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Die Europäische Union zeigt sich in den Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich weiterhin hart. Doch es geht um mehr als Zollunion und Binnenmarktzugang.
Bild: Reden wir nicht drüber von cydonna / photocase.de lizenziert unter Basislizenz 5.0 Lizenz-ID 5704766
46 Jahre. Das sind rund 16.800 gemeinsame Tage und Nächte. Mehr als dreimal so lang wie die Halbwertzeit der deutschen Durchschnittsehe. Wenn das Vereinigte Königreich am 29. März 2019 die Europäische Union verlässt, geht eine Ära zu Ende. Gekommen als Besatzer, zuletzt geschätzt als Freund und Partner in Europa und der Welt: vor allem die deutsch-britische Beziehungshistorie lässt sich bis zum folgenschweren 23. Juni 2016 als Erfolgsgeschichte begreifen. Doch am besagten Donnerstag vor knapp zwei Jahren beschieden die Britinnen und Briten „Es reicht!“ und ließen die Europäische Union in der Rolle des ahnungslosen Ex-Partners zunächst reichlich bedröppelt zurück nach dem Motto: – „Eigentlich lief es doch gut, oder Schatz?“
Nach einer Zeit des Wundenleckens tritt die Union dieser Tage jedoch mit neuem Selbstbewusstsein auf – und teilt dabei auch gerne einmal gehörig aus. So wird den Britinnen und Briten neben der überspitzt als „Rosinenpickerei“ bezeichnete Anspruchshaltung mit Blick auf die Zeit nach der Trennung mit reichlich Arroganz (und wohlmöglich auch einer ordentlichen Portion verletzten Stolzes) vorgeworfen, sie seien schon immer eigen gewesen. Im Rahmen der Veranstaltung „Brexit in Sicht? Halbzeit im Austrittsverfahren des Vereinigten Königreiches“, die am 08. März auf Initiative des FES Landesbüros Niedersachsen im niedersächsischen Landtag in Hannover stattfand, widersprach Karl Koch, Professor an der South Bank University in London, dieser Einschätzung jedoch entschieden. Zwar pflege Großbritannien, wie auch jedes andere Mitgliedsland der EU eine eigene Kultur, für die Austrittsentscheidungen seien jedoch andere Ursachen verantwortlich zu machen, so Koch. Während er diese vor allem in einer fehlenden Identifikation der Bürger_innen mit der EU und einer sich bahnbrechenden Freiheitsliebe identifizierte, machte Nicole Katsioulis, Leiterin des FES Büros in London, vor allem innenpolitische Probleme, wie die unzureichende Gesundheitsversorgung und eine seit langem angespannte Wohnungsmarktsituation für den Brexit verantwortlich.
Bei aller Härte der Verhandlungen häufig vergessen: Hätte man die Brit_innen statt eines einfachen „Yes or No“ zugerufen: „Say it in a Song!“, wäre deren Wahl statt auf JoJos Leave (Get Out) wohl eher auf Fettes Brot gefallen „Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein?“ Denn anders als als ein eindeutig uneindeutiges „Jaein“ lässt sich das Wahlergebnis von rund 52 Prozent Leave- gegenüber 48 Prozent Remain-Stimmen kaum interpretieren. Doch trotz warnender Worte aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft sieht sich die britische Regierung gezwungen, die Entscheidung für den Brexit als basisdemokratischen Handlungsauftrag zu akzeptieren und den Austrittskurs aller Zweifel zum Trotz beizubehalten.
In der Manier eines Eheberaters kann man beiden Parteien nur nahelegen, Groll und Unverständnis über die Entscheidung des Anderen nicht die Sicht für das Gemeinsame trüben zu lassen und im Ringen um positionelle Vorteile nicht all jene zu zerreiben, denen aus ganz unterschiedlichen Motiven an einer Aufrechterhaltung der Freundschaft auch in Post-Brexit Zeiten gelegen ist.
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