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Von Petra Keller und Sarah Gräf
Die Zusammenarbeit von Organisationen in sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Besonders in Non-Profit-Organisationen (NPOs) spielt der Aufbau von Netzwerken, Allianzen und Bündnissen mittlerweile eine zentrale Rolle. Es geht nicht nur darum, neue Verbindungen zu knüpfen. Tragfähige netzwerkartige Strukturen ermöglichen es NPOs, Ressourcen zu bündeln, Wissen auszutauschen, die Reichweite zu vergrößern und gemeinsam Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln. Die Zusammenarbeit demokratischer Organisationen ist gerade in Gegenden mit wachsendem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus von großer Bedeutung. Netzwerke, Allianzen und Bündnisse stehen aber auch für neue Formen der Zusammenarbeit, für Gleichberechtigung, Kreativität, Effizienz und soziale Unterstützung.
In diesem Thema im Fokus beschäftigen wir uns mit Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in Netzwerken, Bündnissen und Allianzen. Wie kann eine Zusammenarbeit strategisch geplant werden, so dass sie auch aufkommenden Schwierigkeiten standhält? Welche Rolle spielt diese Vernetzung im Kontext sozialer Gerechtigkeit?
Die Begriffe „Netzwerke“, „Allianzen“ und „Bündnisse“ beschreiben verschiedene Formen der Zusammenarbeit, die sich in Struktur, Zielorientierung und zeitlicher Ausrichtung unterscheiden. Trennscharfe Definitionen gibt es zwar nicht, trotzdem hilft eine grobe Einteilung dabei, im Vorfeld konkret über Erwartungen und Ziele zu sprechen. Bei der Einteilung helfen folgende Fragen:
Ein Netzwerk ist eine meist langfristige, offene Struktur, die auf Austausch und gegenseitige Vernetzung ohne festgelegtes Ziel ausgerichtet ist. Im Gegensatz zu Allianzen, die zeitlich begrenzt und zielorientiert sind, besteht ein Netzwerk unabhängig von konkreten Aufgaben. Netzwerke haben oft keinen expliziten öffentlichen Zweck und dienen primär dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen zwischen den Beteiligten. Sie bieten damit eine lose, selbsttragende Plattform für eine Zusammenarbeit, die nicht zwangsläufig nach außen wirkt.
Eine Allianz ist ein Zusammenschluss von unabhängigen Akteur*innen, die häufig öffentlich kooperieren, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dabei bleiben die Mitglieder als eigenständige Einheiten erkennbar und bestehen fort. Allianzen sind zeitlich begrenzt, da sie meist nach Erreichen des Ziels enden – außer es wird ein neues Ziel vereinbart. Ihre Zusammenarbeit ist strategisch geprägt und durch Freiwilligkeit und klare Zielorientierung gekennzeichnet.
Bündnisse sind oft formalisierter als Netzwerke und beruhen auf klaren Absprachen sowie gemeinschaftlichen Aktivitäten oder einer gemeinsamen Verantwortungsübernahme. Sie sind oft nicht zeitlich begrenzt und verfolgen auch nicht zwangsläufig ein politisches Ziel. Stattdessen bilden Bündnisse häufig eine Wertegemeinschaft, die durch gemeinsame Überzeugungen gestärkt wird und den Zusammenhalt der Mitglieder fördert.
In einer Zeit, in der gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimakrise, soziale Ungleichheit und autoritäre Tendenzen zunehmen, wird die Zusammenarbeit zivilgesellschaftlicher Akteur*innen untereinander immer wichtiger. So können Kräfte gebündelt und Shrinking Spaces – also schrumpfenden Freiräumen für zivilgesellschaftliches Engagement – entgegengewirkt werden.
Gerade auch Allianzen zwischen Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft sind jetzt notwendig – insbesondere angesichts von Klimakrise und sozialer Ungerechtigkeit. Eine Vielfalt an Perspektiven ermöglicht dabei neue Lösungsansätze und verhindert einseitige Strategien.
Eine Vernetzung und Zusammenarbeit bietet zudem ein Gegenmodell zu Konkurrenzsituationen, etwa im Bereich von Fördergeldern oder öffentlicher Sichtbarkeit. Statt gegeneinander zu arbeiten, schafft sie Partizipationsmöglichkeiten, fördert Powersharing und ermöglicht den Zugang zu Ressourcen, die oft aus gesellschaftlichen Privilegien resultieren. Indem Zugänge geteilt werden, können fehlende Perspektiven ergänzt und Expert*innenwissen eingebunden werden.
