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Wohin mit den verbrauchten Brennstäben aus den Atomkraftwerken? Diese Frage wird ab 1977 wissenschaftlich untersucht, und zwar mittels Tiefbohrungen in einem Salzstock, der in der Nähe des niedersächsischen Dorfes Gorleben liegt, im Wendland.
Das stört natürlich die Anwohner_innen, die kein Atommülllager haben wollen, und sie sind damit nicht allein: 5000 Atomkraftgegner besetzen das Bohrloch „1004“, bauen ein Hüttendorf rundherum und rufen die „Freie Republik Wendland“ aus!
Unkonventionelle Aktion, allerdings mit geringer Halbwertszeit: Der niedersächsische Innenminister schreit „Hochverrat!“, Bundeskanzler Helmut Schmidt lässt den neugegründeten Staat im Juli 1980 räumen, 1983 wird das „Transportbehälterlager Gorleben“, das „Abfalllager Gorleben“ und, oha, die „Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben“ gebaut (in letzterer sollen Brennstäbe „endlagerfähig“ gemacht werden).
Das eigentliche Endlager im Salzstock, das die Gründer der Republik Freies Wendland verhindern wollten, das gibt’s bis heute nicht.
300.000 Leute demonstrieren erstmals im Bonner Hofgarten gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen… vergeblich. Weitere werden bis 1983 folgen. Dennoch stimmt im November 1983 eine Bundestagsmehrheit für die Stationierung der Pershing-II-Raketen, wie es der Nato-Doppelbeschluß von 1979 vorgesehen hat.
"Doppelbeschluß“ deswegen, weil darin sowohl die Aufrüstung mit neuen Atomraketen beschlossen worden war als auch die Aufnahme von Abrüstungsverhandlungen mit der UdSSR. Abrüstung durch Aufrüstung sozusagen. Das klingt seltsam?
Ja, aber es folgt der Logik des „Kalten Krieges“. Der blieb im Wesentlichen deshalb kalt, weil die beiden Supermächte derart große Arsenale an Atomwaffen gehortet hatten, dass sie sich gegenseitig mehrfach hätten vernichten können. „Zweitschlagsfähigkeit“ nannte man das, oder auch „Gleichgewicht des Schreckens“. Selbst wenn die kompletten USA zerstört worden wären, hätten immer noch amerikanische Atom-U-Boote oder Interkontinentalraketen die UdSSR zerstören können; und umgekehrt natürlich.
1968 wurde der Atomwaffensperrvertrag geschlossen, die in Aussicht genommenen Abrüstungsverhandlungen bezogen sich aber nur auf die Langstreckenwaffen, nicht auf Atomraketen kurzer und mittlerer Reichweite. Also rüstete die UdSSR ihre auf Westeuropa gerichteten Raketen mit neuen Typen namens SS-20 auf, die NATO ihre auf Osteuropa gerichteten Pershing-I mit Pershing-II...
Vielleicht säßen wir heute noch auf Pershing-XXL-Raketen und die Sowjets auf SS-2200, wenn nicht Michael Gorbatschow (Sowjetunion) und Ronald Reagan (USA) 1987 den IFN-Vertrag über die Verschrottung aller Kurz- und Mittelstreckenraketen abgeschlossen hätten.
Video: Bundessekretariat der Jungsozialisten in der SPD / (AdsD / FES), gekürzt und bearbeitet von der FES OnlineAkademie
… und revolutioniert das Bild des opahaften bzw. distinguierten Krimi-Ermittlers, wie es bis dahin von Kommissar Keller (Erik Ode, „Der Kommissar“), „Derrick“ (Horst Tappert) und Tatort-Kommissar Haferkamp (Hansjörg Felmy) geprägt worden ist. Horst Schimanski (Götz George, 1938-2016) ist ganz, ganz anders: ein Junge aus'm Pott, eher Typ Bulle, mit zerknitterter Regenjacke und veritablem Schnauzbart, und er scheißt auf Konventionen. (Aufgeregte Kritiker zählen tatsächlich, wie oft Schimanski in einer Folge „Scheiße!“ sagt).
Die Duisburg-Tatorte mit Schimanski werden zum Renner, zwei Kinofilme werden gedreht, die Serie wird bis 1991 laufen und 1997 unter dem Titel „Schimanski“ fortgesetzt – leider ohne den Kollegen Thanner, gespielt von Eberhard Feik, der 1994 stirbt.
