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Leistungsschwache Frühwarnsysteme verschärfen in Ländern des Globalen Südens die Klima-Ungerechtigkeit. Die Finanzierung von Schäden und Verlusten kann Abhilfe schaffen
Der dreißigjährige Saddam Hussaina war zu Hause im Bezirk Sohbatpur in der Provinz Belutschistan, als Pakistan im September dieses Jahres von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht wurde. Einige Tage später bekam er hohes Fieber. Zur Senkung des Fiebers und Linderung der körperlichen Schmerzen nahm er Schmerzmittel ein. Da es in seinem Wohnort keine Gesundheitseinrichtungen gab, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich selbst zu behandeln. Erst später wurde ihm klar, dass er zusammen mit den übrigen Mitgliedern seiner Familie durch das stehende Hochwasser mit Malaria infiziert worden war. „Meine sechsjährige Nichte starb in meinen Armen, da ein ungeschulter Arzt nicht in der Lage war, die richtige Diagnose für sie zu stellen und uns riet, sie zur besseren Versorgung in die Stadt zu bringen. Sie starb auf dem Weg dorthin“, so Saddam gegenüber Climate Tracker.
Nach Angaben der Vereinten Nationen ist die pakistanische Bevölkerung Opfer der „düsteren Bilanz der Klima-Ungerechtigkeit“. Obwohl das Land für weniger als ein Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, zahlt es einen „horrenden Preis für den vom Menschen verursachten Klimawandel“.
Die Schwächen der Frühwarnsysteme in Pakistan waren einer der Faktoren, die zu der mangelnden frühzeitigen Vorbereitung auf dieses „Klimamassaker“ beigetragen haben, das bis Anfang Oktober 2022 fast 1.700 Todesopfer forderte. „In den ärmsten und schwächsten Ländern gibt es mehr Tote durch Katastrophen. Das sind Todesfälle, die durch Frühwarnung und frühzeitiges Handeln verhindert werden können. Unserem Bericht zufolge ist die Sterblichkeitsrate bei Katastrophen in Ländern mit einem unzureichenden Frühwarnsystem etwa achtmal so hoch wie in Ländern mit einem ausgeprägten Frühwarnsystem", sagte Loretta Hiber-Girardet, Leiterin der Abteilung für Risikowissen, -überwachung und Kapazitätsaufbau im Büro der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge (UNDRR), in einer Erklärung gegenüber Climate Tracker.
Am 13. Oktober wurde der jüngste Bericht des UNDRR und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass die Hälfte der Länder der Welt nicht durch Frühwarnsysteme für Mehrfachrisiken geschützt ist. Der Klimawandel ist „ungerecht“, da etwa zehn Industrieländer 68 Prozent der Treibhausgase ausstoßen, allen voran China, die USA und die Europäische Union, gegenüber nur drei Prozent der Emissionen durch 100 weitere Länder. Die Schäden und Verluste betreffen jedoch alle, wobei die Länder des Globalen Südens aufgrund ihrer prekären finanziellen Lage, unzureichender technischer Möglichkeiten und fragiler Infrastrukturen am stärksten leiden. Zwischen 1970 und 2019 entfielen laut einem Bericht der WMO von den weltweit mehr als zwei Millionen Todesfällen aufgrund von klima-, wetter- bzw. wasserbedingten Gefahren mehr als 91 Prozent auf die Länder des Globalen Südens.
Zu Beginn der 27. Konferenz der Vertragsparteien (COP27) am 6. November haben sich 194 Staaten im ägyptischen Scharm El-Scheich zum ersten Mal seit 28 Jahren darauf geeinigt, die Finanzierung von Schäden und Verlusten auf die offizielle Tagesordnung des UN-Klimagipfels zu setzen. Möglich wurde dies, nachdem die Gruppe der 77 (G77) und China, vertreten durch Pakistan, in einem Schreiben an den Exekutivsekretär des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) vorgeschlagen hatte, Finanzierungsvereinbarungen für Schäden und Verluste als Unterpunkt auf die Tagesordnung unter „Finanzfragen“ zu setzen. Die Gruppe der 77 bekräftigte, dass die Aufnahme dieses Themas als Unterpunkt einen Entscheidungsspielraum für „Lösungen zum Schließen der seit langem bestehenden Lücken bei den derzeit geltenden Finanzierungsvereinbarungen für die Bewältigung von Schäden und Verlusten“ schaffen würde. Das ist deshalb von größter Bedeutung, weil die Länder des Globalen Südens solche Finanzierungsvereinbarungen fordern, während die Industrieländer, insbesondere die Vereinigten Staaten, sich strikt dagegen ausgesprochen haben.
