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„Zukunft braucht Visionen!“ Planspiel: EU-Gipfel zum Klima- und Umweltschutz

In Vielfalt geeint – Berührungspunkte mit der EU finden

Nahaufnahme von einem bunten Globus. Im Fokus steht das Wort "Europe".

Bild: von Tom Grimbert on Unsplash

Augsburg, 4. April 2019

von Isabel Müller, Klasse 10b

Am 4. April nahmen die Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe im Rahmen des Kulturtages an einem Planspiel zum Thema EU teil. Unter dem Titel „Zukunft braucht Visionen“ sollten wir uns in die Rolle des Europäischen Rates versetzen und eine Zukunftsvision für Europa ausarbeiten. Wie soll sich Europa bis zum Jahr 2030 weiter entwickeln? Ein solches Treffen der Vertreter_innen des Europäischen Rates hat in der Realität bereits 2017 stattgefunden, doch wie soll Europa aus unserer heutigen Sicht, also 2019 weiter machen? Schwerpunktthemen, zu denen eine gemeinsame europäische Richtung ausgearbeitet werden sollte, waren in unserer Simulation die Bereiche Umweltschutz, Flüchtlings- und Migrationspolitik und die Energiepolitik. Nach einer kurzen Einführung in den Ablauf des Planspiels durch externe Betreuer_innen von der Friedrich-Ebert-Stiftung begann unsere Simulation. Zunächst bekam jede der gebildeten Kleingruppen ein anderes Land zugewiesenen, das sie im Europäischen Rat vertreten sollte. Und wie in der Realität auch hat sich jeweils ein Gruppenmitglied als „Experte“ auf einen der vier genannten großen Themenbereiche spezialisiert.

Für einen Tag lang waren wir also auf einmal nicht mehr Schülerinnen und Schüler des RDG, sondern die führenden Köpfe der Europäischen Union. Um diese Rolle glaubhaft spielen zu können, mussten wir aber erst einmal recherchieren, welche Positionen das zu vertretende Land zu den Themen der Ratsversammlung einnimmt.

 Beim Blick über den eigenen Tellerrand wurde schnell klar: Durch die nationale Brille betrachtet, mag zwar manche Entscheidung der EU unverständlich wirken. Sobald man sich aber auch nur ein wenig mit unseren europäischen Nachbarn und ihren nationalen Interessen und Problemen beschäftigt, erscheinen viele essenzielle Themen auf einmal in einem ganz anderen Licht. Es ist traurig, aber wahr: Sogar über die Länder, in denen wir gerne Urlaub machen, scheinen wir bisher nur beschämend wenig gewusst zu haben. Umso überraschender war es daher, wie schnell sich der Großteil von uns in die Perspektive „seines“ Landes versetzen konnte. Auch wenn eine gute Stunde für die Vorbereitung sehr knapp bemessen war, entbrannten nach der bewegenden Einführungsrede des „rumänischen Staatspräsidenten“ sofort hitzige Debatten in den jeweiligen Expertengremien.

Interessanterweise unterschieden sich die Positionen, die wir instinktiv vertreten haben, gar nicht so stark von der politischen Realität. Während im Bereich des Umweltschutzes durchaus kleine Fortschritte wie ein Verbot von Plastik-Einwegbechern erreichbar schienen und auch im Bereich Artenschutz eine gewisse Kompromissbereitschaft erkennbar war, prallten spätestens bei den Themen Energie- und Migrationspolitik völlig unterschiedliche Welten aufeinander. Die Diskussionen in diesen Gremien gestalteten sich erheblich zäher mit nur kleinen Fortschritten dabei, die Interessen aller auf einen möglichst gemeinsamen Nenner zu bringen. Zur ultimativen Streitfrage entwickelte sich die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Sogar schon auf Expertenebene bildeten sich zwei völlig gegensätzliche Modelle heraus, wie mit dem Problem umgegangen werden sollte: Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU- Staaten oder alleinige Aufnahme durch die Erstzufluchtsstaaten mit finanziellem Ausgleich durch die anderen EU- Staaten? Wie in der Realität musste eine Lösung dieser Frage wohl oder übel vertagt werden.

Fazit für uns Schüler_innen war: Natürlich stellen wir es uns immer einfach vor, die Welt von einem auf den anderen Tag ändern zu können, hätten wir nur die Macht der Politiker_innen. Doch so funktioniert Politik nicht.

Die Arbeit im Europäischen Rat, der die Zukunft von 512 Millionen Menschen gestalten soll, bedeutet hauptsächlich, stundenlange Streitgespräche zu führen, Expertenrat einzuholen, immer wieder aufs Neue Vorschläge zu machen, nur um sie im nächsten Moment wieder zu verwerfen. Wenn ein solcher Vorschlag des Expertengremiums dann endlich ausgearbeitet auf dem Papier stand, war es damit aber noch nicht getan. Im Anschluss folgte die eigentliche Versammlung des Europäischen Rates mit den Staatsoberhäuptern der Länder. Nacheinander stellten die Expertengremien ihre ausgearbeiteten Vorschläge vor und alle Mitgliedsstaaten stimmten über die Vorschläge ab. Leider konnten aber nicht alle Vorschläge sofort zur Abstimmung gestellt werden, da sich herausstellte, dass sie einer erneuten Überarbeitung bedurften. Die Arbeit der Expertengremien hätte an dieser Stelle also eigentlich noch einmal von neuem begonnen. Letztendlich konnte daher von uns nur für zwei der über zehn Beschlussvorlagen eine Mehrheit gefunden werden.

Dem überlagert war ein permanenter Zeitdruck, dem wohl auch die richtigen Staatsoberhäupter bei ihren Treffen in Brüssel ausgesetzt sind. Wie in unserem Planspiel müssen sie sich oft in nur wenigen Stunden mit einer Vielfalt von Fragen auseinandersetzen, bei denen jede einzelne in ihrer Komplexität kaum greifbar ist, geschweige denn alle zusammen. Wenn man einmal selbst diese Rolle übernommen hat, und sei es auch nur spielerisch, dann wundert man sich in Zukunft vermutlich weniger, wenn bei einer Konferenz in Brüssel nur geringe Fortschritte erzielt wurden.

Geblieben ist jedenfalls der Eindruck, dass Europa-Politik alles andere als einfach und meist sogar mühsam und anstrengend ist. Und am Ende steht kein Sieg. Es gibt keinen Sieger und keinen Besiegten. Keiner kann sagen: „Mein Land zuerst!“            
Das Ergebnis ist vielmehr immer ein Kompromiss. Der allerdings ist nicht faul, sondern fair und friedlich. Und damit wird Europa für uns vor allem eins – ein Gewinn.


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