Bundeskanzler Helmut Schmidt gerät von zwei Seiten unter Druck: Zum einen kehrt sich die eigene Partei immer mehr gegen den NATO-Doppelbeschluss, und damit gegen ihn; zum anderen müpft der Koalitionspartner auf.
Das „Lambsdorff-Papier“ mit dem Versuch, einen neoliberalen Kurs à la Margaret Thatcher und Ronald Reagan einzuschlagen, gerät Mitte September zum Scheidungsbrief für die sozialliberale Koalition. Die FDP-Minister treten zurück.
Der Christdemokrat Helmut Kohl wird unter Anwendung des "konstruktiven Misstrauensvotums" von den Abgeordneten des Bundestags am 1. Oktober 1982 zum neuen Kanzler gewählt und bleibt dies bis 1998.
Das „Sozialdemokratische Jahrzehnt“ ist zu Ende.
Auszug der Regierungserklärung von Kanzler Helmut Schmidt, 17.09.1982 (Audio / Bild: AdsD / J.H.Darchinger / FES).
Ausgerechnet der bayrische Ministerpräsident Strauß, der sich bisher nicht gerade als Entspannungspolitiker hervorgetan hat, reist heimlich nach Ost-Berlin, um mit Alexander Schalck-Golodkowski, Leiter des geheimen Bereichs „Kommerzielle Koordinierung“ im Außenhandelsministerium der DDR, einen Milliardenkredit auszuhandeln.
Dieser bewahrt vorläufig die DDR vor dem Staatsbankrott, im Gegenzug werden Reiseerleichterungen für DDR-Rentner_innen, der Abbau der Selbstschussanlagen an der Grenze und die Senkung der Zwangsumtauschsätze für West-Touristen versprochen.
Als der Deal ruchbar wird, gründen empörte CSU-Mitglieder angesichts der kommunistenfreundlichen Nebenaußenpolitik ihres Parteichefs die neue Rechts-Partei „Die Republikaner“.
...schafft es 1983 auf das Titelbild des „Spiegel“. Zu diesem Zeitpunkt weiß man weder etwas über den Erreger noch über die Infektionswege, geschweige denn etwas über mögliche Therapien, nur eines weiß man: Dass Schwule in Los Angeles und New York gerade massenweise krepieren.
Weshalb sich die „Homosexuellen-Seuche“ (23/1983, S. 144) wunderbar sowohl zur Diskriminierung von Schwulen eignet - weil „der Herr für die Homosexuellen immer eine Peitsche bereit hat“ (ebd., S. 147) - als auch zur Panikmache: „In den nächsten zwei Jahren wird die Zahl der „Aids“-Kranken dramatisch zunehmen. Sind dann auch Heterosexuelle, Frauen und Kinder gefährdet?“ (ebd., S. 144)
Die reißerische Rechnung des „Spiegel“ geht auf: Den in den '80er Jahren Pubertierenden wird die Lust auf den ersten Sex gründlich verdorben.
Der„Brotkasten“ kommt auf den Markt - der erste Computer, der sich in Deutschland massenhaft verkauft: Mit seinem 8-Bit-Mikroprozessor und einem Arbeitsspeicher von 32 KB kann man Texte schreiben und Tabellen erstellen, aber natürlich wird er von seinen typischen Anwendern (=Jungs im Alter von 10 bis 16) hauptsächlich als Spielemaschine benutzt.
Man kann mit ihm auch schon online gehen, nur heißt das 1983 in Deutschland noch nicht Internet, sondern „BTX“, und die angebotenen Seiten sind noch sehr wenige und sehr langweilig.
Pünktlich zum Jahresbeginn 1984 starten „SAT 1“ und „RTL Plus“, die ersten beiden kommerziellen Fernsehsender, und machen seitdem den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten das Leben schwer.