„Der Generalsekretär der Vereinten Nationen sagte kürzlich, dass die fehlende Unterstützung für gefährdete Länder eine Frage der Klimagerechtigkeit, der internationalen Solidarität und des Vertrauens ist. Wir hoffen, dass die Umsetzung seiner Forderung nach einer weltweiten Abdeckung mit einem universellen Frühwarnsystem dazu beitragen wird, einen Teil dieser Ungerechtigkeit zu beseitigen“, so Hiber-Girardet weiter. Sie erklärte ferner, dass angesichts der zunehmenden extremen Wetterereignisse immer noch viel getan werden kann, um Katastrophen zu verhindern oder zumindest deren Auswirkungen zu verringern, damit sie nicht verheerend ausfallen. „Darauf baut unsere Kampagne auf, die wir im Vorfeld der COP27 starten und in der wir uns für eine Welt ohne Klimakatastrophen einsetzen. Der Schlüssel dazu ist die Verringerung der Vulnerabilität. Das bedeutet, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht werden müssen, um die Menschen aus der Armut zu befreien, und dass rechenschaftspflichtige Institutionen und durchsetzbare Gesetze geschaffen werden müssen, um die Vulnerabilität zu verringern und die Resilienz zu stärken“, so Hiber-Girardet. „Wir müssen das Katastrophenrisiko in alle Entscheidungsprozesse sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich einbeziehen. Langfristig ist das die beste Herangehensweise, um die durch Naturkatastrophen verursachten Verluste zu verringern, Leben zu retten und die Entwicklung zu schützen“, fügte sie hinzu.
Der ägyptische Umweltexperte Dr. Hisham Issa sagte, dass echte Klimagerechtigkeit vor allem durch die Bereitstellung und Unterstützung von Frühwarnsystemen in Ländern des Globalen Südens erreicht werden kann. So können Leben und Lebensgrundlagen geschützt werden, die Bevölkerung kann bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden und dessen schädliche Auswirkungen auf ihr Leben können verringert werden. Er fügte hinzu, dass die Industrieländer ihre Zusagen zur Klimafinanzierung an die Länder des Globalen Südens einhalten und sich verpflichten müssen, die auf dem Kopenhagener Gipfel 2009 versprochenen 100 Milliarden Dollar zu zahlen. Dem sind sie bisher nicht nachgekommen. „Wir können nicht davon sprechen, die Entwicklungsländer vor den Risiken der ungerechten Klimakrise zu schützen, ohne die dafür notwendige Finanzierung und Technologie bereitzustellen. Außerdem sollte die Finanzierung in Form von Zuschüssen und nicht in Form von Krediten erfolgen, denn die Entwicklungsländer sind ja bereits hoch verschuldet“, so Issa weiter.
Nach einem neuen ambitionierten Ziel der Vereinten Nationen sollen in den nächsten fünf Jahren alle Menschen auf der Erde durch Frühwarnsysteme vor den zunehmenden Wetterextremen und dem Klimawandel geschützt werden.
Hadeer ist eine freie Journalistin aus Ägypten. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf den Themen Nachhaltigkeit, Risiken, die mit dem Klimawandel einhergehen und Lösungen für eine bessere und nachhaltige Zukunft. Sie berichtet über den Klimawandel, die Landwirtschaft und intelligente Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel. Im Rahmen ihrer Arbeit hat sie bereits von internationalen Konferenzen in Ägypten, Ruanda, Tunesien und Berlin berichtet.
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