellung „Ukraine: Learning from a good neighbour 1918 – 2018“.
Das Gespräch in der Pasinger Fabrik hatte zum Ziel, die Herausforderungen und Möglichkeiten des nachbarschaftlichen Verhältnisses Deutschlands zur Ukraine zu beleuchten, gleichzeitig einen Blick in die Vergangenheit zu werfen sowie das Bild einer möglichen (gemeinsamen) Zukunft zu zeichnen.
Neben der Kiewer Künstlerin Maria Kulikovska, die an der Ausstellung mitwirkte, diskutierten auf dem Podium unter der Moderation von Peter Hilkes, Lehrbeauftragter an der LMU München und an der Ukrainischen Freien Universität, Oleksandra Bienert, Community- und Menschenrechtsaktivistin, Berlin, Dr. Franziska Davies, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Historisches Seminar der LMU München, Geschichte Ost- und Südosteuropa, Dmytro Shevchenko, Konsul der Ukraine in München und Karl-Heinz Brunner, MdB.
In einem Punkt waren sich alle Podiumsteilnehmer_innen schnell einig: Wir – das ist Deutschland, die EU und/oder der vergleichsweise häufig sehr privilegierte Westen – können etwas lernen von unserer Nachbarin, der Ukraine. Nicht minder einig waren sich die Diskutant_innen darüber, dass der Weg zu einem nachbarschaftlichen Verhältnis zwischen der Ukraine und Deutschland nur über einen gemeinsamen Dialog führe. Dieser Dialog sei vor allem deswegen so entscheidend, weil die ukrainische Gesellschaft traumatisiert sei, so Oleksandra Bienert. Das sei ohne Dialog für Außenstehende schwer nachvollziehbar. Die Kunst- und Kulturszene könne nicht nur eine Erzählfunktion, sondern auch eine Mittlerfunktion einnehmen und Menschen miteinander ins Gespräch kommen lassen. Denn Bienert ist überzeugt: „Im Wesentlichen existiert nicht der Osten, sondern Menschen mit ihren Geschichten, die keine Aufmerksamkeit bekommen. Wir brauchen Raum für den Dialog und die Stimme derer, die sonst nicht gehört werden.“
Maria Kulikovska blickte auf ihre langjährigen Erfahrungen in der Kunst- und Protestszene zurück und zeichnete ein überwiegend positives Bild einer motivierten, ukrainischen Gesellschaft. Im Laufe ihrer Projekte sei sie zwar auf viel Widerstand seitens der ukrainischen Regierung und ultrarechter Gruppierungen gestoßen. Aber sie habe auch Engagement und Tatendrang sowie Barmherzigkeit und Solidarität seitens unterschiedlichster Menschen in der Ukraine erfahren.Franziska Davies zeigte sich vor allem von den vielen jungen Menschen in der Ukraine fasziniert, die den Mut aufbringen, für eine demokratische Ukraine zu kämpfen. In diesem Sinne verwies sie auf die nur über einen kurzen Zeitraum bestehende (vielleicht einmalige) Chance der EU, demokratiefördernde Projekte in der Ukraine zu unterstützen: „Die Ukraine braucht die EU als Verbündete“, betonte Davies und berücksichtigte dabei, dass das Land massiv von Korruption und Oligarchie dominiert werde. Daher dürfe eine Unterstützung nicht blind und bedingungslos erfolgen.
Auch Karl-Heinz Brunner hob die junge Gesellschaft der Ukraine und ihren großen Wunsch nach Demokratie ins Zentrum seiner Beiträge. Dennoch dürfe man nicht außer Acht lassen, dass die Ukraine eine heterogene Gesellschaft habe: Neben einer jungen Generation existiere auch eine alte, die sich überwiegend nach der sowjetischen Zeit zurücksehne. Und auch die Menschen auf dem Land, die sich noch in einer Phase der Orientierung befinden, dürfe man nicht vergessen. Deswegen versicherte Brunner: „Wir als EU unterstützen die Ukraine (auch ohne Beitrittsperspektive) auf ihrem Weg in die Rechtstaatlichkeit, um den jungen Menschen eine Zukunft zu geben.“ Dabei betonte er, dass es kein Patentrezept für die richtige Form der Unterstützung gebe: Man könne ein System, das sich im Westen bewährt habe, nicht einfach der Ukraine überstülpen – das müsse sich aus der gesamten ukrainischen Gesellschaft entwickeln.
In dieser Hinsicht wies Dmytro Shevchenko zwar der ukrainischen Zivilgesellschaft eine Schlüsselrolle zu, betonte aber auch ihre Abhängigkeit von der ukrainischen Regierung. Denn das Volk müsse zwar den Mut haben, Initiative zu ergreifen. Mut müsse aber auch die Regierung haben, dem Volk Gehör zu schenken. Aber wo sollte man ansetzen? Wo ist eine Neugestaltung besonders vonnöten?
Als wegweisend konstatierte das Podiumnicht nur einen differenzierten Blick auf die Sachverhalte, sondern gegenseitige Akzeptanz und Respekt. Denn die Ukraine und ihre Geschichte seien vielschichtig. Eine Herausforderung, die laut Davies angegangen werde müsse, sei das Hinterfragen und Umdenken der Stereotype eines nationalistischen Ostens. Denn man müsse nur einen Blick nach Italien werfen, um ein Beispiel für nationalistische Tendenzen im Westen zu finden.
Peter Hilkes reflektierte die Ergebnisse des Gesprächs mit Empfehlung für die Zukunft: „Immer dann, wenn es schwierig ist, mit den Herrschenden zu kooperieren, kommt die Zivilgesellschaft ins Spiel.“ Im Grunde mache uns demnach die Gesellschaft in der Ukraine darauf aufmerksam, dass wir uns auf die Suche nach den Fakten fokussieren sollten und nicht etwa auf Personen.
Text: Olga Zoll
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Pasinger Fabrik
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