Die von Bundeskanzler Kohl wie so vieles unter dem Stichwort der „geistig-moralischen Wende“ initiierte Öffnung des Fernsehmarktes bringt nicht nur so edle Früchtchen wie „Tutti Frutti“ hervor (hübsche junge Italienerinnen tragen Erdbeeraufkleber auf dem Busen und nehmen diese irgendwann weg, während der Moderator Hugo Egon Balder beim Nachdenken gezeigt wird...), sondern auch eine permanente Selbsttäuschung des bundesdeutschen Durchschnittskonsumenten; bis heute ärgern sich die Leute über Rundfunkgebühren: „Da muss ich für was zahlen, was ich gar nicht gucke!“, ohne zu bedenken, dass sie beim Kauf beliebiger Konsumgüter einen Werbeaufschlag zahlen, durch den sie die Kommerzsender mitfinanzieren: „Da zahl ich, ohne dass ich es merke, für was, was ich nicht mal gucken will!“
Zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation sinniert Bundespräsident Richard v. Weizsäcker (CDU) im Plenarsaal des Bundestages darüber, dass Deutschland den 2. Weltkrieg nicht verloren habe, sondern vielmehr von der Gewaltherrschaft der Nazis befreit worden sei. Der 8. Mai '45 sei kein Tag der Niederlage, sondern ein Tag der Befreiung.
Das deutsche Staatsoberhaupt bezeichnet die Nazizeit expressis verbis als etwas Schlechtes und ruft dazu auf, sich kritisch mit ihr auseinanderzusetzen. Seltsam, dass das erst 1985 geschieht. Die Rede wird weltweit mit Freude zur Kenntnis genommen und sogleich als „historisch“ bezeichnet.
Drei Tage zuvor besucht der nicht ganz so sensible Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) mit US-Präsident Ronald Reagan einen Soldatenfriedhof in Bitburg, auf dem auch SS-Angehörige liegen. Das wird nicht so gut aufgenommen wie Weizsäckers Rede.
Auszug aus der Rede des Bundespräsidenten Richard v. Weizsäcker am 8.5.1985. (Audio: archive.org, Bild: Bundesarchiv Bild 146-1991-039-11, CC-BY-SA 3.0)
… und einer breiten Öffentlichkeit dadurch bekannt, dass er bei seiner Vereidigung am 12. Dezember 1985 - es ist die erste rot-grüne Regierung auf Landesebene - Turnschuhe trägt.
Zuvor schon erregt er im Bundestag Aufsehen, als er als Abgeordneter der Grünen dem Bundestagsvizepräsidenten zuruft: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“.
Joschka Fischer, der Schimanski unter den Politikern: Früher Steinewerfer in der linksradikalen Frankfurter Szene, heute Landesminister. Und morgen?
Hamburg, St. Pauli, Hafenstraße: Die Wohnungsgesellschaft SAGA will acht Gründerzeithäuser abreißen, um Bürohochhäuser zu bauen. Die Anwohner wollen das nicht und besetzen während einer Silvesterfete 1981 leerstehende Wohnungen, die kurz danach von der Polizei geräumt werden, nur um sofort wieder besetzt zu werden. Das geht hin und her und eskaliert: Im Laufe der Jahre werden die Polizeieinsätze immer größer, genauso wie die Solidaritätsdemos zugunsten der Hafenstraßen-Besetzer_innen, und es eskaliert auch die Gewalt auf beiden Seiten.
Der Kampf um die Hafenstraße wird zu einer Art Bürgerkrieg – hier die Besetzerszene, Punks, Alternative und Autonome, dort die Staatsmacht. Ende '87 bereiten sich die Bewohner_innen der Hafenstraße auf einen Barrikadenkampf gegen tausende Polizisten vor, doch es kommt nicht zum Äußersten: Hamburgs Bürgermeister Klaus v. Dohnanyi (SPD) verspricht, auf die Räumung zu verzichten, wenn die Barrikaden abgebaut werden. Man einigt sich. 1995 werden die Häuser an eine von den ehemaligen Besetzern gegründete Genossenschaft verkauft.
... als die Stahlarbeiter von Krupp in Duisburg-Rheinhausen erfahren, dass ihr Hüttenwerk geschlossen werden soll. Am 10. Dezember besetzen sie die Rheinbrücke, im weiteren Verlauf kommt es zu Mahnwachen, der Blockierung der A40 und der Besetzung der Kruppschen „Villa Hügel“ in Essen. Die Solidarität im Ruhrgebiet ist groß, die Proteste währen bis Herbst 1988.
Immerhin erreichen sie durch die Vermittlung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD), dass die endgültige Schließung des Stahlwerks nicht Ende '88 stattfindet, sondern erst im Sommer 1993. Damit geht eine 100-jährige Industriegeschichte in Rheinhausen zu Ende.