Die Arbeit in Netzwerken, Allianzen oder Bündnissen bietet die Chance, alternative Arbeitskulturen zu etablieren, die auf Solidarität, gegenseitiger Unterstützung und dem gemeinsamen Entwickeln eigener Regeln und Haltungen basieren. Sie schafft einen emanzipatorischen Effekt: Im Zusammenschluss wird die Stärke vieler erlebbar, dem Gefühl von Isolation wird entgegengewirkt.
Paulina Fröhlich ist stellvertretende Geschäftsführerin und verantwortet den Schwerpunkt „Resiliente Demokratie“ des Berliner Think Tanks Das Progressive Zentrum. Mit ihr sprechen wir über Allianzen, Netzwerke und Bündnisse und welche Fehler im Vorfeld vermieden werden können.
Fridays for Future und die Gewerkschaft ver.di haben im Rahmen eines Klimastreiks auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam gemacht. Im Mittelpunkt steht die Forderung nach sozialverträglichen Maßnahmen zur Begrenzung der Klimakrise, die auch die Rechte von Arbeitnehmer*innen berücksichtigen. ver.di bringt hierbei ihre Perspektive auf nachhaltige Arbeitsbedingungen und einen gerechten Strukturwandel ein, Fridays for Future setzt den Fokus auf eine klima- und sozial gerechte Verkehrswende und die Mobilisierung von jungen Menschen.
"Unteilbar" ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, das sich für eine offene und solidarische Gesellschaft einsetzt. Es wurde durch Großdemonstrationen bekannt, bei denen Hunderttausende Menschen gegen Ausgrenzung, Rassismus und den Abbau von Freiheits- und sozialen Rechten auf die Straße gingen. "Unteilbar" zielt darauf ab, verschiedene gesellschaftliche Kämpfe zu vereinen und einen gemeinsamen Fokus auf die Stärkung demokratischer Werte und sozialer Gerechtigkeit zu legen.
Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften, kirchlichen Gruppen und weiteren Akteuren, die sich für verbindliche Regelungen zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang globaler Lieferketten einsetzen. Die Arbeit trug maßgeblich zur Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes in Deutschland bei, das 2023 in Kraft trat.
Das breite Bündnis aus Beratungsstellen, feministischer und allgemeinpolitischer Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien sowie Einzelpersonen setzt sich für das Recht auf eine selbstbestimmte Sexualität, aufgeklärte Familienpolitik und reproduktive Rechte ein. Ziel ist, dass alle Menschen ohne Bevormundung und Diskriminierung über ihr Liebesleben und die Familienplanung selbst entscheiden können. Neben Protestaktionen bieten die Bündnispartner*innen Beratung zu sexueller Selbstbestimmung, reproduktiven Rechten und gesundheitlicher Aufklärung an.
Die Fähigkeit in Netzwerken, Bündnissen und Allianzen gut zusammenzuarbeiten ist angesichts der zahlreichen gesellschaftlichen Krisen und Shrinking Spaces wichtiger denn je. Zudem stehen diese Formen der Zusammenarbeit für Werte, die vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen wichtig sind: Gleichberechtigung, Gemeinschaftlichkeit und Unterstützung.
Wie können die Arbeitsbeziehungen so gestaltet werden, dass auch Motivationstiefs oder Rückschläge gemeinsam bewältigt werden können? Wie können wir im Vorfeld für tragfähige, robuste Strukturen sorgen?
FES-Kurzstudie: Allianzen des Fortschritts – Paulina Fröhlich, Paul Jürgensen
Bildungsmaterialien: Netzwerken – Rosa-Luxemburg-Stiftung
Theoretische Grundlagen für eine erfolgreiche Netzwerkarbeit – Mareike Büttner & Jana Voigt
Strategische Planung erfolgreicher Netzwerkarbeit. Ein Leitfaden für Migrantenorganisationen – Der Paritätische Gesamtverband
Warum Klimaschützer und Gewerkschaft zusammen streiken – David Zajonz, WDR
Jagoda Marinić über sanfte Radikalität „Die Säle der Gleichgesinnten zu verlassen, das ist wichtig“ –TAZ-Interview von Peter Unfried
Die Kurzstudie der FES und des Progressiven Zentrums analysiert mittels Interviews, welche Faktoren in Bündnissen wichtig sind.
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Die Studie untersucht Teilnehmende, Motive und Effekte der Proteste gegen Rechtsextremismus im Juni 2024.
Das Projekt VORAN der Friedrich-Ebert-Stiftung blickt auf gute Beispiele zukunftsfähiger Politik in Ländern und Kommunen