Seit August 1989 versuchen viele Menschen aus der DDR, auf die Gelände der bundesrepublikanischen Botschaften in Budapest, Warschau und Prag zu kommen. Das geht leicht, sie klettern einfach über die Zäune, und damit befinden sie sich de jure auf dem Gebiet der Bundesrepublik.
Nun machen das immer mehr Menschen, die ungarischen, polnischen und tschechischen Sicherheitskräfte tun nicht viel dagegen, die Botschaften platzen aus allen Nähten, Außenminister Genscher (FDP) reist nach New York , um sich mit seinem amerikanischen, sowjetischen und den anderen Kollegen über eine Lösung dieses Problems zu einigen.
Am Abend des 30. September, es ist schon dunkel, geht er auf den Balkon und teilt den tausenden im Hof versammelten Prager Botschaftsflüchtlingen mit: „Wir sind zu Ihnen gekommen... um Ihnen mitzuteilen,... dass heute... Ihre Ausreise...“ (unverständlich, geht im Jubelgeschrei unter).
Das gilt auch für die in Warschau Ausharrenden.
Folge: Die Ausreise in die Bundesrepublik von Prag per Zug führt über DDR-Territorium, was dort heftige Unruhen an den Bahnhöfen und sogar Aufspringversuche hervorruft.
Seit Michael Gorbatschows Reformpolitik machen sich engagierte Leute in einigen Ländern des Warschauer Pakts Hoffnung, dass eine politische Betätigung auch außerhalb der kommunistischen Einheitsparteien möglich sein könnte. So auch die beiden Pastoren Markus Meckel und Martin Gutzeit. Zusammen mit 41 Gleichgesinnten gründen sie in Schwante bei Berlin die Sozialdemokratische Partei (SDP) in der DDR. Ein mutiger Schritt, waren doch seit der Zwangsvereinigung von SPD und KPD 1946 systematisch alle Spuren der Sozialdemokratie in der DDR getilgt worden.
Die SDP, die sich ein paar Monate später in SPD umbenennt, hält die DDR für reformbedürftig, aber auch für reformfähig. Von einer Einheit der beiden deutschen Staaten ist anfangs nicht die Rede.
SDP-Gründungsurkunde (AdsD / FES)
DDR-Politbüromitglied Günter Schabowski verliest auf einer live übertragenen Pressekonferenz eine Ministerratsvorlage zu einem neuen Reisegesetz, das es jedem DDR-Bürger ermöglichen soll, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen. (Dummerweise war er weder bei der entsprechenden Sitzung dabei, noch hatte man ihm mitgeteilt, dass die Nachricht erst um vier Uhr morgens über die Nachrichtenagentur gehen sollte.)
Auf die Nachfrage von Journalisten, ab wann das denn in Kraft trete, kommt er ins Schleudern, sucht in den Papieren herum und sagt schließlich: „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“
Die Folge ist ein Ansturm auf die Grenzübergänge in Berlin und an der innerdeutschen Grenze, auf welchen die Grenztruppen der DDR nicht vorbereitet sind. Die Passkontrollen sind vom Personal nicht mehr zu stemmen, der Grenzübergang Bornholmer Straße zwischen dem Stadtteil Prenzlauer Berg (Ost) und Wedding (West) wird als erster ganz geöffnet, wenig später klettern Leute von beiden Seiten auf die Mauer am Brandenburger Tor. Party!
Ost-Berliner_innen setzen sich in ihre Trabis, fahren nach Westen und stehen erstmal im Stau, sind aber trotzdem sehr glücklich.
Eine fällige Programm-Modernisierung seit "Godesberg" (1959), postmaterialistisch und ökologisch. Es kommt aber zum völlig falschen Zeitpunkt, da alle vom Mauerfall beschwipst sind. Anfang März 1989 wurde der Programmentwurf der Öffentlichkeit präsentiert. Das anfängliche Interesse am neuen Grundsatzprogramm wurde jedoch schon bald durch die dramatische Entwicklung in der DDR und die sich verändernde deutschlandpolitische Konstellation überlagert.
Das Programm, das an die drei Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gebunden ist, versucht Brücken über die mittlerweile diversen der Sozialdemokratie nahestehenden Milieus zu schlagen. Die Resonanz auf das neue Grundsatzprogramm war - selbst innerhalb der Sozialdemokratie - eher gering.